Aktuelle Meldungen  -  Nachricht suchen  -   kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

@grar.de Aktuell - 17.10.2002

DBV: Koalitionsvereinbarung ist kein Aufbruchsignal

Pauschalregelungen bei Mehrwert- und Einkommensteuer nicht zu Fall bringen!


Berlin (agrar.de) - Die rot-grüne Regierungskoalition hat nach Auffassung des
Deutschen Bauernverbandes (DBV) mit ihrer Koalitionsvereinbarung
und den personellen Entscheidungen deutlich gemacht, dass sie angesichts einer
katastrophalen konjunktur- und haushaltspolitischen Situation Kompromisse suchen
muss. Ob die angekündigten zaghaften Korrekturen in der Sozialpolitik und in der
Arbeitsmarktpolitik ausreichen werden, die für Wirtschaft und Gesellschaft in
Deutschland dringend erforderlichen Grundsatzentscheidungen voranzubringen, muss
jedoch bezweifelt werden. Die anhaltende konjunkturelle Schwächephase soll eher
mit vorsichtigen steuer- und haushaltspolitischen Entscheidungen überwunden
werden. Es wird sich zeigen, ob angesichts immer schneller wachsender
Staatsverschuldung diese Rechnung aufgeht und die Koalitionsvereinbarung zum
Beispiel schon bei den anstehenden Beratungen des Haushaltes 2003 eingehalten
werden kann.

Die Land- und Forstwirtschaft ist gut beraten, die Einzelvorschläge der
Koalitionsvereinbarung sehr sorgfältig zu prüfen. Auf heftige Ablehnung muss vor
allem der Versuch stoßen, die bestehenden Pauschalverfahren des § 24
Umsatzsteuergesetz und § 13a Einkommensteuergesetz aufzugeben. Damit würde
hunderttausenden von Betrieben ein kostenträchtiges und bürokratisches
Steuerverfahren auferlegt, ohne dass wesentliche Mehreinnahmen für den Staat zu
erwarten sind. Betroffen wären vor allem kleinere und extensiv wirtschaftende
Betriebe, denen die Regierungsparteien vor der Wahl die Beibehaltung der
Pauschalierung versprochen hatten. 'Der Deutsche Bauernverband wird sich deshalb
nachdrücklich im Bundestag und besonders im Bundesrat für eine Beibehaltung dieser
Regelung einsetzen', so DBV-Präsident Gerd Sonnleitner in einer ersten
Stellungnahme.

Aber auch die Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen bei Gebäuden ist für
die Land- und Forstwirtschaft kein Signal für mehr Investitionen. Verbesserte
Reinvestitionsmöglichkeiten für Land- und Forstwirte fehlen vollständig, obwohl
die Gleichstellung mit der gewerblichen Wirtschaft seit der
Unternehmensteuerreform überfällig ist.

Die Festlegungen der Regierungskoalition im Bereich Tier-, Natur- und Umweltschutz
enthalten kaum konkrete Festlegungen. Erfreulicherweise wird an verschiedenen
Stellen auf die Notwendigkeit von EU-Harmonisierung abgestellt. Mit Sorge verfolgt
der DBV aber den erneuten Versuch, über die gute fachliche Praxis in der
Landwirtschaft, aber auch in der Forstwirtschaft, Nachhaltigkeit stärker
ökologisch und weniger ökonomisch zu definieren.

Die verschiedenen Vorschläge zum gesundheitlichen Verbraucherschutz sind
nachvollziehbar, aber allesamt sehr vage formuliert. Deshalb wird es vor allem
darauf ankommen, wie im Detail beispielsweise ein Verbraucherinformationsgesetz
ausformuliert wird.

Mehr als ärgerlich sind die Formulierungen zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
unter dem Kapitel 'Außenpolitik und europäischer Einigungsprozess'. Unverblümt
wird dort die Gemeinsame Agrarpolitik als Steinbruch für die Finanzierung der
Osterweiterung und der Außen- und Sicherheitspolitik definiert. Hier wird und muss
sich der Deutsche Bauernverband zur Wehr setzen.

Erfreulich sind dagegen die Festlegungen bei nachwachsenden Rohstoffen und
Energien. So soll das Marktanreizprogramm für Bioenergien in der nächsten
Legislaturperiode kontinuierlich ausgebaut werden. Die Zuordnung dieses
Politikbereiches zum Bundesministerium für Umwelt dürfte eher für eine
Stabilisierung des Programms sprechen.

Auch die beabsichtigte Unterstützung qualitätssichernder Maßnahmen bei
Nahrungsmitteln in der gesamten Produktionskette findet in der Landwirtschaft
Zustimmung. Allerdings muss dann auch sichergestellt werden, dass die
festgeschriebene Koalitionsaussage, höhere Standards im Tier-, Natur- und
Umweltschutz auch bei den WTO-Verhandlungen einzubringen, tatsächlich und mit
großem Nachdruck politisch verfolgt wird.

Angesichts der vorgesehenen Stärkung des Kompetenzbereiches des Bundesministeriums
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist es nur folgerichtig, beide
Koalitionsparteien in der Führung des erweiterten Hauses zu verankern. Die große
Spannbreite vom Verbraucherschutz bei Dienstleistungen bis hin zur Gestaltung der
EU-Agrarpolitik nach der Agenda 2000 erfordert eine breite politische Verankerung
in der Regierungskoalition. Der Deutsche Bauernverband geht davon aus, dass dies
auch eine gute Grundlage für kritisch konstruktive Gespräche mit dem Berufsstand
sein wird.

Links zum Thema Politik,
Links zum Thema Verbände.

 


zurück zur Übersicht  zum Seitenbeginn   

zur @grar.de Homepage

    
 

© Copyright 1997-2007 @grar.de, Rheine, http://www.agrar.de