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@grar.de Aktuell - 19.09.2002

EU-Strategie für die europäische Fischzucht fördert den Arbeitsmarkt, den Verbraucherschutzes und eine gesunde Umwelt


Brüssel (agrar.de) - Die Europäische Kommission hat erstmals eine
Strategie für die nachhaltige Entwicklung der europäischen Fischzucht (Aquakultur)
vorgestellt. Sie ist Teil einer Reihe von Kommissionsvorschlägen zur Reform der
Gemeinsamen Fischereipolitik.

Die Aquakultur kann in den Küstengebieten, die unter anhaltender
Unterbeschäftigung leiden, die dringend benötigten Arbeitsplätze schaffen. Sie
versorgt den Markt mit einem gleichmäßigen Angebot an sicheren, hochwertigen und
preiswerten Fischereierzeugnissen. 'Dabei verfolgt die Kommission zweifelsohne
ehrgeizige Ziele. Wir wollen in den nächsten Jahren im Fischereisektor, der
erhebliche Arbeitsplatzverluste hinnehmen musste, 8.000 neue Arbeitsplätze
schaffen. Aber mit unserer Strategie machen wir ebenfalls deutlich, dass die
Förderung der Fischzucht nicht auf Kosten von Umwelt, Lebensmittelsicherheit oder
Qualität gehen darf', erklärte Franz Fischler, EU-Kommissar für Landwirtschaft,
Entwicklung des ländlichen Raums und Fischerei.

Fischler wird diesen Vorschlag dem Fischereirat vorlegen, der am 24. September
tagt. Andere konkrete Reformvorschläge werden in Kürze folgen. Sie betreffen die
Fischerei im Mittelmeer, die Verbesserung der wissenschaftlichen Gutachten, die
Kontrolle und Überwachung der Fischereitätigkeit und die Fischerei außerhalb der
EU-Gewässer.

Eine Strategie für einen wirtschaftlich unabhängigen Sektor

Die Strategie der Kommission umfasst drei Ziele:

- Schaffung sicherer Arbeitsplätze insbesondere in den fischereiabhängigen
Gebieten: Ziel ist die Schaffung von 8.000 bis 10.000 Arbeitsplätzen
(Vollzeitäquivalent) im Zeitraum 2003-2008.

- Erzeugung sicherer und hochwertiger Fischereierzeugnisse und Förderung hoher
Tiergesundheits- und Tierschutzstandards.

- Sicherstellung der Umweltverträglichkeit dieses Sektors.

Hierzu schlägt die Kommission folgende Maßnahmen vor:

Sichere Arbeitsplätze

Die Aquakultur bietet Beschäftigungsalternativen für Fischer, die die
Fangwirtschaft aufgegeben haben. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze in diesem
Sektor soll insbesondere durch eine jährliche Steigerung der Erzeugung um 3,4
Prozent bis 4 Prozent erreicht werden.

Steigerung der Erzeugung: Die Steigerung der Erzeugung muss über die
Diversifizierung durch die Zucht neuer Arten und die Verbesserung der
Umweltverträglichkeit erfolgen. Zu diesem Zweck sollten Beihilfen auf Maßnahmen
ausgerichtet werden, die vorhandene Betriebe stärken und die Aus- und Fortbildung,
Überwachung, Forschung und Entwicklung zur Förderung sauberer Fischzuchttechniken
fördern. Besondere Unterstützung sollten Aquakulturtätigkeiten erhalten, die in
verstärktem Maß zum Umweltschutz beitragen. Die bestehenden Rechtsvorschriften für
die ökologische Landwirtschaft werden auf die Aquakultur ausgedehnt.

Wettbewerb um geeignete Standorte: In einigen Gebieten wird das Wachstumspotenzial
bereits durch den Wettbewerb um geeignete Standorte gebremst. So erheben die
handwerklichen Fischerei, die Aquakultur und der Fremdenverkehr gleichermaßen
Anspruch auf den knappen Raum. Nach Auffassung der Kommission sollte die
Aquakultur in das integrierte Küstenzonenmanagement einbezogen werden, das am
besten geeignet ist, die vielfältige Nutzung der Küstengebiete zu regeln.

Förderung der Nachfrage: Die Nachfrage nach Aquakulturerzeugnissen ließe sich
durch neue Gütezeichen und Maßnahmen zur Verbesserung des Branchenimages fördern.
Die Mitgliedstaaten erhalten Anreize, um Maßnahmen zur Sammlung und Weitergabe von
Informationen zu fördern, da bessere Kenntnis zur besseren Vermarktung beiträgt.
Die Fischzüchter werden angehalten, Partnerschaften aufzubauen, um ihr Angebot
untereinander abzustimmen und auf diese Weise das Fehlen größenbedingter
Kostenvorteile auszugleichen.

Soziale Erwägungen: Die Aquakultur spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung
der Küsten und des ländlichen Raums und beim Versuch, den Niedergang der
Küstengemeinden aufzuhalten. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die
Fördermittel für die Aquakultur im Rahmen der Halbzeitbewertung der
EU-Strukturfonds in den Jahren 2003-3004 anzupassen. Die Kommission unterstreicht
die Bedeutung der Erwerbstätigkeit von Frauen und fördert die Durchführung von
Programmen des Europäischen Sozialfonds zur Verbesserung der Chancengleichheit in
der Aquakultur.

Verbesserung der Verwaltung: Die Beteiligten müssen stärker in die Entwicklung der
Aquakultur einbezogen werden. Angesichts des Fehlens spezieller Rechtsvorschriften
für die Aquakultur - trotz einzelstaatlicher Maßnahmen zur Durchführung der
EU-Richtlinien - gibt es Spielraum für die Entwicklung von Verhaltens- und
Praxiskodizes zur Eindämmung der Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen.

Sicherheit von Aquakulturerzeugnissen und Tierschutz

Öffentliche Gesundheit: Wegen der Notwendigkeit, den Verbrauchern einen hohen
Gesundheitsschutz zu gewährleisten, hat die Kommission die Rechtsvorschriften für
die Lebensmittelhygiene neu gefasst. Für die Jahre 2004 und 2006 ist eine
Überprüfung des Dioxingehalts von Lebensmitteln und Tierfutter vorgesehen, die
darauf abzielt, die zulässigen Höchstwerte zu senken. Die derzeitige Überwachung
und Kontrolle auf das Vorhandensein von Antibiotika und anderen Rückständen in
Aquakulturerzeugnissen wird verschärft. Die schädliche Algenblüte, die die
öffentliche Gesundheit bedroht und die Fischbestände schädigt, muss eingehender
erforscht werden, weil sie eines der größten Hindernisse für die Schalentierzucht
in Europa darstellt.

Tiergesundheit: Die Kommission wird in regelmäßigen Abständen die
Rechtsvorschriften zur Tiergesundheit überarbeiten und vereinfachen. Außerdem
schlägt sie vor, einige der bestehenden Arzneimittelvorschriften zu ändern, um den
besonderen Erfordernissen der Aquakultur Rechnung zu tragen.

Tierschutz: Durch die Verbesserung der Haltungsbedingungen ließe sich die
Einstellung der Öffentlichkeit zur Intensivhaltung verbessern. Die Kommission
beteiligt sich zur Zeit an einer Initiative des Europarats zur Formulierung einer
diesbezüglichen Empfehlung für Zuchtfische. Wenn diese Empfehlung angenommen ist,
wird die Kommission den Erlass entsprechender Rechtsvorschriften prüfen.

Eine umweltverträgliche Aquakultur

Eindämmung der Umweltbelastung: Es muss nach Wegen gesucht werden, um die
Umweltbelastung, die die intensive Fischhaltung verursacht, einzudämmen und die
Beeinträchtigung der Wasserqualität in der Nähe von Aquakulturanlagen zu
verhindern. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten und die Fischzüchter auf,
mit Unterstützung des FIAF die Einrichtung von Anlagen zur Abwasserbehandlung zu
fördern.

Eindämmung der Risiken durch nichtheimische Arten und gentechnisch veränderte
Organismen: Um den Verlust an biologischer Vielfalt zu verhindern, wird die
Kommission Maßnahmen zur Regelung der Einführung nichtheimischer Arten
vorschlagen, die mit dem Verhaltenskodex des Internationalen Rates für
Meeresforschung (ICES) im Einklang stehen. Außerdem prüft sie die Notwendigkeit
besonderer Vorschriften für transgene Fische.

Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und
Umweltverträglichkeitsprüfung: Die Kommission wird prüfen, inwieweit die intensive
Fischhaltung in die Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung
der Umweltverschmutzung, die potenziell umweltbelastende Tätigkeiten regelt,
einbezogen werden kann.

Forschung: Die Forschung ist für die Aquakultur von entscheidender Bedeutung.
Allerdings halten die hohen Kosten für Forschung und Entwicklung viele
Aquakulturbetriebe davon ab, die notwendigen Investitionen in diesem Bereich zu
tätigen. Es wäre daher denkbar, dass der FIAF Aquakulturbetriebe unterstützt, die
in kleinem Umfang angewandte Forschung betreiben. Weitere Fördermittel werden
voraussichtlich mit dem sechsten Forschungs-Rahmenprogramm bereitgestellt.

Hintergrund

Die Aquakultur ist schon seit langem in Europa eingeführt; das Aufkommen der
intensiv betriebenen Fischhaltung ist dagegen eine relativ neue Entwicklung und
unterliegt insofern den Preisschwankungen, die alle neuen, rasch wachsenden Zweige
der Ernährungswirtschaft kennzeichnen. Ihre Zukunft wird davon abhängen, inwieweit
sie wirtschaftlich unabhängig werden und sich auf die Umweltgegebenheiten
einstellen kann.

Die Aquakultur in der EU bietet mit 57.000 Arbeitsplätzen (Vollzeitäquivalent)
80.000 Menschen eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung. Sie ist in der EU weit
verbreitet und findet sich oft in ländlichen Gebieten oder Randlagen, die unter
anhaltender Unterbeschäftigung leiden. Die wichtigsten Erzeugnisse der Aquakultur
sind Fisch (Forelle, Lachs, Seebarsch und Goldbrasse) und Schalentiere
(Miesmuscheln, Teppichmuscheln und Austern).

Im Jahr 2000 belief sich die Erzeugung auf 1.315.000 Tonnen und einen Wert von
2.500 Mio. Euro, das sind 17 Prozent der Menge und 27 Prozent des Wertes der
gesamten Erzeugung des Fischereisektors in der EU. Mit dieser Strategie zur
nachhaltigen Entwicklung macht die Kommission deutlich, welche Bedeutung sie dem
Aquakultursektor beimisst.

Der Vorschlag der Kommission kann auf der Website der Generaldirektion
Fischerei
abgerufen werden.

Links zum Thema Fische und Fischerei.

 


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