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@grar.de Aktuell - 04.09.2002

Euronatur fordert Konsequenzen: Endlich Lehren aus Hochwasserkatastrophe ziehen

Nachhaltiges Landschaftsmanagement bester Hochwasserschutz


Stuttgart/Dresden/Passau (agrar.de) - Die internationale Umweltstiftung
Euronatur hat die Politiker aller Parteien dazu aufgerufen, weitreichende
Konse­quenzen aus der Hochwasserkatastrophe zu ziehen und mit einem nachhaltigen
Landschaftsmanagement und einer ernsthaften Vorsorge- und Umweltpolitik ähnlichen
Katastrophen vorzubeugen. 'Wenn Kinder ständig dieselben Fehler machen würden, wie
es in der Reaktion auf Hochwasserkatastrophen der vergan­genen Jahre seitens der
Politik aller Parteien immer wieder geschieht, wären sie schon längst von der
Schule geflogen', so Euronatur-Präsident C.-P. Hutter.

Die jetzigen Milliardenschäden in den neuen Bundes­ländern sowie Bayern und
Österreich müssten den Verantwortlichen in der Europäischen Union als auch beim
Bund und den Ländern klar vor Augen führen, dass finanzielle Investitionen in
Landschaftsbe­wahrung, die Vermeidung von Versiegelungen sowie die Renaturierung
von Bächen und Flüssen und die Wiederherstellung ausreichender Retentionsräume
Langfristökonomie bedeute. Volkswirtschaftliche Schäden und privates Leid könne
dann vermieden 0werden, wenn man die Auswirkungen und Schäden durch eine
vorausschauende Gewässerschutzpolitik und Katastrophenvorsorge auf ein Minimum
begrenze.

Die Umweltstiftung Euronatur hat einen Sofort-Maßnahmenkatalog der wichtigsten
Erfordernisse des Gewässer- und Hochwasserschutzes zusammengestellt und seitens
der Politik gefordert, den Ankündi­gungen nach der Flut endlich auch Taten folgen
zu lassen. Die Maßnahmen müssen nach Auffassung der internationalen Umweltstiftung
im Einzelnen fol­gende Punkte umfassen:

- Änderung der Agrarförderung:
Die von der EU und der Bundesregierung zu verantwortende Agrarpolitik ist an die
Notwendigkeiten des Hochwasserschutzes anzupassen. Derzeit werden Wiesen und
Weiden, die früher sowohl die Talauen als auch die Berghänge prägten und die für
eine ideale Wasserspeicherung und Hochwasserschutz gesorgt haben, nicht gefördert.
Mais jedoch, der extrem erosionsanfällig ist, wird mit bis zu 450 Euro pro Hektar
und Jahr unterstützt. Dies hat dazu geführt, dass der Grünlandanteil an der
Landwirtschaftsfläche in Deutschland von 40 Prozent Anfang der 70er Jahre auf
jetzt unter 30 Prozent zurückgegangen ist, beklagt man bei Euro­natur.

Die Agrarförderpolitik muss deshalb umorien­tiert werden, nicht mehr die
ertragsreichsten Kulturen, sondern jene, die gesellschaftlich am wichtigsten sind,
müssen die höchste Unter­stützung erhalten.

- Erstellung von Hochwasserkatastern und Schaffung von mehr Flächen für Gewässer:
Bund und Länder sollten ein Hochwasserkataster erstellen, in dem alle Gebiete
dargestellt werden, die potentiell von einem 100-jährigem Hochwasser betroffen
sein können. Alle Deichbaumaßnahmen sind anschließend daran auszurichten. Sie sind
allerdings gänzlich anders zu gestalten. Es soll nicht mehr Ziel sein, die Flüsse
mit hohen Deichen direkt an den Ufern in eine enges Korsett zu zwängen und so für
einen schnellen Wasserablauf zu sorgen. Deiche sollten zukünftig bestehende
bebaute Gebiete schützen, während den Gewässern genügend Überschwemmungsraum
gegeben wird.

- Baustopp in potentiellen Hochwassergebieten:
Die Gemeinden sollten in ihrer Planungsfrei­heit insofern eingeschränkt werden,
dass in potentiellen Überschwemmungsgebieten keine neuen Bauvorhaben mehr
genehmigt werden. Es kann nicht angehen, dass man wissentlich ein
Überschwemmungsrisiko in Kauf nimmt und im Schadensfall nach Ausgleich ruft.

- Einstellung von Entwässerungen landwirtschaftlicher Grundstücke:
Die weitere Entwässerung landwirtschaftlicher Grundstücke darf nicht mehr
staatlich geför­dert werden. Ein Gewässerrückbauprogramm ist aufzulegen, das den
Flüssen und Bächen wieder mehr Raum gibt. Dies wäre zusätzlich ein wichtiges
Konjunkturprogramm für den Tiefbau. Eine Teilfinanzierung dieses Programms
sollte – orientiert am 'Wasserpfennig' Baden-Württem­bergs – durch eine
Sonderabgabe in Höhe von 10 Cent je Kubikmeter Frischwasserverbrauch auf­gebracht
werden. Damit würden über 300 Millionen Euro jährlich aufgebracht werden können,
ohne dass dies den Verbraucher übermäßig belasten würde.

Wenn nicht frühzeitig konkrete Maßnahmen erfolgen, werde die Steuerzahler das
Nicht-Handeln der Politik weit teurer zu stehen kommen als jetzt mögliche
Investitionen, so Euronatur-Präsident C.-P. Hutter.

Links zum Thema Hochwasser.

 


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