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@grar.de Aktuell - 03.09.2002

Rote Karte für Grüne Gentechnik !

Stellungnahme des BÖLW zum Diskurs Grüne Gentechnik des BMVEL


Berlin (agrar.de) - Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft und die durch ihn
vertretenen Ökoanbauorganisationen und Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft
lehnen den Einsatz von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) ab. Der Einsatz
gefährdet die Ziele des Umweltschutzes sowie die Wahlfreiheit von Verbrauchern,
Lebensmittelherstellern und Landwirten, die Lebensmittel ohne GVO wollen. In dem
vom Verbraucherschutzministerium initiierten Diskurs wurden eine Vielzahl von
Daten ausgetauscht und in Expertenbefragungen die 'Pro und Contra'-Argumente
unterschiedlicher Interessengruppen vorgetragen. Trotz dieser 'Bemühungen' konnten
sich Teilnehmer mit ihren Standpunkten nur wenig annähern. Der Diskurs hat die
Vertreter der ökologischen Lebensmittelwirtschaft vielmehr in den folgenden
Auffassungen gestärkt:

- Leitbild und Ziel einer ökologischen Lebensmittelwirtschaft ist eine umwelt- und
wertschonende Produktion von Lebens-Mitteln.

- Ökologischer Landbau ist das Leitbild einer nachhaltigen Lebensmittelerzeugung.
Hierzu bedarf es keinerlei gentechnologisch bewirkter Veränderungen. Notwendig ist
die Weiterentwicklung der in den vergangenen Jahrzehnten praxiserprobten modernen
Methoden einer ökologischen Tierzucht, Tierhaltung sowie ökologischen
Pflanzenzucht und Pflanzenanbauverfahren.

- Die Gentechnologie fußt auf einer reduktionistischen Betrachtung von Lebendigem
und stellt eine risikoreiche, fehler-unfreundliche Technologie dar. Auswirkungen
auf Zusammenhänge und Wirkungsgefüge der Ökosysteme und damit auch auf das
langfristige Nutzeninteresse des Menschen bleiben weitgehend unberücksichtigt.

- Für die Förderung dieser Technologie mit ihrer besonderen Eingriffstiefe ist die
Akzeptanz der Bevölkerung unverzichtbar. Dies gilt für die Endkunden wie auch für
die Anwender.

Sieben von zehn Bauern in Deutschland sind gegen den Einsatz von gentechnisch
veränderten Organismen auf ihren Feldern. Sie wollen kein genverändertes Saatgut
kaufen und kein gentechnisch verändertes Futter an ihre Tiere verfüttern. Im
Ökolandbau ist der Einsatz von GVOs nach gesetzlichen und privatrechtlichen
Standards verboten. Betriebe und Unternehmen von Land- und Lebensmittelwirtschaft
wollen auch in Zukunft für ihre Kunden gentechnologisch unveränderte Lebensmittel
sicher stellen können. Dies entspricht laut Umfragen dem Wunsch der großen
Mehrheit der Menschen in Europa.

Das Versprechen, gentechnikfreie Produkte anzubieten, kann kurzfristig nur mit
einem enormen Kostenaufwand und auf Dauer kaum eingelöst werden, da von
freigesetzten GVOs die Gefahr unkontrollierter Auskreuzungen oder anderer
Kontaminationen in der Lebensmittelverarbeitung ausgeht. Vom Gesetzgeber
vorgesehene Grenzwerte für maximal zu tolerierende gentechnische Verunreinigungen
in Lebensmitteln und die daran geknüpfte Kennzeichnung von Lebensmitteln
widersprechen grundsätzlich dem Versprechen der Wahlfreiheit für 'den Verbraucher'
an der Ladentheke. Tatsache ist, dass Grenzwerte nur notwendig sind, wenn der
Gesetzgeber den großflächigen Anbau von GVOs und den Einsatz von GVOs in der
Lebensmittelverarbeitung zulassen würde. Die vorgegebenen Grenzwerte würden dann
dazu führen, dass die gesamte Lebensmittelwirtschaft, aber auch die öffentliche
Hand gezwungen wäre, mit aufwendigen zusätzlichen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass
die Lebensmittel zumindest nicht den gesetzlich geregelten GVO-Grenzwert
überschreiten. Dazu zählen sowohl Analyse-, Kontroll- und Kennzeichnungsverfahren.
Die damit verbundenen Kosten gingen in die Millionen, die letztlich von den
Verbrauchern und Steuerzahlern aufgebracht werden müssten oder die
Wirtschaftlichkeit der Betriebe gefährden würden, die weiterhin GVO-freie
Lebensmittel garantieren möchten.

Ließe der Gesetzgeber die Verbreitung von GVOs zu, müsste er Grenzwerte schaffen,
die all jenen Unternehmen eine klare Rechtssicherheit am Markt bieten, die von
sich aus gezielt auf GVOs verzichten und diese nicht aktiv verwenden. Die
Kennzeichnung müsste diesem Umstand Rechnung tragen und zwischen einem aktiven
Einsatz und unbeabsichtigten Kontaminationen unterscheiden. Dies würde relativ
hohe Grenzwerte mit sich bringen, die wiederum eine echte Wahlfreiheit der
Verbraucher zwischen GVO- und Nicht-GVO-Lebensmitteln in Frage stellen.
Haftungsregelungen müssten darüber hinaus sicher stellen, dass das
Verursacherprinzip gilt und Schäden nicht zu Lasten der Unternehmen gehen, die
GVO-freie Produkte anbieten wollen.

Ökologischer Landbau und Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft zeigen
eindrücklich, dass eine Versorgung der Menschen mit hochwertigen und
naturverträglich erzeugten Lebensmitteln - ohne Grüne Gentechnik - in Europa und
in allen anderen Ländern dieser Erde möglich ist. Der Einsatz der Gentechnik
gefährdet dieses Potential - nicht zuletzt auch durch den mit der Gentechnik
einhergehenden Anspruch von Industrieunternehmen, durch Patente Besitzrechte an
Pflanzen und Tieren zu erwerben. Dies widerspricht diametral dem Leitbild einer
bäuerlich geprägten, ökologischen Landwirtschaft.

Links zum Thema Biotechnologie,
Links zum Thema Agrarpolitik.

 


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