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@grar.de Aktuell - 02.09.2002

BUND: Gentechnische Verunreinigung beseitigt Wahlfreiheit für Verbraucher

Parteien zum Handeln aufgefordert


Berlin (agrar.de) - 'Die Bundestagswahl wird zur Grundsatzentscheidung darüber, ob
es auch weiterhin bei uns noch gentech-freie Lebensmittel zu kaufen gibt oder
nicht. Ob Babynahrung, Bioprodukte oder ganz normale Lebensmittel aus dem
Supermarkt - wenn die Parteien nicht schnell handeln, werden all diese Produkte in
wenigen Jahren gentechnisch verunreinigt sein.' So sieht Doris Tropper,
stellvertretende BUND-Bundesvorsitzende, die Wirkungen der sogenannten
Grünen Gentechnik.

Eine Studie im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat
jetzt ergeben, dass die stetige gentechnische Verunreinigung der Nahrungskette die
Wahlmöglichkeit der Konsumenten zum Kauf gentech-freier Produkte zu beseitigen
droht. Die Studie 'Bleibt in Deutschland bei zunehmendem Einsatz der Gentechnik in
Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion die Wahlfreiheit auf GVO-unbelastete
Nahrung erhalten?' wurde im Auftrag des BUND vom Forschungsinstitut für
biologischen Landbau Berlin (FiBL) und dem Öko-Institut Freiburg
angefertigt.

Es wurden drei Szenarien untersucht: Im Szenario 'Bei uns nicht' bleibt das seit
Oktober 1998 in der EU bestehende Moratorium auf Neuzulassungen gentechnisch
veränderter Pflanzen bestehen, die GVO-Anbaufläche (GVO = gentechnisch veränderte
Organismen) in Nord- und Südamerika wird nur wenig ausgeweitet und die
Lebensmittelindustrie produziert weiter mit Rohstoffen, die von konventionellen
Pflanzen stammen.

In diesem Fall bleibt es beim Ist-Zustand: Das heißt, in verarbeiteten Produkten,
die Zutaten aus Mais, Soja oder Raps enthalten, kann die absolute
Gentechnikfreiheit nicht garantiert werden, wenn nicht sorgfältig auf die Herkunft
der Rohstoffe und die Trennung der Warenströme geachtet wird. Deshalb sind in
diesem Szenario dringende Verbesserungen bei Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und
Trennung der Warenströme notwendig.

Im Szenario 'Anbau mit Auflagen' ist das Moratorium gefallen, international weitet
sich die Gentech-Anbaufläche aus und mit neuen Gesetzen wird versucht die
Gen-Kontamination einzudämmen. In diesem Fall kann die Verunreinigung im Bereich
von einem Prozent gehalten werden. Die Wahlfreiheit der Konsumenten wird
aufgeweicht, da Verunreinigungen bis zu einem Prozent bei Lebens- und
Futtermitteln sowie bei Saatgut nicht kennzeichnungspflichtig wären. Für die
Einhaltung der Ein-Prozent-Grenze für gentechnische Kontaminationen sind
Abstandsregelungen beim Anbau, Rückverfolgbarkeits- und Kennzeichnungsnormen sowie
die konsequente Trennung der Warenströme notwendig. Die Einhaltung dieser
Maßnahmen sowie deren Kontrolle verursachen erhöhte Kosten, die je nach
Nutzpflanze und Bewirtschaftungsweise bis zu 20 Prozent betragen können.

Beim Szenario 'Gentechnik ohne Grenzen' fällt ebenfalls das Moratorium, die
Anbaufläche in Europa und weltweit wächst, neue Normen zur Begrenzung der
Kontamination werden jedoch nicht geschaffen. In diesem Fall ist die Wahlfreiheit
akut gefährdet, selbst ein Schwellenwert von einem Prozent wäre bei zunehmender
Verunreinigung der gesamten Nahrungsmittelkette nur unter erheblichem Aufwand zu
garantieren. Die Folge ist, dass auch die Produktion von Lebensmitteln mit
gentechnisch veränderten Bestandteilen unterhalb der Ein-Prozent-Grenze teurer
wird. Preissteigerungen werden insbesondere den Ökolandbau treffen, der per Gesetz
zur strikten Gentech-Freiheit verpflichtet ist. Produzenten, die weiter nur
geringfügig verunreinigte Lebensmittel anbieten wollen und Konsumenten haben bei
diesen Produkten mit drastischen Preissteigerungen zu rechnen.

Julia Meier vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau Berlin (FiBL): 'Je
mehr der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zunimmt, desto stärker sinkt die
Möglichkeit, sich gentech-frei zu ernähren. Im Szenario eins und zwei ist die
Wahlfreiheit noch gegeben, im dritten Szenario wird sie nahezu unmöglich.'

Doris Tropper, stellvertretende BUND-Bundesvorsitzende: 'Jetzt sind die Parteien
gefordert, die Gentech-Freiheit in Lebensmitteln zu sichern. Die Bundesregierung
muss umgehend einen Maßnahmenkatalog vorlegen, der Hersteller und Nutzer
gentechnisch veränderter Organismen verpflichtet, ihre Produkte aus der
Nahrungskette herauszuhalten. Saatgut, Futter- und Lebensmittel dürfen nicht
gentechnisch verunreinigt werden. Für diejenigen, die keine Gentechnik im Essen
haben wollen, muss die Wahlfreiheit gewährleistet bleiben.' Gentechnische
Verschmutzungen durch Pollenflug oder die unzureichende
Trennung der Warenströme bei Transport und Verarbeitung gefährden bereits jetzt
die Gentech-Freiheit der Produkte. Auf EU-Ebene wird derzeit an neuen
Schwellenwerten und Kennzeichnungsregeln bei gentechnischen Kontaminationen
gearbeitet.

Links zum Thema Biotechnologie.

 


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