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@grar.de Aktuell - 29.08.2002

Sonnleitner zu Hochwasser, Ernteschäden und Halbzeitbewertung der Agenda 2000


München (agrar.de) – Bei dem Pressegespräch am vergangenen Dienstag im Bayerischen
Bauernverband nahm der Präsident des Bayerischen und Deutschen Bauernverbandes
(DBV/BBV), Gerd Sonnleitner, Stellung zu dringlichen Themen, die
zur Zeit den bäuerlichen Berufsstand stark bewegen. Dies waren die Auswirkungen
des Hochwassers und der ungünstigen Witterung in dieser Erntesaison auf die
bayerische Landwirtschaft. Zum anderen ging es um die Halbzeitbewertung der Agenda
2000 durch die EU-Kommission. Sonnleitner nahm eine Bewertung und Einschätzung der
Fischler Vorschläge vor und gab einen Ausblick über die zu erwartenden
finanziellen Auswirkungen auf die bayerische Landwirtschaft.

Die Erntesituation für die bayerischen Bauernfamilien ist in diesem Jahr durch
die ungünstige Witterung und zuletzt durch das Hochwasser schwierig gewesen, sagte
Sonnleitner. Er bezifferte den Schaden bei Getreide mit rund 90 Mio. Euro. Dies
bedeutet, dass die bayerischen Betriebe einen Ertragsverlust von knapp zehn
Prozent im Vergleich zum Vorjahr verkraften müssen. In Bayern sei mit einer
Getreidemenge von 6,4 Mio. Tonnen zu rechnen. Regional weise die Ernte zum Teil
erhebliche Qualitätseinbußen auf. Die Bauern hätten mit erhöhten
Produktionskosten, zum Beispiel durch das Trocknen des Getreides, zu rechnen.

Das Hochwasser vor zwei Wochen verschärfte die insgesamt schwierige Erntesituation
dieses Jahr. In Bayern waren bis zu 12.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen
überschwemmt. Vor allem Schwaben mit 5.500 Hektar und die Oberpfalz mit 4.600
Hektar waren betroffen. In Oberbayern waren 1.400 Hektar und in Niederbayern 500
Hektar überschwemmt. Der Bauernverband schätzt die Flächenschäden auf etwa zwölf
Mio. Euro. Der Gesamtschaden für die Bauern bei Aufwuchs, Gebäuden, Wegen und
Flur, den das Hochwasser in Bayern angerichtet hat, beträgt nach Angaben des
Bayerischen Bauernverbandes rund 20 Mio. Euro.

Sonnleitner bezeichnete das Ausmaß des Schadens in den neuen Bundesländern als
dramatisch. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe seien betroffen: überschwemmte
Felder, beschädigte Gebäude, zerstörte Ernten. Zum Teil mussten Tausende an Tieren
über Strecken bis zu 100 km in Sachsen-Anhalt und Brandenburg evakuiert werden.
Die derzeitige Situation hätte in früheren Jahrhunderten unweigerlich zu
deutlichen Versorgungsengpässen geführt. Heute spüre der Verbraucher – wenn
überhaupt – nur sehr wenig davon, weil in der EU für Ausgleich gesorgt werden
könne und weil wir Vorräte haben, sagte Sonnleitner. Das Risiko und die Verluste
blieben aber leider bei den Bauernfamilien hängen.

Präsident Sonnleitner lobte das bayerische Soforthilfeprogramm. 'Die
Staatsregierung hat rasch gehandelt, um die Schäden in der Landwirtschaft zu
lindern.' Diese Hilfen erwarte er auch von der Bundesregierung für die anderen vom
Hochwasser betroffenen Bundesländer. Das bisherige Angebot sei unzureichend, um
annähernd 50 Prozent der Hochwasserschäden auf Äckern und Wiesen abzudecken.
Sonnleitner fordert eine vorgezogene Auszahlung der EU-Flächenprämien und der
Agrardieselrückerstattung sowie die Anpassung der Interventionskriterien. So
sollte der Feuchtegehalt erhöht und die Fallzahlen abgesenkt werden.

Im Anschluss danach zeigte Sonnleitner auf, was die Kommissionsvorschläge zur
Halbzeitbewertung der Agenda 2000 für die bayerischen Bauernfamilien bedeuten.
Nach ersten Schätzungen müsse mit Einkommenseinbußen in Bayern von bis zu rund 250
Mio. Euro bis zum Auslaufen der Agenda 2000 gerechnet werden. Außerdem würden die
vorgeschlagene Entkopplung, Modulation und Auditierung das jetzt schon schwer zu
bewältigende Ausmaß an Bürokratie in der Land- und Forstwirtschaft noch zusätzlich
erhöhen. Insgesamt seien die Kommissionsvorschläge wenig konkret und zum Teil sehr
widersprüchlich. Diese Einschätzung teilen auch Fachleute aus Bayern, Deutschland
und auch aus anderen EU-Staaten, wie z.B. Österreich. Sonnleitner betonte, dass
die Kommissionsvorschläge weder Rezepte zur Stärkung bäuerlicher Landwirtschaft
noch zum Ausbau von Umwelt-, Tierschutz und Lebensmittelsicherheit in der EU
beinhalten. Vor allem die notwendige Harmonisierung der Standards auf europäischer
Ebene werde nicht in Angriff genommen. Die Wettbewerbsbenachteiligung von Bauern
in Ländern mit hohen Standards - wie beispielsweise Deutschland - müsse endlich
beendet werden, forderte Sonnleitner eindringlich.

Präsident Sonnleitner wies darauf hin, dass der Bauernverband zu einer sachlichen
Halbzeitbe-wertung steht. Jedoch gehören Überlegungen zu umfassenden Änderungen in
der EU-Agrarpolitik nicht in die Halbzeitbewertung. Die Gültigkeit der Agenda 2000
bis zum Jahr 2006 dürfe nicht in Frage gestellt werden. Sonnleitner: 'Bäuerinnen
und Bauern sind auf eine verlässliche Agrarpolitik angewiesen. Wir fordern von den
politisch Verantwortlichen, dies zu gewährleisten und sich an getroffene
Entscheidungen zu halten.'

Links zum Thema Hochwasser,
Links zum Thema EU und Landwirtschaft.

 


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