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@grar.de Aktuell - 14.08.2002

Genossenschaften sind beim Wetterchaos besonders gefordert: Der Getreideernte drohen hohe Qualitätsverluste


Bonn (agrar.de) - Die diesjährige Getreideernte unterliegt außerordentlich
widrigen Bedingungen. Unwetter und anhaltende Niederschläge haben zu erheblichen
Verzögerungen bei der Getreide- und Rapserfassung geführt. Derzeit steht noch zwei
Drittel der Weizenernte auf den Feldern. 'Deutliche Qualitätsverluste bis hin zu
Totalausfällen in den von Überschwemmungen heimgesuchten Regionen Deutschlands
zeichnen sich ab. Das Ausmaß der Schäden ist derzeit noch nicht zu beziffern. Das
gilt auch für andere pflanzliche Erzeugnisse wie Obst und Gemüse', erklärte
Manfred Nüssel, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV). Er
forderte die Bundesregierung auf, den hart betroffenen Landwirten schnell und
unbürokratisch zu helfen.

Diese Ausnahmesituation stellt Erzeuger und Erfasser vor außerordentlich große
Herausforderungen. Angesichts der unsicheren Wetterlage sind die Landwirte z. B.
nicht bereit, Wartezeiten bei den Erfassungsstellen in Kauf zu nehmen. Nun sind
diejenigen Unternehmen gefragt, die in leistungsfähige Erfassungs- und
Trocknungsanlagen investiert haben. Die Warengenossenschaften bewähren sich in
dieser Krisenzeit als verlässliche Partner der Landwirte und Mühlen.

Für Deutschland erwartet Nüssel ein Ernteergebnis, das mindestens 10 Prozent unter
der Rekordernte des Vorjahres von fast 50 Mio. t liegt. Totalausfälle sind in
dieser Schätzung nicht berücksichtigt. Besonders schlecht sind die Qualitäten bei
Roggen und in einzelnen Anbaugebieten auch bei Weizen. Sehr schwierig gestaltet
sich in diesem Jahr die Preisfindung bei Brot- und Braugetreide, zumal in den
Nachbarstaaten gute Ergebnisse erzielt werden. Die von der Lebensmittelwirtschaft
geforderte Mehlqualität wird vielfach nicht erreicht. Das führt zu einem großen
Angebot an Futtergetreide, während hochwertiges Brotgetreide fehlt und vermutlich
auch im Ausland, wo das entsprechende Angebot verfügbar ist, zugekauft wird.

Die Rapsernte wird bundesweit auf ca. 4 Mio. t veranschlagt. Sie liegt damit
leicht unter dem Vorjahreswert. Die Anbaufläche wurde auf 1,27 Mio. ha ausgedehnt.
Auch auf dieses pflanzliche Erzeugnis haben die katastrophalen
Witterungsbedingungen negative Auswirkungen, z. B. den Ölgehalt. Vereinzelt wurden
Auswuchsschäden gemeldet. Nachwachsende Rohstoffe werden weiterhin rege
nachgefragt, nicht zuletzt für die Weiterverarbeitung von Raps zu Biodiesel. Die
Genossenschaften sind auf diesem Gebiet Marktführer. Sie haben über 50 Prozent der
Anbauflächen für Non-Food-Raps unter Vertrag.

Umsatzrückgänge drohen

Die Raiffeisen-Genossenschaften nehmen jährlich rund 15 Mio. t Getreide auf.
'Angesichts der geringeren Erntemengen zeichnet sich für unsere Unternehmen ein
deutlicher Umsatzrückgang ab', so Nüssel. Das Getreide muss genau nach Qualitäten
separiert werden. Kostspielige Trocknungen und Reinigungen sind erforderlich. Das
Wetterchaos erzwingt immer wieder Unterbrechungen und verhindert die
kontinuierliche Aufbereitung der Ernte. Der Vermarktungsfluss wird gestört.
'Dieser zusätzliche Aufwand verursacht höhere Betriebskosten. Es ist ein Höchstmaß
an Flexibilität erforderlich, um die Vermarktungschancen zu nutzen. Die Landwirte
vertrauen auf die Marktkompetenz und Bonität der Genossenschaften. Denn jetzt sind
Könner gefragt', unterstrich Nüssel.

EU-Versorgungsbilanz

Insgesamt wird in der Europäischen Union eine Getreideernte von über 210 Mio. t
und damit 14 Mio. t mehr als im Vorjahr erwartet. Der Verbrauch liegt
voraussichtlich bei 189 Mio. t. 'Von Versorgungsengpässen kann keine Rede sein',
so Nüssel. Wie in den Vorjahren stehen bis zu 30 Mio. t für Drittlandsausfuhren
zur Verfügung. Für den deutschen und europäischen Getreidemarkt sind Exporte ein
unentbehrliches Entlastungsventil.

Die Überschüsse in der EU helfen, die Versorgungsbilanz auf dem Weltmarkt
auszugleichen. In den vergangenen fünf Jahren wurde weltweit mehr Getreide
verbraucht als produziert. Die Vorräte sind inzwischen auf 326 Mio. t
zurückgegangen. 'Diese Menge würde in nur neun Wochen verbraucht. Wenn dieser
Trend anhält, werden die Preise auf dem Weltgetreidemarkt wieder anziehen. Ich
hoffe, dass die Phase des vom Weltmarkt ausgehenden Preisdrucks beendet wird', so
Nüssel.

Billigimporte aus Osteuropa

Mit großer Sorge sieht Präsident Nüssel den erneut zu erwartenden Billigimporten
von Getreide aus Osteuropa entgegen. 2001 erreichten die 'Schwarzmeer-Importe' in
die EU mit über 10 Mio. t ein Rekordniveau. In den Vorjahren waren es lediglich 5
bis 6 Mio. t. Nüssel fordert die Brüsseler Kommission auf, im Rahmen der
WTO-Verhandlungen die Kontingentierung von Einfuhren aus Osteuropa zu prüfen.

Qualitätssicherung hat Priorität

Besonders großen Wert legen die Genossenschaften auf Qualitätssicherung. 'Getreide
ist ein wertvolles Lebensmittel und muss entsprechend sorgfältig behandelt
werden', so Nüssel. Die Qualitätssicherung beginnt bereits bei der Wahl des
Saatguts und der Betriebsmittel. Sie setzt sich konsequent fort über den
Transport, die Erfassung, die Lagerung bis hin zur Vermarktung. Die
Genossenschaften haben lückenlose Qualitätssicherungs-Systeme aufgebaut. Dazu
zählt u. a., dass die Landwirte bei der Anlieferung des Getreides so genannte
Garantie-Erklärungen über die Produktions- und Lagerbedingungen abgeben.
Dokumentation und Rückverfolgbarkeit garantieren dem in Deutschland erzeugten
Getreide einen hohen Qualitätsstandard. 'Wir erwarten, dass auch Importe aus
Drittländern diese Kriterien erfüllen und nachweisen', betonte DRV-Präsident
Manfred Nüssel.

Links zum Thema Landhandel und Genossenschaften.

 


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