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@grar.de Aktuell - 26.07.2002

Ernteverluste: Ein hart verdientes Brot

BBV: Getreide ist bald wertlos


Aichach (agrar.de) – Allenfalls eine Durchschnittsernte, aber keine Rekordernte –
lautet die Bilanz, die der Präsident des Deutschen und des Bayerischen
Bauernverbandes (BBV), Gerd Sonnleitner, heute im Landkreis
Aichach-Friedberg bei der Erntepressefahrt zog.

So werden die bayerischen Getreidebauern in diesem Jahr etwa 6,6 Mio. Tonnen
einfahren. Im vergangenen Jahr lag die Erntemenge bei 6,9 Mio. Tonnen. Für
Deutschland wird eine Getreidemenge von 46 Mio. Tonnen erwartet. Im Vorjahr waren
dies 50 Mio. Tonnen. Nur die Schätzungen für die EU tendieren nach oben: Nach
einer Erntemenge von 196 Mio. Tonnen 2001 werden in dieser Saison etwa 213 Mio.
Tonnen erwartet.

Die Erntepressefahrt, die der Bayerische Bauernverband gemeinsam mit dem
Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten veranstaltet, führte
auf den Betrieb von Markus Held und auf den Bioland-Betrieb von Stefan Kreppold in
Aichach.

Präsident Sonnleitner erläuterte den aktuellen Erntestand. Zwar habe die Ernte in
diesem Jahr frühzeitig begonnen. Die Bauern mussten in den vergangenen Wochen ihre
Ernte jedoch immer wieder unterbrechen. Der Grund waren heftige Niederschläge,
Sturm und gebietsweise starke Hagelschläge. Etliche Bestände knickten um.
Inzwischen zeichne sich ein deutlicher Ernterückstand ab, die Erntetermine für die
verschiedenen Getreidearten rückten immer näher zusammen. Bei weiter anhaltenden
Regenfällen würde die Landwirtschaft mit erheblichen Trocknungskosten und
Qualitätsverlusten belastet.

'Noch nie wurden die Getreidepreise so früh und so massiv nach unten geredet, wie
in diesem Jahr', beklagte Sonnleitner. Bereits in den vergangenen Wochen hatte
sich der Bauernverband entschieden gegen die Stimmungsmache von Handel und
Verarbeitungsbetrieben gewehrt, die eine Senkung der Preise forderten.

'Ich hoffe, dass sich die geringere Erntemenge in höheren Preisen niederschlagen
wird.' Denn von den Markterlösen könnten die Produktionskosten nicht mehr
abgedeckt werden. Deshalb seien die Getreidebauern auf Ausgleichszahlungen mehr
denn je angewiesen. Der Bauernverband verdeutlichte die Situation an einem
drastischen Beispiel: Aus 50 kg Weizen können etwa 1500 Brötchen gebacken werden.
Aus dem Weizenerlös kann sich der Bauer aber nur 20 Semmeln leisten. 'Das ist ein
hart verdientes Brot', stellte Landwirt Markus Held fest.

Angesichts der Preismisere halten die Getreidebauern ein Ende der Brüsseler
Preisdruckpolitik für notwendig. Mehr Einkommen über den Markt könne nur erzielt
werden, wenn die Marktordnungselemente konsequent umgesetzt werden. Dazu müsse
auch eine aktive Exportpolitik gleich zu Beginn des Wirtschaftsjahres umgesetzt
werden, forderte Bauernpräsident Sonnleitner erneut. Zudem müsste sich die EU vor
Billigofferten aus Drittländern schützen, indem die Zölle auf der Basis aller
Lieferländer berechnet werden. Auch für Importe müssten die EU-Qualitätsmaßstäbe
gelten.

Getreideexperte Leonhard Keller, Präsident des BBV-Bezirksverbandes Schwaben,
sieht keinen Anlass für Preissenkungen. Die Weltmarktpreise haben sich
stabilisiert, die Marktordnungspreise würden auf gleichem Niveau wie im Vorjahr
liegen. Für höhere Preise sprächen auch die gestiegenen Anforderungen im Bereich
der Qualitätssicherung. 'Die wenigsten Betriebe können zu derzeitigen Marktpreisen
produzieren. 1984 lag der Erlös für 100 kg Weizen bei 60 DM, heute sind es kaum
mehr 10 Euro', schilderte Leonhard Keller den Preisverfall.

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