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@grar.de Aktuell - 25.07.2002

Offener Brief: Die Futtermittelwirtschaft wehrt sich


Offener Brief der deutschen Futtermittelwirtschaft an Frau Renate Künast,
Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft:

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Künast,

in Ihrem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 20.7.2002, das
auch in der 'Tagesschau' am selben Tag zitiert wurde, haben Sie, bezogen auf Ihren
Amtsantritt, u. a. gesagt:

'So gut wie nichts war in der Futtermittelbranche geregelt. Die Unternehmen
konnten doch weitgehend tun und lassen, was sie wollten. Dabei haben sie sich dann
noch eine goldene Nase verdient, und keiner hat etwas dagegen unternommen'.

Diese und andere Ihrer Äußerungen in jüngster Zeit über die Unternehmen der
Futtermittelbranche sind wahrheitswidrig und rufschädigend. Richtig hingegen ist:

- In Deutschland existieren mit dem Futtermittelgesetz vom 2. Juli 1975 und der
Futtermittelverordnung vom 16. Juni 1976 umfassende Regelungen für die Erzeugung
und das Inverkehrbringen von Futtermitteln.

- Die gesetzlichen Vorschriften werden laufend den aktuellen Bedürfnissen
angepasst.

- Das Futtermittelgesetz enthält teilweise strengere Regelungen als das deutsche
Lebensmittelgesetz.

- Mischfutter darf nur in staatlich anerkannten bzw. registrierten Betrieben, die
über entsprechende Technik und Sachkenntnis verfügen, hergestellt werden und
unterliegen einer ständigen staatlichen Kontrolle.

- Der Gesetzgeber hat detaillierte Vorschriften für die Kennzeichnung von
Futtermitteln, die Rückverfolgbarkeit, die Bildung von Rückstellmustern, die
Probenahme und die Futtermittelanalytik erlassen.

- Die Einhaltung der futtermittelrechtlichen Vorschriften wird von den
Bundesländern in Abstimmung mit Ihrem Ministerium überwacht.

- Die deutschen Mischfutterhersteller führen zudem im Rahmen ihrer betrieblichen
Sorgfaltspflicht zahlreiche Eigenuntersuchungen durch.

- Die Unternehmen haben sich freiwillig zur Anwendung der im Rahmen einer
Eigeninitiative der deutschen Wirtschaft erarbeiteten Positivliste für
Einzelfuttermittel verpflichtet.

Die Skandale der letzten Zeit, die sich auf den Futter- und Lebensmittelsektor
ausgewirkt haben, sind eindeutig auf mangelnde Regelungen und Kontrollen im
Bereich der Abfallwirtschaft sowie auf ein Versagen der staatlichen Kontrollen
zurückzuführen. So wurden z.B. beim aktuellen Hormonskandal pharmazeutische
Abfälle im europäischen Ausland falsch deklariert und illegal durch Beimengung in
Glukosesirup entsorgt.

Wir fragen Sie, Frau Künast, warum Sie nicht bei den Ursachen dieser Krisen
ansetzen und wirksame Gegenmaßnahmen einleiten, um derartige Krisen zu vermeiden.
Wann werden Sie endlich

- für Transparenz in der Entsorgungswirtschaft sorgen und dort eine europaweite
Registrierung einführen,

- durch Regelungen sicherstellen, dass Entsorgungsvorgänge lückenlos und
vollständig bis zum Ende überwacht werden,

- gesetzlich festlegen, dass Entsorgungsunternehmen nicht gleichzeitig
Lebensmittel und/oder Futtermittel herstellen bzw. damit handeln dürfen,

- eine Registrierung der Hersteller bestimmter Einzelfuttermittel einführen, damit
gleiche Sicherheitsvorkehrungen wie bei Mischfutter vorliegen,

- die staatliche Futtermittelkontrolle verstärkt risikoorientiert ausrichten,

- sich für eine EU-einheitliche Futtermittelkontrolle einsetzen,

- sich für eine europaweite Gleichbehandlung beim Verfütterungsverbot von
tierischen Proteinen und tierischen Fetten einsetzen,

- die längst überfällige Vernetzung zwischen Lebensmittel- und
Futtermittelkontrolle auf den Weg bringen?

Nach mehr als 18 Monaten Amtszeit erwarten wir von Ihnen, dass Sie sich mit
Nachdruck der wirklichen Probleme annehmen anstatt mit pauschalen
Schuldzuweisungen und Diffamierungen von eigenen Versäumnissen abzulenken und auf
Kosten unserer Branche Wahlkampf zu führen.

Ihre jüngsten Äußerungen, in denen Sie sich nicht scheuen, Begriffe wie
'Wirtschaftskriminalität' und 'mafiöse Strukturen' im Zusammenhang mit der
Futtermittelbranche zu verwenden, sind ein Schlag ins Gesicht jedes deutschen
Futtermittelunternehmers, der seit Jahren enorme Anstrengungen im Bereich der
Qualitätssicherung unternimmt. Sie beleidigen mit Ihren pauschalen Angriffen gegen
eine ganze Branche die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseren mittelständischen
Unternehmen und gefährden durch die Verunsicherung unserer Kunden letztlich
zahlreiche Arbeitsplätze.

Wir fordern Sie auf, Ihre Falschaussagen richtig zu stellen und sich öffentlich zu
entschuldigen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Niemann
Präsident - Deutscher Verband Tiernahrung (DVT)

Manfred Nüssel
Präsident - Deutscher Raiffeisenverband (DRV)

Dr. Christoph Threde
Vorsitzender - Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung (AWT)

Bruno Fehse
Vize-Präsident - Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft (BVA)

Stefan Cremer
Vorsitzender - Verein der Getreidehändler der Hamburger Börse e.V. (VdG)

Links zum Thema Tierernährung,
Links zum Thema Verbände.

 


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