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@grar.de Aktuell - 24.07.2002

Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung auf die Landwirtschaft


Bonn (agrar.de) - Dass das Ruhestandsalter von heute real rd. 60 Jahren bis zum
Jahr 2018 kontinuierlich auf 65, bis zum Jahr 2036 gar auf 70 und schließlich bis
zum Jahr 2074 auf 73 Jahre angehoben werden muß, damit der Rentenbeitragssatz
nicht über Gebühr steigt, wird heute von niemanden mehr bestritten. Man redet nur
nicht gerne darüber.

Selbst Industrie und Versicherungen lassen mittlerweile die Auswirkungen der
Bevölkerungsentwicklung auf die Absatzmöglichkeiten ihrer Produkte untersuchen.

Um die Einwohnerzahl von rd. 82 Mio. zu halten, wäre eine Geburtenrate von rd. 2,1
Kindern je Frau nötig. Derzeit beträgt die Geburtenrate je Frau in Deutschland
aber nur 1,3. Und die Prognosen sind düster. Trotz verstärkter Migration
ausländischer Mitbürger und einer familienfreundlichen Politik wird die
Einwohnerzahl Deutschland bereits im Jahr 2030 auf rd. 78 Mio geschrumpft sein. Im
Jahr 2080 gar auf 53 Mio. Fast 47 Prozent der Bevölkerung werden bereits im Jahr
2030 älter als 60 Jahre sein.

Die Folgen für die schweinehaltenden Landwirte sind nach Einschätzung des
Zentralverbandes der deutschen Schweineproduktion (ZDS) gravierend. Unterstellt
man einen jährlichen Rückgang des Schweinefleischverzehrs von nur 100 Gramm/Kopf
und Jahr, läßt sich der Nettobedarf an Schweinefleisch auf der Basis der
prognostizierten Bevölkerungsentwicklung berechnen: Er wird im Jahr 2030 nur noch
2,8 Mio Tonnen betragen. Das sind 1,7 Mio. Tonnen Schweinefleisch bzw. 18,5 Mio
Schweine weniger als im Jahr 2001. Es müssten nur noch 24 Mio Schweine
geschlachtet werden, um die heimische Nachfrage zu decken. Derzeit sind es rd. 45
Mio. Tiere.

Geht man weiter davon aus, dass die Betriebsschließungen in dem Ausmaß weiter
gehen wie in den letzten Jahren, werden nur noch eine Hand voll Landwirte übrig
bleiben, die Schweine halten. Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können,
wären Betriebsgrößen mit 1.100 Sauen und 10.000 Mastschweinen vorteilhaft. Weitere
Expansionen wären jederzeit möglich, weil wegen der gesunkenen Tierzahlen die
Flächenbindung keine Thema mehr ist (wie heute bereits in Ostdeutschland) und die
Höfe nach EU-Biosiegelkriterien wirtschaften. Insgesamt wären bei diesem Szenario
nur noch 900 Ferkelerzeugerbetriebe notwendig, die im Direktverkehr die noch
übriggebliebenen 1.000 Mastschweinebetriebe beliefern. Aber auch nur, wenn die
Nachfrage zu 100 Prozent aus heimischer Produktion gedeckt würde. Und das ist sehr
unwahrscheinlich.

Zugegeben, die dargestellten Folgen für die Schweineproduktion sind rein
hypothetisch. Die Prognosen der Bevölkerungsentwicklung jedoch nicht. Selbst die
optimalste Familien- und Migrationspolitik kann daran nichts mehr ändern. Diese
Chance wurde von der Politik schlicht verschlafen. In der Landwirtschaft darf man
nicht die gleichen Fehler machen. Alle Gesetze und Verordnungen müssen zukünftig
vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung auf ihre langfristigen
Auswirkungen hin überprüft werden. Es müssen heute die Weichen für eine
funktionierende, vielfältige bäuerliche Landwirtschaft im Jahr 2030 gestellt
werden.

Links zum Thema Zukunft und Visionen.

 


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