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@grar.de Aktuell - 16.07.2002

HBV: Landwirte haben Anspruch auf Planungssicherheit


Friedrichsdorf (agrar.de) - 'Die Landwirte sind und bleiben der Erzeugung von
qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, der Verbraucherorientierung, dem Tierschutz
und der nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen verpflichtet.' Mit diesem
Hinweis reagiert der Präsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV) auf
die Vorschläge des EU-Agrarkommissars Franz Fischler zur Halbzeitbewertung der
Agenda 2000. 'Diese Grundsätze sind für die hessische Landwirtschaft nichts
Neues,' so Bär in der Pressemitteilung. Eine Reform der Agrarpolitik könne man
damit nicht begründen.

Anstatt eines Zwischenberichtes habe Agrarkommissar Fischler Vorschläge für eine
vorgezogene Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgelegt, die bereits zum 1.
Januar 2004 wirksam würden, so Bär weiter. Dies sei nicht akzeptabel. Die
Kommission überschreite ihr Mandat, das ihr vom Europäischen Rat nach den
Beschlüssen von Berlin erteilt worden war. Bär fordert, dass die Agenda 2000, die
die Agrarpolitik bis zum Jahr 2006 festlege, eingehalten wird. Die Planungen und
Investitionen der Betriebe seien darauf ausgerichtet, und die Landwirte hätten
einen Anspruch auf Planungssicherheit und Verlässlichkeit von seiten der Politik.
Es sei den Landwirten im übrigen nicht zuzumuten, dass die Gemeinsame Agrarpolitik
in immer kürzeren Abständen und in ihren Grundsätzen geändert werde. Dabei gehe es
nicht nur um die landwirtschaftlichen Betriebe sowie dem so genannten vor- und
nachgelagerten Bereich, sondern 'die Bauern brauchen gesicherte Rahmenbedingungen
auch, um ihre von der Gesellschaft gewünschten Aufgaben in der Landschaftspflege,
dem Tier-, Natur- und Umweltschutz nachkommen zu können,' so Bär.

Einer Weiterentwicklung der Agrarpolitik nach dem Auslaufen der Agenda 2000 werde
sich der Berufsstand nicht verschließen. Bei der jetzigen Zwischenbilanz sollte
jedoch nur die Wirkung der Agenda auf die Märkte und den EU-Haushalt überprüft
werden. Hierbei zeige sich aber, dass die wichtigsten europäischen Agrarmärkte bei
Milch, Rindfleisch, Getreide aber auch bei Ölsaaten eine ausgeglichene
Grundtendenz zeigten. Außerdem weise der EU-Haushalt vor allem durch die stabile
Ausgabenentwicklung im Agrarhaushalt seit Jahren erhebliche Überschüsse aus, die
zur Entlastung der Mitgliedstaaten eingesetzt würden.

Wie in anderen Regionen, so seien auch für die hessischen Betriebe
Einkommensverluste zu befürchten, sollten sich die Vorschläge Fischlers
durchsetzen:

Durch die Modulation sollen ab 2004 die Direktzahlungen zunächst um 3 Prozent und
schließlich bis 2010 um 20 Prozent gekürzt werden. Die freiwerdenden Mittel sollen
nach Flächenausstattung, Arbeitskräftebesatz oder Wohlstand unter den
EU-Mitgliedsstaaten verteilt werden. Durch diese Umverteilung sei zu befürchten,
dass ein Großteil der Mittel für die hiesige Region verloren geht. Hinzu komme,
dass die Mittel von der Marktpolitik in Strukturmaßnahmen für die ländlichen Raum
umgeleitet werden sollen, in die so genannte zweite Säule, ohne dass die
Kofinanzierung vor Ort gesichert sei.

'Von der Modulation wären bei einem Freibetrag von 5.000 Euro bereits Betriebe ab
15 Hektar betroffen,' sagt der HBV-Präsident. 'Bei einem Kürzungssatz von 3
Prozent würde der hiesigen Landwirtschaft nach unseren Berechnungen insgesamt
knapp 2,6 Mio. Euro verloren gehen, bei einem Kürzungssatz von 20 Prozent wären es
über 17 Mio. Euro.'

'Auch die anderen Vorschläge von Kommissar Fischler würden sich direkt negativ auf
die Einkommen unserer Landwirte auswirken,' so Bär. Die Erfahrung zeige, dass sich
die Erzeugerpreise für Getreide, Körnermais und Eiweißpflanzen den vorgegebenen
Interventionspreisen anglichen. Werde der Interventionspreis wie vorgeschlagen um
5 Prozent gesenkt, so müssten die heimischen Erzeuger bei einer Erntemenge von
insgesamt 2.270.000 Tonnen in Hessen Verluste von 13,5 Mio. Euro hinnehmen.

Durch den Wegfall der Roggenintervention bei einem sehr vorsichtig geschätzten
Erzeugerpreisrückgang von einem Euro wäre zudem ein Erlösrückgang für hessische
Betriebe von mindestens 1,2 Mio. Euro zu befürchten. Der Wegfall des Reports, der
monatlichen Erhöhungen für den Getreideinterventionspreis, würde außerdem mit 7,4
Mio. Euro Minus zu Buche schlagen. 'Rechnet man dabei die vorgeschlagene leichte
Erhöhung der Flächenbeihilfen mit knapp 6 Mio. Euro hinzu, ergibt sich einen
Einkommensverlust für die hessische Landwirtschaft von rund 16 Mio. Euro allein
durch die Marktpolitik. Pro Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche wären das 21
Euro,' so Bär.

'Bei der vorgesehenen Kappungsgrenze von 300.000 Euro sind die hessischen Betriebe
zwar so gut wie nicht betroffen. Dennoch lehnen wir die Systematik ab,' sagt Bär.

Bär zeigt sich außerdem überzeugt, dass der Einstieg in die Ost-Erweiterung der
Europäischen Union ohne Weiteres mit der bestehenden Agenda zu bewältigen ist. Die
Behauptung vor allem der Bundesregierung, dass die EU-Osterweiterung nur mit einer
vorgezogenen Reform der Agrarpolitik machbar sei, habe selbst der EU-Kommissar für
die Erweiterungsfragen, Günter Verheugen (SPD), beim Bauerntag in Nürnberg
verneint. 'Wenn Verheugen sagt, dass die Reform keine Vorbedingung für die
Erweiterung ist und beide Prozesse nicht miteinander verknüpft sind, kann ich ihm
nur zustimmen,' sagt Bär.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft,
Links zum Thema Verbände.

 


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