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@grar.de Aktuell - 11.07.2002

Höfken: Maßnahmen der EU-Agrarreform ökologisch und sozial ausgestalten


Berlin (agrar.de) - Zu den agrarpolitischen Auswirkungen der Agenda 2000 und der
Halbzeitbewertung der EU-Kommission erklärt die agrarpolitische Sprecherin Ulrike
Höfken von Bündnis90/Die Grünen:

'Die Vorschläge der EU-Kommission können helfen, die Anreize zur Überproduktion zu
beseitigen, gesellschaftliche Leistungen der Landwirtschaft zu honorieren, Geld
für die EU-Osterweiterung zur Verfügung zu stellen und WTO-Kompatibilität
herzustellen. Damit sind sie ein wichtiger Beitrag, die gesellschaftliche
Akzeptanz der gemeinsamen Agrarpolitik in Europa zu erhöhen und die
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen. Wir
setzen uns dafür ein, dass die konkreten Maßnahmen, die jetzt zu verhandeln sind,
ökologisch und sozial ausgestaltet werden und den ländlichen Räumen breit und
effizient Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen.

Zu den Vorschlägen im einzelnen:

Die Entkoppelung der Direktzahlungen an die Landwirte von der Produktion haben wir
seit langem gefordert. Jetzt ist der Weg frei, statt Überproduktion künftig
Qualität, Umwelt- und Tierschutzleistungen der Landwirtschaft zu unterstützen.
Eine Verknüpfung der Direktzahlungen mit Umwelt-, Tierschutz- und
Nahrungsmittelsicherheits-Standards ist hier der richtige Ansatz. Es muss dabei
sichergestellt werden, dass in erster Linie mit Anreizinstrumenten gearbeitet wird
und kein neuer Verwaltungsaufwand geschaffen wird.

Der sinnvolle Weg zur Umorientierung der Direktzahlungen ist ihre schrittweise
Reduzierung über einen überschaubaren Zeitraum, damit sich die Betriebe
strukturell darauf einstellen können. Dabei kann es nicht darum gehen, Geld
einseitig auf Kosten von 1.300 Betrieben in Ostdeutschland umzuwidmen. Wir setzen
uns dafür ein, dass künftige Zahlungen eindeutig an das Kriterium Arbeitsplätze
gebunden werden, damit die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen in der
Landwirtschaft und in ländlichen Räumen entsprechend honoriert wird.

Die Stärkung der Verordnung Ländliche Räume (sogenannte 2. Säule der Gemeinsamen
Agrarpolitik) ist das richtige Signal für eine ganzheitliche Entwicklung
ländlicher Regionen. Hier liegt eine große Chance für die Entwicklung
strukturschwacher Regionen sowohl in den bisherigen Mitgliedsstaaten als auch in
den Beitrittsländern. Wir plädieren dafür, dass das Förderspektrum in folgenden
Bereichen deutlich erweitert wird: neue Erwerbschancen durch erneuerbare Energien,
Umwelt-, Naturschutz, Landschaftspflege und Tourismus sowie Ausbildung und
Arbeitsplätze für junge Menschen und Frauen. Dann kann die Lebensqualität auf dem
Lande erhalten und verbessert werden und der Landflucht wirkungsvoll Einhalt
geboten werden.

Kritisch sehen wir die vorgesehene Senkung der Erzeugerpreise. Diese Maßnahme
folgt der alten Logik einer staatlich kontrollierten und finanzierten
Preissenkungs- und Ausgleichspolitik. Durch ungleichmäßige und unterschiedliche
Stützpreissenkungen kommt es zu einer ungerechten Verteilung der Lasten. In
Deutschland sind vor allem Betriebe betroffen, die Roggen und Stärkekartoffeln
anbauen. Der Milchmarkt wird erst ab 2006 neu geordnet. Bereits jetzt muss aber
sichergestellt werden, dass Grünlandbetriebe nicht benachteiligt werden.

Insgesamt verliert die Weltmarktorientierung der europäischen Agrarproduktion
durch das Preisdumping aus den USA und das Stärkerwerden des Euro noch weiter an
Perspektiven.

Sinnvoll ist daher eine stärkere Ausrichtung auf Qualitätsproduktion für den
EU-Binnenmarkt, auf regionale Verarbeitung und Vermarktung.

Dem Anteil der Markterlöse an den erzielten Erzeugerpreisen wird künftig eine
größere Bedeutung für die Einkommen der Bauern zukommen. Hier ist der Deutsche
Bauernverband gefordert, Fair-Trade-Abkommen zwischen Handel und Erzeugern zu
erzielen. Dafür bedarf es allerdings einer effektiveren Vertretung der
ökonomischen Interessen der Bauern. Der Deutsche Bauernverband, der auch in der
aktuellen Agrardebatte erneut nur rückwärtsgewandt alte Positionen verteidigt,
greift die Vertretung der Zukunftsinteressen der Bauern nicht angemessen auf.

Links zum Thema Agrarpolitik,
Links zum Thema EU und Landwirtschaft.

 


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