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@grar.de Aktuell - 10.07.2002

Halbzeitbewertung der EU-Agrarpolitik: 'Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft'


Brüssel (agrar.de) - Die Europäische Kommission hat heute eine
Halbzeitbewertung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union
vorgelegt. Sie vertritt darin die Auffassung, dass die öffentlichen Ausgaben für
den Agrarsektor besser gerechtfertigt werden müssen. Neben der Stützung der
landwirtschaftlichen Einkommen müssen diesen Leistungen Gegenleistungen
gegenüberstehen - in Form von sicheren Lebensmitteln, einer intakten Umwelt, der
Einhaltung von Tierschutzauflagen, der Landschaftspflege, der Erhaltung des
kulturellen Erbes oder in Form von mehr sozialer Ausgewogenheit und Gerechtigkeit.
Durch die Halbzeitbewertung wird die Agrarpolitik entbürokratisiert, gleichzeitig
werden die Landwirte animiert, die Produkte zu erzeugen, für die sie möglichst
hohe Erlöse am Markt erzielen, und nicht die, für die sie möglichst hohe
Subventionen erhalten. Für die europäischen Verbraucher und die Steuerzahler
bringt die Überprüfung mehr Wirtschaftlichkeit. Um diese Ziele zu erreichen,
schlägt die Kommission vor,

1) die Direktzahlungen von der Produktion zu entkoppeln,
2) diese Zahlungen an die Einhaltung von Standards in den Bereichen Umwelt,
Lebensmittelsicherheit, Tierschutz und Betriebssicherheit zu binden,
3) die EU-Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums durch die Modulation der
Direktzahlungen (von der nur die Kleinerzeuger ausgenommen sind) deutlich
aufzustocken,
4) ein System betriebsbezogener Audits einzuführen und
5) im Rahmen der Entwicklung des ländlichen Raums neue Maßnahmen vorzusehen, um
die Erzeugung von Qualitätslebensmitteln, die Lebensmittelsicherheit und den
Tierschutz fördern und die Kosten der betriebsbezogenen Audits decken zu können.

Für den Bereich der Marktpolitik, die eine wichtige Säule der GAP bleibt, schlägt
die Kommission vor,

1) den Prozess der Reformen im Getreidesektor abzuschließen, speziell durch eine
abschließende Senkung des Interventionspreises um 5 Prozent und eine Neuregelung
des Außenschutzes,
2) den spezifischen Zuschlag für Hartweizen abzusenken und eine Qualitätsprämie
einzuführen,
3) den Interventionspreis für Reis zu senken und dafür einen Ausgleich zu gewähren
und
4) die Regelungen für Trockenfutter, Eiweißpflanzen und Schalenfrüchte zu ändern.
Die Vorschläge entsprechen in vollem Umfang den in der Agenda 2000 für die GAP
vorgegebenen Zielen, der dort skizzierten Strategie und dem vereinbarten
Finanzrahmen.

'Wir können nicht erwarten, dass unsere ländlichen Gebiete prosperieren, dass
unsere Umwelt geschützt wird, dass die Nutztiere artgerecht gehalten werden und
dass die Landwirte und die Landwirtschaft wirtschaftlich überleben, wenn wir nicht
bereit sind, dafür auch zu zahlen.

Künftig erhalten die Landwirte nicht mehr Geld, wenn sie mehr produzieren, sondern
wenn sie auf das reagieren, was die Menschen wollen: sichere und hochwertige
Lebensmittel, mehr Tierschutz und eine intakte Umwelt. Das neue System garantiert
ihnen stabile Einkommen und befreit sie gleichzeitig aus der Zwangsjacke, ihre
Produktion nach den Subventionen auszurichten. Künftig können sie die Erzeugnisse
produzieren, für die sie die besten Marktchancen sehen, und müssen sich nicht
danach richten, wo es die höchsten Subventionen gibt. Außerdem wird es künftig für
die Landwirte und die nationalen Verwaltungen weniger Bürokratie und weniger
Papierkrieg geben. Unser Vorschlag bedeutet für die Landwirte, die Verbraucher und
die Steuerzahler gleichermaßen, dass ihren Leistungen eine Gegenleistung
gegenübersteht. Er erleichtert den Erweiterungsprozess und verbessert unsere
Ausgangsposition bei den Agrarverhandlungen in der WTO. Das neue System verzerrt
den internationalen Handel nicht, ganz im Gegenteil, es dürfte die Marktchancen
für die Entwicklungsländer verbessern,' sagte Franz Fischler, Kommissar für
Landwirtschaft, ländliche Entwicklung und Fischerei.

Die zehn Leistungen der Halbzeitbewertung

Ausbau der Stützung, um die Landwirte für ihre Leistungen in den Bereichen Umwelt,
Lebensmittelsicherheit und -qualität sowie Tierschutz angemessen honorieren zu
können;

- Bereitstellung von mehr Geld, damit die Landwirte die Produktion stärker an der
Marktnachfrage und den Verbraucherwünschen ausrichten können;

- Weitere Stützung und Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen;

- Weniger Bürokratie und weniger Verwaltungsaufwand, damit sich die Landwirte
wieder auf ihre eigentliche Arbeit konzentrieren können;

- Chancen, damit unsere Landwirte von den expandierenden Märkten profitieren
können;

- Konzentration auf die Produkte und Leistungen, die die Verbraucher wollen, ohne
künstliche Anreize, Dinge zu produzieren, die Niemand braucht;

- Verstärkung der Cross-compliance-Bestimmungen für die Erhaltung der
Kulturlandschaften mit weniger umweltschädlichen Produktionsanreizen und mehr
umweltfreundlichen Leistungen;

- Stärkere Unterstützung für traditionelle und naturnahe Bewirtschaftungssysteme;

- Übernahme einer führenden Rolle in den internationalen Agrarhandelsgesprächen
dank einer modernen Agrarpolitik, die für den internationalen Handel und die
Entwicklungsländer positiv ist.

Die Ziele der GAP und der Finanzrahmen bleiben ...

Die Kommission ist überzeugt, dass die EU-Landwirtschaft die Erwartungen der
europäischen Bürger nicht erfüllen kann, wenn wir die Unterstützung der
Landwirtschaft ganz abschaffen oder die Agrarpolitik renationalisieren. Sie ist
aber auch überzeugt, dass sich die EU-Landwirtschaft nicht auf die passive
Beobachtung von Entwicklungen beschränken darf, sondern dass wir eine aktive,
vorausschauende Politik betreiben müssen.

Die heutigen Vorschläge gehen auf das Mandat des Europäischen Rates von Berlin an
die Kommission zurück, eine Halbzeitbewertung (Midterm Review - MTR) der Agenda
2000 vorzulegen. Diese Bewertung wird in den weiteren Kontext der jüngsten Debatte
über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und ihre Zukunft gestellt.

Die Ziele der GAP sind die selben geblieben, die in Berlin beschlossen und dann
vom Europäischen Rat in Göteborg bestätigt wurden: Ein wettbewerbsfähiger
Agrarsektor, Produktionsmethoden, die umweltfreundlich produzierte
Qualitätserzeugnisse hervorbringen, wie sie die Gesellschaft will, die
Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung und stabiler Einkommen für die
Landwirte, eine Vielfalt von Bewirtschaftungssystemen, die Erhaltung und Pflege
des Kulturlandschaftbildes, die Unterstützung der ländlichen Bevölkerung, eine
Vereinfachung der Agrarpolitik und eine neue Kompetenzaufteilung zwischen
Kommission und Mitgliedstaaten und schließlich die Rechtfertigung der
Stützungszahlungen durch das Erbringen von Leistungen, die die Gesellschaft von
den Landwirten erwartet.

... Aber die Politikinstrumente ändern sich

Die Halbzeitbewertung reagiert auf die Bedenken der europäischen Bürger in Bezug
auf die Leistungsfähigkeit der GAP und versucht, eine Antwort auf die
grundsätzliche Frage zu geben, wie die EU-Landwirtschaft und die ländlichen
Gebiete am besten unterstützt werden können. Mit dem Ziel der Verbesserung der
Kohärenz zwischen den einzelnen Instrumenten der GAP schlägt die Kommission
weitreichende Änderungen vor, um Folgendes zu erreichen:

1. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Landwirtschaft durch den Einsatz der
Intervention als echtes Sicherheitsnetz, das den EU-Erzeugern erlaubt, auf
Marktsignale zu reagieren, sie aber gleichzeitig gegen extreme Preisfluktuationen
schützt. Hierzu werden u.a. folgende Marktmaßnahmen vorgeschlagen:

1.1. Kulturpflanzen

Im Getreidesektor sieht der Kommissionsvorschlag u.a. eine letzte Senkung des
Interventionspreises um 5 %, den Wegfall der monatlichen Zuschläge auf den
Getreideinterventionspreis, die Abschaffung der Intervention für Roggen und die
Anpassung des EU-Außenschutzen in Übereinstimmung mit den in0ternationalen Rechten
und Pflichten der EU vor.

Weitere Maßnahmen:

- Absenkung des spezifischen Zuschlags für Hartweizen und Einführung einer
Qualitätsprämie;

- Absenkung des Interventionspreises für Reis auf die Höhe des Weltmarktpreises
und Kompensation durch Direktzahlungen;

- Anpassungen der Regelungen für Trockenfutter und Eiweißpflanzen sowie Einführung
einer pauschalen Zahlung für Schalenfrüchte.

1.2. Rindfleisch

Im Rindfleischsektor wird das System der Direktzahlungen deutlich vereinfacht, um
die Erzeugung stärker an der Nachfrage nach hochwertigen und sicheren
Lebensmitteln auszurichten.

Außerdem werden vier Optionen für die künftige Unterstützung des Milchsektors zur
Diskussion gestellt.

2. Förderung einer marktorientierten, nachhaltigen Landwirtschaft durch den
Wechsel von der Produkt- zur Produzentenunterstützung und die Einführung eines
Systems produktionsentkoppelter betriebsbezogener Einkommenszahlungen, die auf der
Grundlage historischer Referenzbeträge berechnet werden und an die Einhaltung von
Cross-compliance-Bestimmungen in den Bereichen Umwelt, Tierschutz und
Lebensmittelqualität gebunden sind.

3. Stärkung der ländlichen Entwicklung durch Umschichtung von Mitteln von der
ersten auf die zweite Säule der GAP mit Hilfe der EU-weiten Einführung der
verpflichtenden dynamischen Modulation sowie Ausweitung der derzeitigen Maßnahmen
für die ländliche Entwicklung, um die Lebensmittelqualität zu fördern, höhere
Standards zu erreichen und den Tierschutz zu verbessern.

Weitere Informationen über die Halbzeitbewertung (der Vorschlag der Kommission,
die Präsentation von Kommissar Fischler, Hintergrundmaterial, usw.) können
im Internet abgerufen werden. Die Generaldirektion Landwirtschaft hat
einen neuen Gratisservice (in englischer Sprache) eingerichtet, den
'Agriculture News Digest'.

Die Vorschläge im einzelnen

Entkoppelung der Direktbeihilfen - Festsetzung einer betriebsbezogenen
Einkommenszahlung

Die Kommission schlägt die Einführung einer produktionsentkoppelten,
betriebsbezogenen Einkommenszahlung vor. In einer ersten Phase werden in diese
Zahlung, die sich auf die historischen Referenzbeträge unter Berücksichtigung der
vollständigen Umsetzung der Agenda 2000-Reform stützt, die Sektoren Ackerkulturen,
Rind- und Schaffleisch sowie Körnerleguminosen und Stärkekartoffeln einbezogen.
Danach kommen die angepassten Zahlungen für Reis, Hartweizen und Trockenfutter
hinzu. Weitere Sektoren könnten später folgen. Die betriebsbezogene
Einkommenszahlung wird an die Einhaltung von verpflichtenden Standards in den
Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit und Tierschutz gebunden (Cross
compliance).

Auch wenn die neue Regelung in dieser Phase nicht alle Sektoren abdecken wird,
haben die Landwirte, die die neue, entkoppelte betriebsbezogenen Einkommenszahlung
erhalten, die freie Entscheidung, auf ihrem Land alle Erzeugnisse zu produzieren,
und zwar einschließlich derjenigen, für die weiterhin produktbezogene Zahlungen
geleistet werden, es sei denn, diese Erzeugnisse wurden ausnahmsweise und
ausdrücklich ausgeschlossen. Natürlich gelten auch hier die Vorschriften der
produktbezogenen Marktstützungsregelung (z.B. Produktionsquoten, Pflanzrechte,
usw.). Die entkoppelte Einkommenszahlung wird betriebsbezogen berechnet. Der
Gesamtbetrag, auf den ein Betrieb Anspruch hat, wird in mehrere Teile
(Zahlungsansprüche) geteilt, um eine teilweise Übertragung der Zahlung zu
erleichtern, wenn nur ein Teil des betreffenden Betriebs verkauf oder verpachtet
wird.

Diese neue, betriebsbezogene Einkommenszahlung wird die Stützung der EU-Erzeuger
deutlich vereinfachen. Sie wird die Marktorientierung der Landwirtschaft insgesamt
verbessern und den Landwirten die Möglichkeit geben, in vollem Umfang von den
Marktchancen zu profitieren und die Erzeugnisse zu produzieren, die vom
Verbraucher nachgefragt werden. Darüber hinaus erhöht sich auch die
Transfereffizienz der Direktzahlungen als Einkommenshilfe beträchtlich, was zu
einer Verbesserung der Einkommenslage der Landwirte führen dürfte. Schließlich
wird die Entkoppelung auch die Einbeziehung der Umweltdimension erleichtern, weil
produktionsspezifische, potenziell umweltschädliche Anreize entfallen.

Verstärkung der Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit,
Tierschutz und Betriebssicherheit

Die entkoppelte betriebsbezogene Einkommenszahlung und die übrigen direkten
Zahlungen werden nur dann uneingeschränkt gewährt, wenn die Landwirte eine Reihe
obligatorischer Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit und
Tierschutz sowie bestimmte Vorschriften betreffend die Betriebssicherheit
einhalten. Bei diesen Cross-compliance-Bestimmungen geht es vor allem um die
Durchsetzung der guten landwirtschaftlichen Praxis, für die umfassende
obligatorische Standards definiert werden. Auch wenn die
Cross-compliance-Bestimmungen regionalen Unterschieden Rechnung tragen müssen,
sind zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen einheitliche Voraussetzungen für
alle Landwirte erforderlich, was durch grundlegende Durchführungskriterien
gewährleistet wird. Die Mitgliedstaaten müssen auf der Grundlage eines
Gemeinschaftsrahmens, der diese grundlegenden Durchführungskriterien enthält,
Standards definieren und durchsetzen. Die Kommission wird in den nächsten Monaten
mit der Arbeit an einem solchen Rahmen beginnen.

Die Cross-compliance-Bestimmungen werden für den gesamten Betrieb gelten, mit
Vorschriften sowohl für die genutzten als auch für die nicht genutzten
landwirtschaftlichen Flächen. Für die nicht genutzten Flächen bedeutet Cross
compliance die Einhaltung verpflichtender Pflegevorschriften und die
Verpflichtung, das Land in einem guten landwirtschaftlichem Zustand zu erhalten.
Der gesamtbetriebliche Ansatz ergibt sich direkt aus der Logik der Entkoppelung
und unterstreicht das Hauptziel der Cross compliance: die Unterstützung der
Implementierung der Rechtsvorschriften in den Bereichen Umwelt, Tierschutz und
Lebensmittelsicherheit. Bei Nichteinhaltung der Cross-compliance-Bestimmungen
sollten die Direktzahlungen gekürzt werden, wobei in Bezug auf das Risiko oder den
Schaden der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss.

Ein neues System betriebsbezogener Audits

Um den Erwartungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft zu entsprechen und den
Landwirten zu helfen, die Standards einer modernen, dem Qualitätsaspekt Vorrang
einräumenden Landwirtschaft zu erfüllen, hält die Kommission es für notwendig, ein
gemeinschaftsweites System für die Audits von Haupterwerbsbetrieben aufzubauen und
zu fördern, das von den Mitgliedstaaten ausgehend von der wirtschaftlichen
Kapazität der Betriebe definiert wird. Diese Audits helfen den Landwirten, sich
über die Materialflüsse und die innerbetrieblichen Prozesse klar zu werden, die
für die Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz und
Betriebssicherheit relevant sind. Viele Landwirte und landwirtschaftliche
Organisationen akzeptieren, dass die Transparenz in Bezug auf die
innerbetrieblichen Prozesse verbessert und die Landwirte stärker für diese Fragen
sensibilisiert werden müssen.

Die Unterstützung für die Audits wird im Rahmen der Maßnahmen zur Förderung der
ländlichen Entwicklung gewährt. Ihre Einführung für alle Haupterwerbsbetriebe ist
ein allgemeines Ziel. Als ersten Schritt schlägt die Kommission vor,
betriebsbezogene Audits als Teil der Cross-compliance-Bestimmungen für Erzeuger
obligatorisch zu machen, die Direktzahlungen in Höhe von mindestens 5.000 EUR
jährlich erhalten.

Ökologische Flächenstilllegungen

Um den Nutzen der Flächenstilllegung als Instrument der Angebotskontrolle zu
erhalten und gleichzeitig ihren Umweltnutzen im Rahmen der neuen
produktionsentkoppelten Stützungsregelung zu verstärken, schlägt die Kommission
die Einführung einer obligatorischen langfristigen Flächenstilllegung (10 Jahre)
vor. Die Landwirte würden nur dann Direktzahlungen erhalten, wenn sie sich
verpflichten, eine landwirtschaftlich genutzte Fläche, die der derzeit
obligatorisch stillgelegten Fläche ihres Betriebs entspricht, langfristig und
dauerhaft stillzulegen.

Förderung des Anbaus von Energiepflanzen - der CO2-Kredit

Nach den Kommissionsvorschlägen soll die derzeitige Flächenstilllegungsregelung
durch eine langfristige ökologische Flächenstilllegung ersetzt werden. Derzeit
erfolgt die Förderung der Produktion von Energiepflanzen durch die Möglichkeit des
Anbaus von Industriepflanzen auf der stillgelegten Fläche. Energiepflanzen machen
den größten Teil der Non-food-Erzeugung auf stillgelegten Flächen aus. Ihre
Bedeutung wird noch zunehmen, wenn, wie in einer aktuellen Mitteilung der
Kommission vorgesehen, die Beimischung von Biokraftstoff obligatorisch wird. Die
neue Stilllegungsregelung bietet aber keine Möglichkeit mehr, die Erzeugung von
Energiepflanzen zu fördern. Die Kommission schlägt daher vor, die derzeitigen
Vorschriften für den Anbau von Non-Food-Pflanzen durch einen CO2-Kredit zu
ersetzen, eine nicht kulturspezifische Beihilfe für Energiepflanzen, die mit dem
Ziel einer CO2-Substitution gewährt würde. Eine solche Beihilfe würde die
Investitions- und Starthilfen im Rahmen der zweiten Säule ergänzen.

Die Beihilfe für Energiepflanzen wird sich bei einer garantierten Höchstfläche von
1,5 Mio. ha auf 45 EUR/ha belaufen und würde Erzeugern gezahlt, die einen Vertrag
mit einem Verarbeitungsbetrieb schließen. Bei der Aufteilung der garantierten
Höchstfläche zwischen den Mitgliedstaaten werden die historische
Energiepflanzenerzeugung auf stillgelegten Flächen und die
Lastenteilungsvereinbarungen in Bezug auf CO2 berücksichtigt. Die Regelung wird
fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten überprüft, wobei die Implementierung der
Biokraftstoff-Initiative der EU berücksichtigt wird.

Besseres Gleichgewicht bei der Förderung der nachhaltigen Landwirtschaft und der
nachhaltigen ländlichen Entwicklung ...

Ein besseres Gleichgewicht zwischen den Stützungsmaßnahmen im Bereich der
Marktpolitik und der Förderung des ländlichen Raums wird sowohl die Akzeptanz der
Gemeinsamen Agrarpolitik in der Gesellschaft als auch die Möglichkeit einer
Berücksichtigung der Verbraucherwünsche sowie der Belange in den Bereichen Umwelt
und Tierschutz im Rahmen der zweiten Säule verbessern. Außerdem könnte der
Übergang zu den produktionsentkoppelten Direktzahlungen zwar einerseits die
agrarpolitischen Anreize für eine umweltschädliche Erzeugung verringern, er könnte
aber andererseits auch den Druck zur Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit in
einigen marginalen Gebieten erhöhen. Die Bedeutung von Instrumenten, mit denen
EU-weit eine nachhaltige Landwirtschaft gefördert werden kann, also der
Agrarumweltmaßnahmen, der Zahlungen für die benachteiligten Gebiete sowie anderer
Maßnahmen im Rahmen der zweiten Säule, wird deshalb künftig beträchtlich zunehmen.

... durch die Einführung der dynamischen Modulation ...

Um ein besseres Gleichgewicht zwischen den einzelnen Politikinstrumenten mit dem
Ziel der weiteren Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und einer
nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums zu erreichen, schlägt die Kommission
die Einführung eines Systems der dynamischen Modulation vor, das für alle
Mitgliedstaaten obligatorisch wäre. Dabei würden alle Direktzahlungen in
arithmetischen Schritten um jeweils 3 Prozent pro Jahr gekürzt, wobei Endziel eine
Kürzung um 20 Prozent ist, dem in der Agenda 2000 vorgesehenen Höchstsatz.

Es wird vorgeschlagen, einen Freibetrag abhängig von der Zahl der Arbeitskräfte
des Betriebs vorzusehen, wobei sich der Freibetrag für bis zu zwei (vollzeitlich
beschäftigte) Jahresarbeitseinheiten (JAE) auf 5.000 EUR belaufen wird. Damit ist
gewährleistet, dass die Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe nicht der
Modulation unterliegt. Für jede zusätzliche JAE könnten die Mitgliedstaaten auf
freiwilliger Basis einen zusätzlichen Betrag von 3.000 EUR gewähren. Auch wenn ein
solcher Freibetrag rund drei Viertel aller landwirtschaftlichen Betriebe in Europa
vollständig von der Modulation freistellen würde, würden sie insgesamt weniger als
ein Fünftel der Direktzahlungen an die Landwirte ausmachen.

Nach Anwendung des Freibetrags und der Modulation wird sich der Höchstbetrag, der
je Betrieb gezahlt werden kann, auf 300.000 EUR belaufen. Direktzahlungen über
diesen Betrag (und den Freibetrag) hinaus werden gedeckelt und stehen in dem
betreffenden Mitgliedstaat für eine Übertragung in die zweite Säule zur Verfügung.

Die durch die Modulation jährlich eingesparten Beträge werden auf der Grundlage
der landwirtschaftlichen Fläche, der landwirtschaftlichen Beschäftigung und eines
Wohlstandskriteriums auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt und sollen gezielt für die
Lösung spezifischer Problemen im ländlichen Raum eingesetzt werden. Ein solcher
Schlüssel entspricht der wichtigen Rolle der Landwirtschaft bei der Landnutzung
und der Bewirtschaftung der Flächen in den ländlichen Gebieten. Dies wird eine
gewisse Umverteilung von Ländern mit intensiver Getreide- und Tierproduktion zu
ärmeren, extensiver produzierenden Ländern bzw. Ländern mit Berggebieten
ermöglichen und positive Auswirkungen auf die Umwelt und den wirtschaftlichen
Zusammenhalt haben. Die Einsparungen durch die Deckelung werden entsprechend den
in den einzelnen Mitgliedstaaten anfallenden Beträgen zugeteilt.

Ersten Schätzungen zufolge werden sich die Mittel, die durch die dynamische
Modulation aus dem EAGFL-Garantie zusätzlich für die ländliche Entwicklung zur
Verfügung gestellt werden können, 2005 auf rund 500 bis 600 Mio. EUR belaufen und
dann jährlich bei jeder Erhöhung der dynamischen Modulation um 3 Prozent
entsprechend steigen.

... und neuer Maßnahmen zur Förderung der Umwelt, des Tierschutzes, der
Lebensmittelqualität und der Lebensmittelsicherheit

Zur Zeit gibt es vier Begleitmaßnahmen, die Agrarumweltmaßnahmen, die Maßnahmen
für die benachteiligten Gebiete, die Maßnahmen zur Aufforstung
landwirtschaftlicher Flächen und eine Vorruhestandsregelung. Die Kommission
schlägt vor, neue Maßnahmen einzuführen, um auf die Erwartungen in Bezug auf die
Sicherheit und Qualität der Lebensmittel zu reagieren, den Landwirten bei der
Einführung höherer Standards zu helfen sowie Maßnahmen des Tierschutzes zu
fördern.

Als erster Schritt wird ein neues Kapitel über die Lebensmittelqualität in die
Verordnung Ländlicher Raum eingefügt. Danach sollen die Landwirte Anreize
erhalten, um sich an Qualitätssicherungs- und Zertifizierungsregelungen zu
beteiligen, in die auch die geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen
sowie der ökologische Landbau einbezogen werden. Die Erzeugervereinigungen
erhalten Zuschüsse für die Durchführung entsprechender Absatzförderungsmaßnahmen.

Die Kommission schlägt die Einfügung eines Kapitels 'Einhaltung der Standards'
vor, um den Landwirten bei der Übernahme der auf Basis des EU-Rechts in den
Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit und Tierschutz konzipierten hohen
Standards sowie bei der Implementierung der betriebsbezogenen Audits zu helfen.

Außerdem schlägt die Kommission vor, im Kapitel Agrarumweltmaßnahmen die
Möglichkeit vorzusehen, entsprechend dem Vorgehen im Rahmen der
Agrarumweltregelungen den Landwirten Zahlungen für Anstrengungen im Bereich des
Tierschutzes zu gewähren, soweit diese über einen verpflichtenden Referenzstandard
hinausgehen. Zusätzlich wird vorgeschlagen, den Kofinanzierungssatz für diese
Maßnahmen um weitere zehn Prozentpunkte auf 85 Prozent in den Ziel-1-Regionen und
auf 60 Prozent in den anderen Gebieten anzuheben.

Getreide

Für die EU als einem der wichtigsten Ausführer von Getreide weltweit ist wichtig,
dass die Preise auf dem Binnenmarkt so nahe wie möglich an den Weltmarktpreisen
liegen. Dies ist erforderlich, um die Marktsignale an die EU-Erzeuger weiter zu
geben und Ausfuhren ohne Ausfuhrerstattungen zu ermöglichen. Die Kommission ist
deshalb auch weiterhin der Auffassung, dass die Intervention auf die Funktion
eines echten Sicherheitsnetzes zurückgeführt werden muss, das nur selten in
Anspruch genommen wird, wenn ab 2004/05 die letzte Senkung des
Interventionspreises um 5 Prozent, d.h. von 101,31 EUR auf 95,35 EUR, erfolgt.
Diese Senkung wird wie in der Agenda 2000 vorgesehen ausgeglichen. Zusätzlich
schlägt die Kommission vor, die monatlichen Zuschläge abzuschaffen. Dies würde die
Marktverwaltung deutlich vereinfachen und die Reaktionsfähigkeit des Marktes im
Jahresverlauf verbessern. Die Marktentwicklungen haben in den letzten Jahren zu
Problemen bei der praktischen Umsetzung der Regelung geführt. Die Kommission
beabsichtigt deshalb, in diesem Kontext über eine Änderung und Vereinfachung des
EU-Außenschutzes für Getreide und Reis zu verhandeln, der unter den derzeitigen
Umständen nur unbefriedigend funktioniert und seine Aufgabe nicht erfüllt.

Roggen

Wenn nichts geschieht, wird das ausgeprägte Missverhältnis zwischen Angebot und
Nachfrage auf diesem Markt zu einem dramatischen Anstieg der Lagerbestände führen,
für die es auf dem Weltmarkt nur sehr begrenzte Absatzmöglichkeiten gibt. Da auch
die Ausfuhrmöglichkeiten begrenzt sind, schlägt die Kommission vor, die
Intervention von Roggen aufzugeben, ein Schritt, der zusammen mit der 5
prozentigen Senkung des Interventionspreises für Getreide die Märkte für
Grobgetreide im Gleichgewicht halten würde. Obwohl kurzfristig ein Rückgang der
Preise für Roggen erwartet wird, dürften die mittelfristigen Aussichten für
Getreide auf dem Binnen- und den Drittlandsmärkten auch zu einer Verbesserung des
Gleichgewichts auf dem Roggenmarkt führen.

Hartweizen

Für Hartweizen war nach Auffassung des Rechnungshofs die Höhe des spezifischen
Zuschlags aus wirtschaftlichen Gründen nicht zu rechtfertigen und hat zu einer
Überkompensation der Erzeuger geführt. Diese Analyse wurde in einer Studie
unabhängiger Sachverständiger bestätigt, in der auch auf eine Reihe von
Qualitätsproblemen hingewiesen wurde. Die Kommission schlägt daher vor, den
derzeitigen spezifischen Zuschlag in den traditionellen Anbaugebieten auf 250
EUR/ha abzusenken und die Sonderbeihilfe in den Gebieten, in denen der
Hartweizenanbau üblich ist, ganz abzuschaffen. Diese Änderungen werden über einen
Dreijahreszeitraum eingeführt. Zur Förderung der Qualität wird außerdem die
Einführung einer besonderen Prämie vorgeschlagen. Sie soll je Tonne Hartweizen
gezahlt werden, die im Rahmen eines Vertrags, der entsprechende Qualitätskriterien
vorsieht, an die Verarbeitungsindustrie geliefert wird. Hierzu würden auf EU-Ebene
Mindestanforderungen festgesetzt. Diese Qualitätsprämie in Höhe von 15 EUR/t würde
allen Erzeugern in der gesamten EU gewährt, die die Qualitätskriterien erfüllen.
Insgesamt gewährleisten diese Maßnahmen eine gewisses Balance zwischen den
Stützungsmaßnahmen für die Hartweizenerzeuger in den verschiedenen Anbaugebieten.

Ölsaaten

Die Analysen deuten darauf hin, dass es in der vorhersehbaren Zukunft zu keiner
erheblichen Verschlechterung des Produktionspotenzials in der EU kommen wird.
Günstig wird sich in diesem Zusammenhang auch die vorgeschlagene Senkung der
Interventionspreise für Getreide auswirken. Daher sind keine spezifischen
Maßnahmen geplant.

Reis

Um die Reismärkte angesichts der langfristigen Perspektiven und der Umsetzung der
Initiative 'Alles außer Waffen' zu stabilisieren, schlägt die Kommission die
Absenkung des Interventionspreises um 50 Prozent in einem Schritt auf einen
Grundpreis von 150 EUR/t ab 2004/05 vor. Außerdem wird eine private
Lagerhaltungsregelung eingeführt, die ausgelöst wird, wenn der Marktpreis unter
den Grundpreis fällt. Die Sicherheitsnetzintervention wird bei 120 EUR/t
ausgelöst. Die globale Preissenkung wird zu 88 Prozent ausgeglichen, was dem
Gesamtausgleich bei Getreide im Rahmen der Reform von 1992 und der Agenda
2000-Reform entspricht. Damit ergibt sich ein Ausgleich in Höhe von 177 EUR/t, in
dem die bestehende Zahlung von 52 EUR/t enthalten ist. Davon würde ein Betrag von
102 EUR/t, multipliziert mit dem bei der Reform von 1995 festgesetzten
Referenzertrag, als betriebsbezogene Einkommenszahlung gewährt. Die restlichen 75
EUR/t, multipliziert mit dem bei der Reform von 1995 festgesetzten Referenzertrag,
würden als kulturspezifische Beihilfe gezahlt, die der Rolle der Reiserzeugung in
den traditionellen Feuchtgebieten Rechnung trägt.

Trockenfutter

Die Trockenfutterregelung ist vielfach scharf kritisiert worden, u.a. vom
Rechnungshof in seinem Sonderbericht über 'Die Ökologisierung der GAP'. Auch wenn
Trockenfutter ein natürliches Erzeugnis mit hohem Futterwert und eine Quelle von
pflanzlichem Eiweiß ist, geben die Art seiner Erzeugung, der hohe Energieverbrauch
für die künstliche Trocknung und der Einsatz der Bewässerung in einigen
Mitgliedstaaten Anlass zu Besorgnis und Kritik.

Die Kommission schlägt deshalb vor, die derzeitigen Regelungen durch
Einkommenszahlungen an die Landwirte zu ersetzen und hierfür einen Betrag in Höhe
von insgesamt 160 Mio. EUR bereit zu stellen. Dieser Gesamtbetrag wird anteilmäßig
zu den nationalen Garantiemengen für künstlich und für natürlich getrocknetes
Trockenfutter auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt.

Die einzelbetrieblichen Ansprüche werden ausgehend von den Mengen berechnet, die
der betreffende Erzeuger in einem historischen Referenzzeitraum an die
Verarbeitungsindustrie geliefert hat. Um der Verarbeitungsindustrie den Übergang
auf diese Regelung zu erleichtern, wird eine vereinfachte Stützungsregelung für
künstlich und für natürlich getrocknetes Trockenfutter mit einer auf 33 EUR/t
verringerten Zahlung beibehalten, wobei die einzelnen nationalen Garantiemengen
zusammengefasst werden.

Rindfleisch

In der Stützungsregelung für den Rindfleischsektor gibt es immer noch
Politikinstrumente, die den Anreiz für intensive Produktionssysteme weniger stark
reduziert haben als gewünscht. Die Kommission schlägt deshalb vor, die
tierbezogenen Zahlungen von der Produktion zu entkoppeln und sie durch eine
einzige betriebsbezogene Einkommenszahlung auf der Grundlage der historischen
Prämienansprüche zu ersetzen. Zusammen mit wirkungsvollen
Cross-compliance-Bestimmungen sollte dies die Anreize für eine intensive
Produktion verringern und zu einem besseren Marktgleichgewicht beitragen.

Die Kommission beabsichtigt außerdem, die Bedingungen, unter denen
Ausfuhrsubventionen für Lebendvieh gewährt werden können, strikter zu fassen und
die Kontrollen entsprechend zu verschärfen.

Schalenfrüchte

In Anbetracht der wichtigen Rolle, die die traditionelle Schalenfruchterzeugung
für den Schutz und die Erhaltung des ökologischen, sozialen und territorialen
Gleichgewichts in einer Reihe von Regionen spielt, empfiehlt die Kommission die
Beibehaltung und Vereinfachung der Stützungsregelungen für diesen Sektor. Sie
schlägt hierzu vor, die bestehenden Regelungen durch eine pauschale Zahlung in
Höhe von 100 EUR/ha jährlich zu ersetzen. Die Mitgliedstaaten können diesen Betrag
auf höchstens 109 EUR/ha jährlich aufstocken. Die garantierte Höchstfläche wird
800 000 ha betragen.

Links zum Thema EU und Landwirtschaft.

 


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