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@grar.de Aktuell - 10.07.2002

Mid-term-review: Backhaus kündigt Widerstand gegen Kommissionsvorschläge an


Schwerin (agrar.de) - Als unausgewogen und ungerecht bezeichnete
Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Backhaus die heutigen
Vorschläge der EU-Kommission zur Fortführung der Agenda 2000 bis zum Jahre 2006.

Agrarkommissar Dr. Fischler hat heute im Rahmen seiner Halbzeitbilanz verkündet,
dass zukünftig erhebliche Einschnitte bei den Direktbeihilfen im Kulturpflanzen-
und Tierbereich sowie im Rahmen der Intervention auf die Landwirte zukommen.

Für die Landwirte in Mecklenburg-Vorpommern sind dabei folgende Maßnahmen am
schwerwiegendsten:

- Kappung der Direktzahlungen ab 300.000 Euro pro Betrieb und Jahr
- Kürzung der Direktzahlungen um jährlich 3 Prozent im Rahmen der sogen.
'Modulation'
- Abschaffung der Roggenintervention

Nach Auffassung von Landwirtschaftsminister Dr. Backhaus zählen sie gemeinsam mit
den Berufskollegen in den anderen neuen Ländern zu den Hauptbetroffenen des
jetzigen Kurswechsels in der Agrarpolitik. Allein in Mecklenburg-Vorpommern
summieren sich nach ersten Schätzungen die Einkommensverluste der Landwirte auf
über 150 Millionen Euro je Jahr.

'Neben den unmittelbaren finanziellen Folgen droht unserer Landwirtschaft vor
allem ein nicht wieder gut zu machender struktureller Schaden, der mit einem
erneuten Abbau von Arbeitskräften einhergehen wird. Daran werden auch die
geplanten Freigrenzen je Arbeitskraft nichts ändern', sagte
Landwirtschaftsminister Dr. Backhaus.

Die Abschneidegrenze von 300.000 Euro wird dazu führen, dass Betriebe über 1000 ha
in ihrer bisherigen Form große Schwierigkeiten haben werden, weiter im Wettbewerb
mithalten zu können.

Minister Dr. Backhaus: 'Die Chance der modern strukturierten, ostdeutschen
Landwirtschaft verkehrt sich damit für diese Betriebe zum Fluch. Eine solche
Agrarpolitik orientiert sich nicht mehr an der Leistungs- und
Wettbewerbsfähigkeit, sondern einzig und allein an der Umverteilung von
Finanzströmen der EU. Zu diesem Zweck werden diejenigen Unternehmen an den Pranger
gestellt, die am ehesten in der Lage sind, zugleich umwelt- und tiergerecht sowie
unter Weltmarktbedingungen zu produzieren und dabei auch eine soziale
Verantwortung für ländliche Entwicklung wahrnehmen. Herr Fischler verkennt in
fataler Weise die Realitäten der ostdeutsche Landwirtschaft, wenn er eine moderne,
zukunftsfähige Landwirtschaft schlicht als 'industriemäßig' abqualifiziert oder
sie gar als 'kommunistisch' diffamiert. Tatsächlich gehört der größte Betrieb in
unserem Land einem Bayern und dieser ist weit ab davon, ein Kommunist zu sein.

Herr Fischler straft gleichzeitig seine eigene Förderpolitik der letzten Jahre
Lügen, auf die sich die hiesigen Mehrfamilienbetriebe mit ihren Betriebskonzepten
langfristig eingestellt und der sie vertraut haben. Die ostdeutsche Landwirtschaft
hat im Zuge der Deutschen Einheit ihren Beitrag zum Eintritt in den europäischen
Binnenmarkt mit der damals stattgefundenen Kürzung von Quoten und Lieferrechten
bereits entrichtet. Im Ergebnis dessen ist Mecklenburg-Vorpommern seitdem z.B. die
tierärmste Region Europas. 'Unsere Landwirtschaft jetzt schon wieder schröpfen zu
wollen, ist willkürlich, sachlich falsch und ökonomisch unsinnig. Gerade die
eigentlich vernünftige Idee, mit einer einheitlichen Betriebsprämie künftig die
Leistungen abzugelten, die die Landwirte für Umwelt und Kulturlandschaft
erbringen, offenbart die Unzulänglichkeiten der Kommissionsvorschläge. Wieso, so
frage ich, sollte der Gesellschaft ein Hektar Kulturlandschaftspflege in einem
kleinen Betrieb wertvoller sein, als in einem Betrieb, der z.B. 1500 Hektar
bewirtschaftet?', so der Agrarminister.

Minister Dr. Backhaus kündigte an, dass er sich mit großer Energie dafür einsetzen
werde, die Verwirklichung der Vorschläge in dieser Form zu verhindern. Die
Einführung der Kappungsgrenze könne von Mecklenburg-Vorpommern unter keinen
Umständen hingenommen werden. Die Vorschläge der EU-Kommission zur Modulation
könnten nur akzeptiert werden, wenn diese in geringerem Umfang durchgeführt werden
und zudem die Gelder in den Regionen verbleiben, in denen sie im Rahmen der
Modulation abgeschöpft worden sind. Die Abschaffung der Roggenintervention treffe
die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der zahlreichen schwachen
Böden besonders hart. Es müsse daher ein angemessener Einkommens- und
Produktionsausgleich für die betroffenen Landwirte geschaffen oder verstärkt in
den Bereich der energetischen Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen investiert
werden.

Gemeinsam mit den anderen Amtskollegen aus den neuen Bundesländern werde er sich
gegen die einseitige Lastenverteilung in Brüssel zur Wehr setzen. 'Wir sind
keineswegs grundsätzlich gegen weitere Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik, aber
im Moment habe ich den Eindruck, dass Herr Fischler die ostdeutsche Landwirtschaft
zum Pappkameraden aufbaut, um überall anders in Deutschland und Europa Mehrheiten
für sein Konzept zu finden. Dagegen gilt es, über Parteigrenzen hinweg Front zu
machen', so der Minister.

Zu diesem Zweck findet bereits im nächsten Monat eine Agrarministerbesprechung der
neuen Bundesländer in Wismar statt.

Links zum Thema Agrarpolitik,
Links zum Thema EU und Landwirtschaft.

 


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