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@grar.de Aktuell - 04.07.2002

Mit Getreide heizen?

Technisch kein Problem, ökonomisch sehr interessant - aber ethische Bedenken


Hannover (agrar.de) - Angesichts schlechter Erlöserwartungen für die kommende
Getreideernte denken die Bauern verstärkt über andere Verwertungsmöglichkeiten der
Feldfrüchte nach. Dabei rückt nach Angaben des niedersächsischen
Landvolkverbandes
eine zunächst äußerst ungewöhnlich erscheinende Variante
immer mehr in den Vordergrund: das Heizen mit Getreide. Immerhin liegt der
Getreidepreis schon seit 1999 unter seinem Wert als Brennstoff, und für die
anstehende Ernte lassen Ankündigungen des Handels eine weitere Preissenkung um 15
Prozent befürchten, während die Preise für Öl und Gas langfristig weiter steigen
werden. Theoretisch würden ungefähr 2,5 kg Getreide benötigt, um einen Liter
Heizöl zu ersetzen. Ein Hektar Getreide entspräche etwa 3000 Litern Heizöl, und
schon bei einem Getreidepreis von zehn Euro je 100 kg - dieser Wert wird
voraussichtlich demnächst deutlich unterschritten - dürfte Heizöl nicht teurer
sein als 24 Cent pro Liter, um mit Getreide ökonomisch gleichzuziehen.

Auch technisch hat die Verfeuerung von Getreide ihren Reiz. Getreide besitzt eine
verhältnismäßig hohe Energiedichte und lässt sich als homogenes Material mit guter
Fließfähigkeit problemlos lagern sowie mechanisch fördern und dosieren, eignet
sich deshalb hervorragend für automatische Feuerungsanlagen. Besonders gut
geeignet erscheinen nach derzeitigem Kenntnisstand Anlagen, die für die
Verbrennung von Holzpellets entwickelt wurden. Gleichwohl gibt es einige Probleme,
die von der Technik noch zu lösen sind. So fällt erheblich mehr Asche an als bei
der Verfeuerung von Holz. Auch wird von stärkerer Schlackenbildung und Korrosion
der Kessel berichtet. Schließlich gilt es, die Staub- und Stickoxidemissionen in
den Griff zu bekommen. Überdies bewegt sich die Verbrennung von Getreide in
Deutschland zurzeit noch in einer rechtlichen Grauzone und ist in Kleinanlagen
unter 15 kW nicht zulässig.

Größte Barriere für das Heizen mit Getreide sind allerdings ethische Bedenken.
Darf man ein Lebensmittel verbrennen, wenn so viele Menschen auf der Erde hungern?
Dann allerdings wäre auch der Anbau von Raps auf Stilllegungsflächen für die
Biodiesel-Erzeugung, ja sogar der Zierpflanzenanbau ebenso verwerflich, denn auch
diese Flächen könnten zur Nahrungsproduktion verwendet werden. Fachleute warnen
jedoch immer wieder davor, Getreide in die dritte Welt zu liefern, weil damit dort
die Märkte zerstört würden. Hier zu Lande ist Getreide andererseits im Überschuss
vorhanden. In die Verbrennung gelangt zunächst ohnehin nur Abfallgetreide, das für
die menschliche Ernährung nicht geeignet ist. Durch zunehmende Qualitätsansprüche,
etwa den Ausschluss von Fusarien (eine Getreide befallende Pilzart) belasteten
Partien, dürften diese als Abfall deklarierten Mengen zunehmen, die aber künftig
auch nicht mehr deponiert werden dürfen und ohnehin in die Müllverbrennung gingen.
Und schließlich gibt es neben dem Bedürfnis für Nahrung auch ein Bedürfnis für
Wärme, das die Menschheit bisher durch das Verbrennen fossiler Stoffe wie Öl, Gas
und Kohle auf Kosten ihrer Nachkommen und der Umwelt gedeckt hat!

Lesen Sie auch:
Korn-Energie statt Kernenergie! [14.05.2002]
Werbeverbot für Getreideheizung? [06.08.2001]
Energie/Preise: Heizen mit Weizen? [19.09.2000]

Links zum Thema Energie.

 


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