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@grar.de Aktuell - 30.05.2002

Nitrofen: Sabotage nicht ausgeschlossen


Bad Dürkheim (agrar.de) - Im Öko-Lebensmittelskandal schließt die Stiftung
Ökologie und Landbau (SÖL auch Sabotage als Ursache nicht aus. Grund sei
die 'unwahrscheinlich hohe Konzentration', in der das Pflanzenschutzmittel in
Öko-Tierfutter entdeckt worden sei, sagte Uli Zerger, geschäftsführendes
Vorstandsmitglied der Stiftung.

Auch nach Ansicht des Jenaer Lebensmittelchemikers Prof. Bernd Luckas deutet der
Skandal auf einen kriminellen Hintergrund. 'Nitrofen kann nur nach der Ernte in
den Öko-Weizen gekommen sein', sagte er dem ZDF. Ob das Nitrofen
versehentlich oder gezielt in den Weizen gelangt sei, um eine Branche oder
Erzeugerkette zu schädigen, müsse dringend geklärt werden. 'Der Bio-Skandal deutet
aber auf einen kriminellen Hintergrund hin'.

Er gehe davon aus, dass das Getreide von jemanden kontaminiert wurde, der bestens
über Verarbeitung und Kontrollmechanismen Bescheid wisse. Nitrofen gilt als
krebserzeugend. Die Höhe des ihm bekannten nachgewiesenen Nitrofen-Wertes in der
Futtergetreide-Partie von 5,6 Milligramm pro Kilogramm könne nicht über den Boden
erreicht werden, sagte Luckas. Biologen und Chemiker schlossen ebenfalls
weitgehend aus, dass es sich bei dem aufgetretenen Nitrofen um Boden-Altlasten der
DDR-Landwirtschaft handeln könnte. Der Stoff werde durch Lichteinfall und das
Pflügen von Böden zerstört, sagte ein Sprecher der Biologischen Bundesanstalt
(BBA).

Nach Angaben des Industrieverbandes Agrar, in dem die deutschen
Hersteller von Pflanzenschutzmitteln organisiert sind, ist Nitrofen nur noch in
der Bundesrepublik Jugoslawien zugelassen. Von dort aber werde kein Getreide nach
Deutschland importiert, sagte der Geschäftsführer des Vereins der
Getreidehändler der Hamburger Börse
, Christof Buchholz, der 'Berliner
Zeitung
'. In Tschechien und Ungarn, woher ein großer Teil des importierten
Bio-Getreides stamme, sei Nitrofen dagegen absolut verboten, so Buchholz. Zudem
habe man mit den osteuropäischen Lieferanten sehr gute Erfahrungen gemacht. Sie
seien stark auf die Getreideexporte angewiesen und hätten deswegen kein Interesse
daran, westeuropäische Standards zu unterlaufen.

Nitrofen-positive Eier und Fleischproben

In Mecklenburg-Vorpommern sind Eier und Fleischproben positive auf Nitrofen
getestet worden. Von insgesamt 21 Proben seien sechs getestet worden, alle sechs
seien mit bis zum 18-fachen des Grenzwertes für Nitrofen belastet gewesen, sagte
Agrarminister Till Backhaus heute in Schwerin. Zwei Betriebe seien betroffen.
Mehrere zehntausend Legehennen würden nun getötet, sagte Backhaus.

Nach Recherchen des niedersächsischen Ministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
haben nicht nur Geflügel- und Eier-Erzeuger, sondern
auch Fleisch und Milch herstellende Ökobetriebe belastetes Futter erhalten.
(unsere Meldung) Anhaltspunkte, dass konventionelle Betriebe betroffen
sind, gebe es bislang nicht, erklärte das Ministerium.

Die Lebensmittelunternehmen Karstadt, Edeka, Metro, Tengelmann, Rewe, Wal-Mart und
Famila haben vorübergehend den Verkauf von ökologisch erzeugten Eiern und Geflügel
ausgesetzt.

Der Skandal beschäftigt heute auch den Bundestages. Auf Antrag der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion findet ab 11.30 Uhr eine Sondersitzung des Ausschusses
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft statt. Am Nachmittag berät
Ministerin Künast mit ihren Amtskollegen aus den betroffenen Ländern über
Konsequenzen aus dem Skandal.

Links zum Thema Lebensmittelqualität und -kontrolle,
Links zum Thema Bio-Landbau.

 


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