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@grar.de Aktuell - 27.05.2002

Nitrofen provoziert Debatte über Agrarwende und Verbraucherinformationsgesetz


Hannover/Berlin (agrar.de) - Angesichts des Skandals um mit dem
Unkrautvernichtungsmittel Nitrofen belastetes Öko-Futter forderte der
niedersächsische Landwirtschaftsminister Uwe Bartels (SPD) die deutsche
Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) zum Umdenken auf. Die einseitige
Agrarpolitik zu Gunsten der Ökobetriebe sei nicht gerechtfertigt, sagte Bartels
der 'Neuen Osnabrücker Zeitung'. Es sei offensichtlich geworden, dass der
Öko-Anbau durch Schludrigkeit und kriminelle Energie genauso empfindlich getroffen
werden könne wie der konventionelle Bereich.

Warum die Öffentlichkeit über den Vorgang so spät informiert wurde, ist bislang
völlig unklar. Private Testlabors hatten die Rückstände schon vor Monaten
festgestellt, die Ergebnisse aber nicht wie vorgeschrieben an die staatlichen
Überwachungsbehörden weitergegeben. Künast drohte der Wirtschaft im Falle von
Schlampereien 'finanzielle Sanktionen' an. Auch Bartels kritisierte, man sei zu
spät informiert worden.

Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ökolandbau im Bayerischen Bauernverband
(BBV), Hans Wimberger, forderte eine schonungslose Aufklärung. Sollten
sich Verdächtigungen bestätigen, dass vorab informierte Personen versucht hätten,
die Herbizidfunde im Ökofutter zu vertuschen, sei dies ein Skandal. 'Um Schaden
von gewissenhaft und ordnungsgemäß wirtschaftenden Ökobetrieben abzuwenden, müssen
alle kriminellen Machenschaften und Schlampereien aufgedeckt und die
Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden', betonte Hans Wimberger. Nur mit
größten Anstrengungen sei es geglückt, die Verbraucher vom ökologischen Landbau zu
überzeugen. Dieses Verbrauchervertrauen dürfe nicht durch kriminelles Handeln
einzelner schwarzer Schafe gefährdet werden.

Der Präsident des brandenburgischen Bauernverbands, Heinz-Dieter Nieschke,
befürchtet großen Schaden für die Ökobetriebe in seinem Land, selbst wenn sich
erweisen sollte, dass der kontaminierte Öko-Weizen nicht aus Brandenburg gekommen
sei. 'Verbraucher reagieren sensibel, auch wenn nur ein Verdacht besteht', sagte
Nieschke der 'Berliner Morgenpost'. Er könne sich so etwas nicht
erklären, denn die Kontrollen seien streng. Allerdings sei auch 'sehr viel Geld im
Spiel'.

Ein Umdenken in der Agrarpolitik ist nach Ansicht der NRW-Umweltministerin Bärbel
Höhn (Grüne) nicht die Lösung des Problems. Statt dessen müsse der Ökolandbau so
schnell wie möglich den Fehler in seinem Kontrollsystem finden. Zwar funktioniere
das private Kontrollsystem der Ökobauern an sich 'sehr gut', sagte Höhn am Montag
im ZDF. Es sei aber ein 'massiver Fehler' gewesen, die Behörden nicht
informiert zu haben. Der Verursacher dieses Fehlers im Kontrollsystem habe
'schwere Schuld' auf sich geladen.

Die agrarpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Höfken, bezeichnete die Vorfälle
als einen Rückschlag für Bioprodukte. Die Agrarwende und die Stärkung des
Ökolandbaus werde deswegen aber nicht scheitern, sagte sie der 'Berliner
Zeitung
'. Höfken forderte die Union auf, als Konsequenz aus der Krise die
geplante Stärkung der Verbraucherrechte im Bundesrat nicht länger zu blockieren.
Der Bundesrat wird am kommenden Freitag über das rot-grüne
Verbraucherinformationsgesetz abstimmen, wonach es Behörden zukünftig ermöglicht
werden soll, schon frühzeitig die Namen in Verdacht geratener Produkte und Firmen
zu nennen. Bislang sind den Behörden wegen drohender Schadenersatzansprüche der
Wirtschaft die Hände gebunden.

Der niedersächsische Agrarminister Bartels hatte zuvor beklagt, er dürfe die
vorliegenden Namen nicht an die Verbraucher weitergeben, "weil die Gesetze, die
wir zurzeit haben, mir das verbieten". Die Bürger hätten daher keine Möglichkeit,
das durch Nitrofen belastete Geflügelfleisch zu erkennen.

Links zum Thema Bio-Landbau.

 


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