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@grar.de Aktuell - 22.05.2002

Abwehr-Gen gegen Kraut- und Knollenfäule gefunden


Köln (agrar.de) - Max-Planck-Forschern ist es zum ersten Mal gelungen, aus
Kartoffeln ein Gen zu isolieren, das die Pflanzen widerstandsfähig gegenüber einer
bestimmten Variante des Erregers der Kraut- und Knollenfäule macht. In der
neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins 'The Plant Journal' beschreiben die
Kölner Forscherinnen und Forscher die genetische Basis dieses für die
Pflanzenzüchtung wichtigen Merkmals (The Plant Journal, 30 (3) 2002).

Die Kraut- und Knollenfäule zählt weltweit zu den meist gefürchteten Krankheiten
beim Kartoffelanbau. Die jährlichen Ertragsverluste belaufen sich auf zwei bis
drei Milliarden Euro. Bekämpft wird die Krankheit durch den häufigen Einsatz von
Chemikalien. Der Erreger ist ein Schadpilz, Phytophthora infestans, der - wie der
Name der Krankheit ausdrückt - sowohl Blätter und Stängel als auch die Knollen der
Pflanze vollständig zerstören kann. Mitte des 19. Jahrhunderts führte eine
verheerende Epidemie in Irland zu einer Hungerkatastrophe, die eine
Auswanderungswelle nach Nordamerika auslöste. Widerstandsfähige Pflanzen, die man
unter Wildformen der Kartoffel in Mexiko und Südamerika fand, wurden vor etwa
fünfzig Jahren in Kartoffelsorten eingekreuzt. Der Erreger entwickelte jedoch
immer neue genetische Varianten, die die angezüchtete Abwehreigenschaft der
Kartoffel bald wieder überwanden. In dem Wettrennen mit dem Pilz ist die
Pflanzenzüchtung deshalb heute sehr an einer langfristigen Verbesserung der
genetischen Widerstandsfähigkeit von Sorten interessiert, die auch den Einsatz von
Pilzvernichtungsmitteln (Fungiziden) im Kartoffelanbau verringern könnte. Eine
Voraussetzung hierfür ist das Verständnis der genetischen Grundlagen dieser
Widerstandsfähigkeit.

Am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln ist es nun der
Gruppe um Christiane Gebhardt gelungen, das so genannte Resistenz-Gen R1 aus der
Kartoffel zu isolieren. Dieses Gen vermittelt Widerstandsfähigkeit (Resistenz)
gegen eine bestimmte Variante des Erregers der Kraut- und Knollenfäule. Die
Forscher konnten das Gen auf dem fünften von zwölf Chromosomen der Kartoffel
aufspüren und isolieren.

In seinem molekularen Aufbau ähnelt das R1-Gen anderen, bereits bekannten
pflanzlichen Abwehr-Genen gegen Viren, Bakterien oder Fadenwürmer. Das R1-Gen
bildet ein Protein von etwa 1300 Aminosäuren, das in Pflanzenzellen eine so
genannte hypersensitive Reaktion auslöst. Das Protein hat die Funktion eines
Alarmsignals, falls eine Pilzspore versucht, in eine Pflanzenzelle einzudringen.
Daraufhin werden Abwehrreaktionen in Gang gesetzt, die die Ausbreitung des Pilzes
erschweren, wie beispielsweise die Verdickung von Zellwänden und die Bildung von
Stoffen, die für den Pilz giftig sind.

Besonders bedeutsam ist, dass das R1-Gen in einem so genannten "Hot Spot" für
Krankheitsabwehr liegt. Damit ist ein Abschnitt im Erbgut der Pflanze gemeint, in
dem eine Häufung von Genen auftritt, die an der Abwehr von verschiedenen
Krankheiten und Fraßschädlingen beteiligt sind. Neben Genen für Resistenz gegen
die Kraut- und Knollenfäule finden sich hier beispielsweise auch Gene zur Abwehr
des Fadenwurms Globodera und des Kartoffelvirus X. Aufgrund der Häufung nimmt man
an, dass diese Abwehr-Gene Mitglieder eines "Familienclans" sind, also mehr oder
weniger miteinander verwandt. Einige dieser Gene - wie das R1-Gen - vermitteln
eine "Alles oder Nichts" Abwehrreaktion, andere eine quantitativ abgestufte
Reaktion, die man als ein "Mehr oder Weniger" bezeichnen könnte. Sie sind in ihrer
Wirkung vergleichbar einem leichten Dauerregen, der die Erde eben auch
nachhaltiger durchtränkt als ein Wolkenbruch. Solche quantitativen
Abwehr-Eigenschaften sind für Pflanzenzüchter von ganz besonderem Interesse, da
sie sich davon eine höhere Stabilität der Resistenz versprechen.

Welche und wie viele Gene an der quantitativen Resistenz gegen Kraut- und
Knollenfäule beteiligt sind, weiß man bisher nicht. Da die meisten Abwehr-Gene
strukturell ähnlich sind, haben die Kölner Forscherinnen und Forscher nun jedoch
mit dem R1-Gen eine Art Prototyp in der Hand, mit dem sie weitere Gene aufspüren
können. Auf diese Weise wird es möglich sein, die in der Pflanzenzüchtung so
begehrte Abwehr-Eigenschaft der Kartoffel zu verstehen und damit besser für die
Entwicklung neuer Sorten zu nutzen.

Informationen: Dr. Christiane Gebhardt, Max-Planck-Institut für
Züchtungsforschung, Köln, Tel.: 0221-5062-454 oder 0221-5062-430, Fax:
0221-5062-413, E-Mail

Links zum Thema Kartoffeln.

 


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