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@grar.de Aktuell - 03.05.2002

Naturschutzamt lehnt lasche Grenzwerte der EU-Kommission zur Saatgut-Verunreinigung ab


Bonn (agrar.de) - Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) lehnt den Vorschlag
der EU-Kommission für eine Richtlinie ab, die die unbeabsichtigte Kontamination
von konventionell erzeugtem Saatgut mit gentechnisch verändertem Saatgut regeln
soll. Nach Ansicht des BfN dürfte aus naturschutzfachlicher Vorsorgepflicht keine
Saatgutverunreinigung toleriert werden, um die Verbreitung von Fremdgenen in der
Natur zu verhindern. Der Grenzwert von Verunreinigungen sollte sich an der bisher
bewährten Marke von 0,1 Prozent (Nachweisgrenze) orientieren. Hiermit wird
zumindest ein minimaler Schutz für die Gentechnikfreiheit von sowohl biologisch
als auch konventionell erzeugtem Saatgut gewährleistet.

'Das Risikenpotenzial transgener Pflanzen auf das Gesamtökosystem ist noch nicht
ausreichend abschätzbar', sagte BfN-Präsident Dr. Hartmut Vogtmann anlässlich der
heutigen Anhörung der EU-Kommission. 'Es ist bekannt, dass bei der Übertragung von
Fremdgenen in das Erbgut von Kulturpflanzen keinesfalls nur der erwünschte Effekt,
zum Beispiel die Resistenz gegenüber Totalherbiziden, erzeugt wird. Darüber hinaus
sind auch unvorhersehbare Nebenwirkungen zu beobachten,' so Vogtmann.

Nach Ansicht des BfN ist immer noch völlig unklar, wie sich die eingebauten
artfremden Transgene und die gleichfalls übertragenen Promotoren und vorwiegend
viralen Vektoren in Boden, Pflanze und Tier langfristig verhalten. Die genetischen
Regulationsmechanismen sind bisher nur unzureichend erforscht. Dies erschwert die
Vorhersagbarkeit des Verhaltens transgener Organismen. Deshalb ist die Anwendung
des Vorsorgeprinzips bei dieser Technik unverzichtbar. Dies muss auch für die
Regelungen im Bereich der Saatgutkontamination gelten. Das Bundesamt für
Naturschutz hält die von der Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte daher nicht für
ausreichend. Eine Saatgutverunreinigung von 0,5 Prozent bedeutet immerhin 50 m2
transgene Pflanzen pro Hektar! Gentechnikfreiheit ist damit nicht mehr zu
erreichen. Stattdessen steht zu befürchten, dass eine solche Regelung die
Bemühungen konventionell und biologisch wirtschaftender Landwirtschaftsbetriebe um
Gentechnikfreiheit aushebelt, dem Verbraucher keinerlei Wahlfreiheit mehr erlaubt
und der Verbreitung der Transgene mit allen damit verbundenen Risken für die Natur
und die biologische Vielfalt Vorschub leistet.

Die EU-Kommission schlägt dagegen für die einzelnen Kulturarten unterschiedliche
Grenzwerte vor: 0,3 Prozent für Raps und Baumwolle, 0,5 Prozent für Tomaten,
Zuckerrüben, Mais, Kartoffel und Chicoree und 0,7 Prozent für Soja. Diese Werte
wurden auf Vorschlag des wissenschaftlichen Ausschusses mit dem Ziel festgelegt,
einen Grenzwert von 1 Prozent im jeweiligen Endprodukt (z.B. Futter oder
Lebensmittel) einhalten zu können. Bei Überschreiten dieser Grenzwerte soll
lediglich eine unspezifische Kennzeichnung erfolgen. Eine entsprechende
Verunreinigung von Saatgut ist sowohl durch Auskreuzung aus benachbarten
Anbauparzellen möglich, als auch im Verarbeitungsprozess des Saatguts durch
Verschleppung zu erwarten.

Links zum Thema Biotechnologie.

 


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