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@grar.de Aktuell - 25.04.2002

Agrarpolitisch von Frankreich viel zu lernen


Rheinbach/Hamm (agrar.de) - Als die größten Agrarproduzenten Europas können
Deutschland und Frankreich die entscheidenden Motoren für die konsequente Reform
der vielfach gescheiterten europäischen Agrarpolitik werden. Diese These
untermauern jetzt die Stiftung Europäisches Naturerbe (Euronatur) und die
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) mit einer Studie,
welche die ökologischen, ökonomischen und sozialen Seiten der Agrarpolitik
gleichermaßen analysiert und bewertet.

Die Studie mit dem Titel 'Umsetzung der Agenda 2000 in Frankreich' zeige, dass
Frankreich in einigen Bereichen die vorhandenen Gestaltungsspielräume der Agenda
2000 wesentlich stärker und viel früher im Sinne der bäuerlichen Betriebe und der
Umwelt genutzt habe als Deutschland und alle anderen Länder in der EU, so die
Initiatoren. Während Deutschland erst im Jahr 2003 als viertes Land in der EU die
sogenannte Modulation der Prämien (bei der Modulation werden die allgemeinen Tier-
und Flächenprämien aus Brüssel pro Betrieb gekürzt und die einbehaltenen Mittel
für gezielte Förderprogramme, u.a. Agrarumweltprogramme, umgewidmet) einführt,
wendet Frankreich dieses Instrument zur sozialen und ökologischen Anbindung der
EU-Zahlungen schon seit 2000 an. Die Studie beschreibt ausführlich, wie die
sogenannte Modulation in Frankreich funktioniert. Im Unterschied zu Deutschland
wird in Frankreich bei der Prämienberechnung für die Landwirtschaft auch
berücksichtigt, wie rationalisiert ein Betrieb ist bzw. wie viele Arbeitskräfte er
beschäftigt.

Bei der letzten Reform der EU-Agrarpolitik habe sich Frankreich dafür eingesetzt,
die Brüsseler Zahlungen EU-weit an soziale und Umwelt-Kriterien zu binden. Dagegen
habe sich Deutschland zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten bei den Berliner
Beschlüssen im März 1999 zur Agenda 2000 strikt gegen diese Qualifizierung
gewehrt, betonen Euronatur und die AbL. Im Ergebnis ist die soziale und
ökologische Qualifizierung der Zahlungen ('Modulation' und 'Cross Compliance') in
das nationale Belieben der einzelnen EU-Staaten gestellt worden.

'Mit der geänderten agrarpolitischen Situation in Deutschland nach der BSE-Krise
haben sich auch die Kräfteverhältnisse in Europa geändert', so Lutz Ribbe,
Umweltpolitischer Direktor bei Euronatur. 'Wir sehen, dass Deutschland mit der
jetzigen Politik bei der nächsten Reform nicht mehr im Bremserhäuschen sitzen
wird, sondern mit Frankreich zum Reform-Motor werden kann', ergänzt der
AbL-Vorsitzende Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf. Erste Hinweise für ihren
Reformwillen könnten die Länder bei der bevorstehenden Halbzeitbilanz der Agenda
2000 ('mid-term-review') geben. Das Papier der Bundesregierung deute schon in die
richtige Richtung, so die Verbandsvertreter.

Gleichzeitig wird aber mit großer Sorge betrachtet, wie diese ersten richtigen
Schritte hin zu einer notwendigen Reform der Agrarpolitik oft von starken
politischen Kräften in Deutschland wie auch Frankreich blockiert werden. Gerade
nach den aktuellen politischen Veränderungen in Frankreich ist in Zukunft ein
Rückfall der französischen Agrarpolitik in alte Strukturen nicht ausgeschlossen.

Die Studie ist im Rahmen eines gemeinsamen vom Umweltbundesamt unterstützten
Projektes von Euronatur und AbL entstanden, das zum Ziel hat, die Arbeit der
Umweltverbände und von landwirtschaftlichen Organisationen zur EU-Agrarpolitik und
deren Reform zu koordinieren. Als Ergebnis haben 13 Verbände im Oktober 2001 ihre
gemeinsame Position 'Auf dem Weg zu einer neuen Agrarpolitik in der EU' vorgelegt.

Die Frankreich-Studie mit dem Titel 'Umsetzung der Agenda 2000 in Frankreich.
Landwirtschaft, Agrarpolitik und die Umsetzung der Berliner Beschlüsse zur Agenda
2000 in Frankreich' (28 Seiten) wurde im Auftrag der Verbände von Dr. Andrea
Fink-Keßler vom Kasseler Büro für Agrar- und Regionalentwicklung erstellt. Sie
ist, ebenso wie das o.g. Positionspapier der Verbände, im Internet bei
Euronatur oder per E-Mail bei AbL oder Euronatur zu
bestellen.

Information: Stiftung Europäisches Naturerbe (Euronatur), Grabenstraße
23, 53359 Rheinbach/Bonn,
Tel.: 02226-2045, Fax: 02226-17100, E-Mail; AbL, Ulrich Jasper,
Bahnhofstrasse. 31, 59065 Hamm, Tel.: 02381-9053171, Fax: 02381-49222,
E-Mail.

Links zum Thema Agrarpolitik.

 


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