Aktuelle Meldungen  -  Nachricht suchen  -   kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

@grar.de Aktuell - 19.04.2002

EU-Kommission leitet gezielte Bodenschutzpolitik ein


Brüssel (agrar.de) - Als Reaktion auf die Besorgnis angesichts der
Bodenverschlechterung in der EU hat die Europäische Kommission die ersten
Schritte hin zu einer Bodenschutzstrategie formuliert. Der Boden ist eine
lebenswichtige, weitgehend nicht erneuerbare Ressource und war bisher nicht
Gegenstand umfassender EU-Maßnahmen. Umweltkommissarin Margot Wallström sagte zu
dem neuen Konzept: 'Hiermit stellen wir den Bodenschutz auf die gleiche Ebene wie
die Bekämpfung von Wasser- und Luftverschmutzung. Zu lange haben wir den Boden als
selbstverständliche Gegebenheit angesehen. Erosion, Bodenverschlechterung und
Versiegelung sind EU-weite Probleme. Es handelt sich hierbei um eine Frage der
Nachhaltigkeit, denn diese Tendenzen sind weitgehend irreversibel, und der Boden
ist für uns lebenswichtig.' Es handelt sich hier um eine der sieben 'thematischen
Strategien', die im 6. Umweltaktionsprogramm der EU vorgesehen sind. Die Strategie
soll auf der informellen Ratstagung 'Umwelt' Ende Mai erörtert werden.

Als ersten Schritt zu einer umfassenden EU-Bodenschutzpolitik, die Erosion und
Verschmutzung bekämpft, veröffentlichte die Kommission nun die Mitteilung
'Hin zu einer spezifischen Bodenschutzstrategie'. Dies ist das erste Mal,
dass die Kommission ein Dokument ausschließlich dem Bodenschutz widmet, weshalb
die Mitteilung sowohl breit angelegt und deskriptiv als auch zukunftweisend ist.

Die Bedeutung einer umfassenden Bodenschutzpolitik

In der Mitteilung werden die Funktionen und die für die Politik relevanten
Merkmale des Bodens, die wichtigsten Bedrohungen und die bisherige EU-Politik in
diesem Bereich dargestellt. Der Boden ist eine wertvolle Ressource und von
wesentlicher Bedeutung für die Lebensmittelproduktion. Er erfüllt jedoch noch
viele andere Aufgaben. Die gesamte Vegetation der Erde ist bezüglich der Wasser-
und Nährstoffversorgung sowie dem Wurzelhalt vom Boden abhängig. Der Boden
speichert Minerale, organische Substanz, Wasser und Energie. Er filtert Wasser,
wandelt Gase um und ist Genpool für eine enorme Anzahl von Organismen. Böden
entstehen über lange Zeiträume hinweg, häufig über Jahrtausende. Sie nehmen
äußerst vielfältige Formen an. Allein in Europa wurden über 320 Hauptbodenarten
beschrieben, bei deren chemischen und physikalischen Eigenschaften selbst auf
lokaler Ebene bemerkenswerte Unterschiede festzustellen sind.

Die Wirkung der menschlichen Tätigkeit auf den Boden war jahrhundertelang sowohl
positiv als auch negativ. Die Fruchtbarkeit des Bodens wurde erhöht, um die
ständig anwachsende Weltbevölkerung zu ernähren, unsere Landschaften und ein
großer Teil der Tier- und Pflanzenarten haben sich Boden und Land angepasst.
Besonders die Landwirte haben seit jeher ein enges Verhältnis zum Boden.

Bei ihrer täglichen Arbeit müssen sie auf die nachhaltige Nutzung und
Bewirtschaftung von Agrarflächen achten, damit der Wert des Landes für die
Landwirtschaft erhalten bleibt.

Böden sind durch die Tätigkeit des Menschen jedoch immer stärker bedroht, so dass
die Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Funktionen zurückgehen kann. Einige dieser
Bedrohungen sind seit langem bekannt, wie die Erosion durch Wasser und Wind. Der
Mittelmeerraum ist zwar von Erosion und Wüstenbildung am meisten betroffen, andere
Teile Europas kennen diese Gefahr jedoch auch. Die allmähliche Erhöhung der
Schadstoffkonzentration in der Luft durch die Emissionen von Industrie, Verkehr
und bestimmten landwirtschaftlichen Praktiken kann nicht nur Bodenverschmutzung,
sondern auch die Kontaminierung von Wasser und Lebensmitteln zur Folge haben.

Andere Probleme betreffen Industriestandorte, den Rückgang der organischen
Substanz in einigen landwirtschaftlichen Böden, die Versiegelung des Bodens beim
Bau von Infrastrukturen und Wohnungen, die Bodenverdichtung und die Folgen von
Überschwemmungen und Erdrutschen. Grundlegend ist die Frage des Rückgangs der
organischen Substanz. Hier ist ein klares Bild des Schadensumfangs vonnöten. Die
organische Bodensubstanz ist ein wichtiges Kohlenstoffreservoir, und Böden werden
heute im Zusammenhang mit dem Klimawandel als Kohlenstoffsenken angesehen.

Den verfügbaren Daten lässt sich entnehmen, dass bei etwa 16 Prozent der Fläche
der EU (über 50 Mio. ha) eine Bodenverschlechterung zu verzeichnen ist. In den
Bewerberländern beträgt der Anteil etwa 35 Prozent.

Erste Schritte einer Bodenschutzstrategie

Die Mitteilung nennt die Schritte, die im Hinblick auf einen umfassenderen
Bodenschutz in Zukunft erforderlich sind. Die vollständige Anwendung der
vorhandenen Umweltvorschriften für Wasser- und Luftverschmutzung würde spürbar zum
Schutz des Bodens beitragen, ebenso die Anwendung guter landwirtschaftlicher
Praktiken und die Verstärkung dem Boden förderlicher, umweltfreundlicher Maßnahmen
in der Landwirtschaft.

Die Kommission will 2004 eine Strategie für den Bodenschutz vorlegen. Sie soll
Rechtsvorschriften zur Einführung eines gemeinschaftsweiten Bodeninformations-
und -überwachungssystems und detaillierte Empfehlungen für künftige Maßnahmen
beinhalten. Das Überwachungssystem stützt sich auf bestehende Informationssysteme
und Datenbanken und soll europaweit in harmonisierter Weise den Bodenzustand
ermitteln, womit die Grundlage für einen sinnvollen mittel- und langfristigen
Bodenschutz geschaffen werden soll. Zur Entwicklung dieses Instruments wird die
Kommission mit Experten aus Mitgliedstaaten und Bewerberländern, Hochschulen, der
Europäischen Umweltagentur (EUA) und sonstigen Beteiligten zusammenarbeiten.

Zwischenzeitlich plant die Kommission jedoch die Vorlage weiterer, speziell dem
Bodenschutz dienender Maßnahmen :

2002: Vorschlag der vierten Einzelrichtlinie unter der Rahmenrichtlinie für
Luftqualität, die sich mit Schwermetallen und polyzyklischen aromatischen
Kohlenwasserstoffen (PAK) befasst ;

2002: Vorschlag einer Richtlinie für Bergbauabfälle (bis 2004: Vorlage eines
Dokuments über die besten vorhandenen Techniken für die Bewirtschaftung der
Bergbauabfälle);

2003: Änderung der Klärschlamm-Richtlinie mit einer Senkung der zulässigen
Obergrenzen für Schadstoffe in Klärschlamm, möglicherweise Ausweitung ihres
Geltungsbereichs auf alle Flächen, auf die Klärschlamm ausgebracht wird, und auf
weitere Arten von Klärschlämmen ;

Bis Ende 2004: Erarbeitung einer Richtlinie für Komposte und sonstige Bioabfälle
mit dem Ziel, Verunreinigungen zu kontrollieren und auf die Verwendung
zertifizierter Kompostierungsverfahren hinzuwirken.

Zusätzlich zu den Gesetzesinitiativen wird die Kommission im Laufe des Jahres 2003
eine Mitteilung zum Thema 'Planung und Umwelt - die territoriale Dimension'
vorlegen, in der Fragen der rationalen Flächennutzungsplanung und die
Notwendigkeit einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Bodenressourcen behandelt
werden.

Die Kommission wird ferner gemeinsam mit den Mitgliedstaaten eine vollständigere
Übersicht über das Ausmaß der Bodenkontaminierung in der künftigen erweiterten EU
erstellen, so dass vorbildliche Praktiken und Sanierungsmethoden ermittelt und
angewendet werden können. Die Schätzungen der Europäischen Umweltagentur für die
Anzahl kontaminierter Standorte in der EU bewegen sich zwischen 300.000 und 1,5
Millionen. 2003 wird eine Konferenz über Bodenerosion und den Rückgang an
organischer Substanz stattfinden. Die Zusammenarbeit mit aktuellen und künftigen
EU-Mitgliedstaaten sowie anderen betroffenen Ländern der Region, von denen viele
das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung der Wüstenbildung
(UNCCD) unterzeichnet haben und dabei sind, Aktionsprogramme zur
Bekämpfung der Wüstenbildung zu erstellen, wird Gelegenheit bieten, die Probleme
zu beschreiben und Strategien für die Zukunft zu ermitteln.

Links zum Thema Boden.

 


zurück zur Übersicht  zum Seitenbeginn   

zur @grar.de Homepage

    
 

© Copyright 1997-2007 @grar.de, Rheine, http://www.agrar.de