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@grar.de Aktuell - 22.03.2002

Agrarministerkonferenz in Bad Nauheim

Dietzel: EU-Osterweiterung erfordert Planungssicherheit und Verlässlichkeit für die deutsche Landwirtschaft


Bad Nauheim (agrar.de) - 'Wir brauchen Planungssicherheit, Verlässlichkeit und
Kontinuität für unsere heimische Landwirtschaft, auch im Hinblick auf die
bevorstehende EU-Erweiterung', erklärte Hessens Landwirtschaftsminister Wilhelm
Dietzel bei der heutigen Agrarministerkonferenz in Bad Nauheim.

Im Mittelpunkt der Beratungen der 16 Landwirtschaftsministerinnen, -minister
und -senatoren der Länder stand die Diskussion über die Weiterentwicklung der
deutschen und europäischen Agrarpolitik. Kritik übte Minister Dietzel zusammen mit
zahlreichen Länderkollegen an der Bundesregierung, da sie nicht - wie vereinbart -
am vom Bund vorgelegten Positionspapier zur Halbzeitbewertung der Agenda
2000
beteiligt worden seien. 'Das ist kein guter Stil', so Dietzel als
Vorsitzender der Agrarministerkonferenz. Hinzu komme, dass auch wesentliche Ziele
der Agrarpolitik in diesem Papier nicht angemessen berücksichtigt seien. Das gelte
vor allem für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft im Zeitalter
der Globalisierung.

Die Agrarpolitiker forderten, Wettbewerbsverzerrungen im Pflanzenschutz abzubauen.
Es sei - so Dietzel - 'nicht hinnehmbar, dass in anderen EU-Staaten
landwirtschaftliche Produkte mit Pflanzenschutzmitteln, die bei uns verboten sind,
produziert und diese Erzeugnisse dann in Deutschland problemlos vermarktet werden
dürfen'. Vor diesem Hintergrund plädiert Minister Dietzel für ein EU-einheitliches
Vorgehen und erinnerte an die erfolgreiche hessische Bundesratsinitiative.

Die gefährlichste Krankheit im Obstbau sei der Feuerbrand. Hier plädierte die
Agrarministerkonferenz für die Möglichkeit eines zeitlich und räumlich begrenzten
Einsatzes des derzeit einzig wirksamen Mittels Plantomycin. Auf Dauer werde in
Zusammenarbeit mit Obstbau- und Umweltverbänden sowie Imkern eine verbindliche
Strategie zur Feuerbrandbekämpfung im Obstbau ohne Plantomycin angestrebt.

Auch beim Thema Schweinehaltung - so Dietzel - brauchen wir eine EU-konforme
Regelung, die unseren Produzenten im internationalen Wettbewerb gleiche Chancen
einräumt. 'Wir begrüßen das Angebot der Bundeslandwirtschaftsministerin, vor einer
Novellierung der Schweinehaltungsverordnung Kontakt zu den wichtigsten
Konkurrenten innerhalb der EU aufzunehmen', erklärte der Vorsitzende der
Agrarministerkonferenz.

Dietzels Fazit: 'Wir brauchen Mut zu neuen Wegen, um unsere Landwirtschaft für den
zunehmenden internationalen Wettbewerb auch im Agrarbereich fit zu machen'. In
diesem Zusammenhang sei auch das bisherige Prämiensystem kritisch zu überprüfen.
Zur Vision einer modernen Agrarpolitik gehöre - so der Vorsitzende der
Agrarministerkonferenz - über die stufenweise Einführung einer Flächenprämie sowie
intensiv über die Weiterentwicklung der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik
nachzudenken.

Auch Sachsens Umwelt- und Landwirtschaftsminister Steffen Flath richtete deutliche
Worte an die Bundesregierung: 'Heute hüh und morgen hott - das nutzt den
Landwirten nicht'. Flath sprach sich damit gegen ein überstürztes Umkippen der
Agenda-2000-Beschlüsse aus, die der europäischen Agrarpolitik bis zum Jahr 2006
einen Rahmen geben. Wer bei der sogenannten Agrarwende völlig vergesse,
praktikable Übergangslösungen zu schaffen, schade zuallererst der heimischen
Wirtschaft, sagte Flath, und trage zum Verlust von Arbeitsplätzen im ländlichen
Raum bei. Allein mit Ideologie komme man nicht nur in der Landwirtschaft nicht
weiter, so der Minister.

Nach Einschätzung des niedersächsischen Landwirtschaftsministers Uwe Bartels
importiert Deutschland große Mengen Geflügelfleisch von teils zweifelhafter
Qualität aus Nicht-EU-Staaten. Wie Bartels nach der Konferenz sagte, gibt es
deutliche Hinweise darauf, dass das Importgeflügel vielfach mit verbotenen
Antibiotika oder Pestizidrückständen belastet ist. Die EU-Kommission erkläre sich
bislang für außer Stande, die Importe wirksam zu kontrollieren.

Nach Bartels Worten ist die Einfuhrmenge von Geflügel aus Nicht-EU-Staaten im
vergangenen Jahr auf 100.000 Tonnen angestiegen. Ein Jahr zuvor seien es nur 5.000
Tonnen gewesen. Der größte Teil des Fleisches, das vor allem aus Brasilien, China
und Südostasien importiert worden sei, werde hier zu Lande von der
Nahrungsmittelindustrie weitgehend zu Fertigprodukten verarbeitet. Da bei den
Endprodukten die Herkunft des Fleisches nicht mehr aufgeführt werde, steige die
Gefahr eines neuen deutschen Nahrungsmittelskandals. 'Die deutschen Produzenten
werden hier in Mithaftung genommen', so der Minister.

Lesen Sia auch:
NABU, Imker und Verbraucherzentrale warnen vor Wiederzulassung von
Plantomycin im Obstbau
[22.03.2002]

Links zum Thema Agrarpolitik.

 


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