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@grar.de Aktuell - 19.03.2002

Greenpeace, Misereor und Bundesärztekammer fordern Ablehnung von Patenten auf Lebewesen und Gene


Berlin (agrar.de) - Greenpeace, Bundesärztekammer und
Misereor warnen heute erstmals gemeinsam die Bundesregierung und
Bundestagsabgeordnete davor, die Gen-Patentrichtlinie der EU umzusetzen. Die
Richtlinie erlaubt ausdrücklich die Patentierung von Teilen des menschlichen
Körpers, von Genen sowie von Pflanzen und Tieren. Der bekannte Neurobiologe
Professor Martin Heisenberg vom Lehrstuhl Genetik an der Universität Würzburg
unterstützt die Forderung auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin. Die
Patente sind nach Ansicht der drei Organisationen ethisch nicht zu verantworten
und schaden sogar der Wirtschaft. Greenpeace belegt dies mit zehn Patentanträgen,
die die Umweltschutzorganisation recherchiert hat und heute vorstellt.

Obwohl das entsprechende Gesetz seit Monaten beraten wird und kurz vor der
Abstimmung steht, weist die Patent-Richtlinie so gravierende Mängel auf, dass die
EU sie nach Ansicht von Misereor, Bundesärztekammer und Greenpeace komplett neu
verhandeln sollte. Die Parlamente in Frankreich und Luxemburg haben sich vor
wenigen Wochen gegen die Patentierung menschlicher Gene ausgesprochen und setzen
die EU-Richtlinie vorerst nicht um. Auch der Deutsche Bauernverbvand (DBV) äußerte
sich mit Kritik und lehnte Patente auf Pflanzen, Tiere und Menschen entschieden
ab. (unsere Meldung).

'Man könnte die Patent-Richtlinie einfach als handwerkliche Stümperei abtun, wenn
sie nicht solche dramatischen Auswirkungen hätte auf Natur, Ärzte und Patienten,
Landwirte und Menschen in
Entwicklungsländern', erklärt Christoph Then, Patent-Experte von Greenpeace.
'Dieses Patentgesetz darf es nicht geben, egal ob man seiner Vernunft oder seinem
Gewissen folgt. Wir erwarten, dass die Abgeordneten des Bundestages das erkennen.'

Die Zunahme von Gen-Patenten führt für Ärzte und Patienten inzwischen zu
erheblichen Nachteilen. So stoppten Labors viele diagnostische Tests oder gar die
Entwicklung von besseren Diagnoseverfahren, weil Firmen die Rechte an den
benötigten Genen besitzen und überhöhte Lizenzgebühren verlangen.

Die Analyse von Greenpeace zeigt das Ausmaß der Patentwelle an: Im Jahr 2001 stieg
die Zahl der Anträge am Europäischen Patentamt in München um 4.600 auf jetzt
insgesamt fast 30.000. Die zehn von Greenpeace vorgestellten Fälle reichen von
menschlichen Organen bis zu geklonten Tigern. Mit Anträgen wie auf Gene aus
Kakaopflanzen sind auch Fälle von Biopiraterie darunter, in denen sich Konzerne
aus Industrieländern die Rechte sichern an Genen oder Pflanzen aus
Entwicklungsländern, ohne die Menschen vor Ort zu beteiligen.

Besondere Aufmerksamkeit verdient dabei ein Patentantrag aus Deutschland: Hier
will ein Forscher ein Verfahren zur Herstellung menschlicher Organe wie 'linkes
Bein', 'rechtes Auge', 'Mund' patentieren lassen. Die Anmeldung erscheint zwar
technisch nicht realisierbar. Juristisch ist die Patentanmeldung aber nicht zu
beanstanden: Nach EU-Richtlinie und dem geplanten deutschen Patentgesetz dürfen
'Teile des menschlichen Körpers' wie industrielle Ware patentiert werden.

Links zum Thema Biotechnologie,
Links zum Thema Nachbau und Sortenschutz.

 


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