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@grar.de Aktuell - 15.03.2002

Lebensmittelqualität: Kommission schlägt besseren Schutz von geografischen Bezeichnungen vor


Brüssel (agrar.de) - 'Prosciutto di Parma', 'Roquefort' oder 'Bayerisches Bier'
sind Qualitätserzeugnisse, die ihre Einzigartigkeit dem Gebiet, aus dem sie
stammen, und der traditionellen Herstellungsweise verdanken. Die Europäische
Kommission hat nun einen Vorschlag vorgelegt, mit dem der Schutz von geografischen
Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel
verbessert werden soll. Diesem Vorschlag gemäß werden alle WTO-Mitgliedstaaten das
Recht erhalten, gegen die Eintragung solcher geografischen Bezeichnungen Einspruch
zu erheben, wodurch eine stärkere Anerkennung auf den internationalen Märkten
erreicht wird.

Außerdem schlägt die Kommission vor, Weinessig in das Verzeichnis der Erzeugnisse,
für die ein Schutz beantragt werden kann, aufzunehmen und Mineralwasser daraus zu
streichen. Der für Landwirtschaft, Fischerei und ländliche Entwicklung zuständige
Kommissar Franz Fischler begrüßte den Vorschlag und erklärte: 'In der EU werden
vielerlei Qualitätslebensmittel und Spezialitäten hergestellt. Indem wir die
geografischen Bezeichnungen für diese Erzeugnisse besser vor widerrechtlicher
Aneignung und unlauterem Wettbewerb schützen, erreichen wir nicht nur, dass die
Verbraucher weltweit besser informiert werden, sondern wir ermutigen auch die
Erzeuger, die sicher sein können, dass ihren Erzeugnissen die verdiente weltweite
Anerkennung zuteil wird.'

Entsprechend dem Ziel der Kommission, die Anerkennung der Rechte an geistigem
Eigentum zu verbessern, werden mit dem Vorschlag die vollständige Umsetzung des
TRIPS-Abkommens(1) sowie ein besserer Schutz von geografischen Bezeichnungen
angestrebt. Um den Verpflichtungen der Kommission gemäß dem TRIPS-Abkommen
Rechnung zu tragen, wird vorgeschlagen, die Verordnung (EWG) Nr. 2018/92 in
folgenden Punkten zu ändern:

- Das Recht auf Einspruch gegen eine Eintragung wird auf Staatsangehörige von
WTO-Mitgliedstaaten ausgedehnt, die im Gebiet der Gemeinschaft einen Anspruch und
berechtigte Interessen geltend machen. Damit erhalten Staatsangehörige von
WTO-Mitgliedstaaten dasselbe Recht wie Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten,
gegen die Eintragung eines Erzeugnisses innerhalb von sechs Monaten nach der
Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Einspruch zu
erheben.

- Über die bloße Konformität mit dem TRIPS-Abkommen hinausgehend, schlägt die
Kommission wichtige Änderungen vor, durch die das EU-System von
Ursprungsbezeichnungen zu einem Modell für den Rest der Welt werden soll. Dahinter
steht der Wunsch, den Schutz von europäischen Qualitätserzeugnissen auch außerhalb
der EU zu verbessern. Da die EU auf Nichtmitgliedsländer in diesem Zusammenhang
keinen Druck ausüben kann, sollen diese für einen Schutz auf Gegenseitigkeit
gewonnen werden. Führt also ein Nichtmitgliedsland ein gleichwertiges System ein,
das ein Einspruchsrecht für die EU sowie die Verpflichtung einschließt,
EU-Bezeichnungen in seinem Gebiet zu schützen, so würde die EU ein spezifisches
Verfahren anbieten, nach dem die Erzeugnisse dieses Landes für den EU-Markt
eingetragen werden.

- Bei Interessenkonflikten zwischen geografischen Angaben und Marken würde die in
der Verordnung bereits vorgesehene Lösung künftig nicht nur für eingetragene
Marken gelten, sondern auch für Marken, die durch Benutzung erworben wurden.

- Die im Falle eins Interessenkonflikts geltenden Bezugszeitpunkte würden
ebenfalls angepasst. Um die Gleichbehandlung von Marken und geografischen Angaben
sicherzustellen, würde als Bezugszeitpunkt für das Einspruchsrecht der Zeitpunkt
der Einreichung des Eintragungsantrags gelten und nicht der Zeitpunkt der
Veröffentlichung.

Darüber hinaus werden einige weitere Änderungen vorgeschlagen:

- Der Geltungsbereich der Verordnung würde geändert durch die Aufnahme von
Weinessig und die Streichung von Mineral- und Quellwasser. Für Weinessig gab es
bislang eine Rechtsschutzlücke, während bei vielen Eintragungsanträgen für
Mineral- und Quellwasser Probleme aufgetreten sind (gleichlautende Namen für
unterschiedliche Wässer, Fantasienamen oder ungeeignete Namen). Da andere
einschlägige Rechtsvorschriften(2) bereits eine ausreichende Regelung für Mineral-
und Quellwasser enthalten, wird vorgeschlagen, dieses aus der Verordnung
herauszunehmen.

- Gleichlautende Bezeichnungen: Es werden ergänzende Bestimmungen eingeführt, nach
denen im Falle gleichlautender Bezeichnungen über die Eintragung entschieden
werden soll. Außerdem wird die Schaffung eines Rechtsrahmens vorgeschlagen, mit
dem die Weiterverwendung identischer Bezeichnungen, die nicht unter die Verfallung
fallen, auf höchstens 15 Jahre begrenzt wird.

- Bei entsprechender Begründung kann die Löschung einer Eintragung aus dem
Verzeichnis beantragt werden.

- Das vereinfachte Eintragungsverfahren (Artikel 17) wird abgeschafft, da es kein
Einspruchsrecht vorsieht, das aber unerlässlich ist, um bereits erworbene Rechte
zu schützen und Benachteiligungen durch die Eintragung zu verhindern.
Dieser Vorschlag muss nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments im Agrarrat
mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden.

Hintergrund

'Queso Manchego', 'Prosciutto di Parma', 'Roquefort' ... . Indem das Etikett dem
betreffenden Erzeugnis einen einzigartigen Charakter aufgrund des Ursprungsgebiets
und der Herstellungsweise bescheinigt, verleiht es ihm auch einen besonderen
Mehrwert. Verbreitet sich indessen der besondere Ruf eines Erzeugnisses über die
Landesgrenzen hinaus, kann dies dazu führen, dass es in Wettbewerb mit
nachgeahmten Erzeugnissen gerät, die denselben Namen führen. Dieser unlautere
Wettbewerb ist nicht nur unerfreulich für den Hersteller, sondern auch irreführend
für den Verbraucher. Aus diesem Grunde hat die Europäische Union mit der
Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 Eintragungssysteme eingeführt, um die Bezeichnungen
von Lebensmitteln zu schützen und deren Absatz zu fördern.

Ziel der Verordnung ist es, geografische Nahmen von Erzeugnissen zu schützen, die
bestimmte, genau festgelegte Voraussetzungen erfüllen. Sie sieht ein
harmonisiertes, gemeinschaftsweites System für den Schutz von Rechten an geistigem
Eigentum vor und fällt somit in den Rahmen des TRIPS-Abkommens (1994) und
insbesondere von dessen Abschnitt, der den Schutz geografischer Angaben betrifft.

Gegenwärtig sind rund 570 Namen von Käse, Fleisch, Obst, Gemüse und anderen
Erzeugnissen als g.U. (geschützte Ursprungsbezeichnung), g.g.A. (geschützte
geografische Angabe) oder g.t.S. (garantiert traditionelle Spezialität)
eingetragen.

Beispiele:

Belgien: Jambon d' Ardenne
Irland: Timoleague Brown Pudding
Österreich: Vorarlberger Bergkäse
Dänemark: Danablu
Spanien: Queso Manchego
Niederlande: Noordhollandse Gouda
Schweden: Svecia
Luxemburg: Miel Luxembourgeois de marque nationale
Vereinigtes Königreich: Cornish clotted cream
Griechenland: Tsakoniki Melintzana Leonidiou
Portugal: Citrinos do Algarve
Italien: Prosciutto di Parma
Frankreich: Roquefort
Finnland: Lapin Puikula
Deutschland: Bayerisches Bier

Das vollständige Verzeichnis von geschützten Bezeichnungen findet sich im
Internet.

(1)Gemäß dem im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) geschlossenen Abkommen
über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) müssen alle
WTO-Mitgliedstaaten eine umfassende Reihe von Mindeststandards für den Schutz der
Rechte an geistigem Eigentum einhalten. Darüber hinaus sieht das Abkommen auch die
Durchsetzung dieser Rechte vor.

(2)Richtlinie 80/777/EWG des Rates vom 15. Juli 1980.

Links zum Thema EU-Dokumente.

 


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