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@grar.de Aktuell - 13.03.2002

Künast: 'Ausstieg aus Käfighaltung der Legehennen kann beginnen'

Verordnung zur Hennenhaltung tritt heute in Kraft


Berlin (agrar.de) - Heute tritt die Verordnung zur Hennenhaltung in Kraft, die vom
Bundesrat im Oktober 2001 angenommen wurde. Ab sofort dürfen damit keine Ställe
mehr gebaut werden, in denen Hennen in Käfigbatterien gehalten werden. Dies gilt
auch für so genannte ausgestaltete Käfiganlagen. Bestehende Ställe müssen ab
Januar 2007 umgebaut sein; ausgestaltete Käfige sind ab Januar 2012 nicht mehr
zugelassen. 'Damit startet morgen der Ausstieg aus der Käfighaltung von Hennen in
Deutschland, den 90 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher befürworten. Bei
dem Umbau helfen wir den Landwirten mit spezieller Förderung und besserer
Kennzeichnung von Eiern und Eiprodukten,' erklärte Bundesverbraucherministerin
Renate Künast.

Eier aus alternativen Haltungsformen sollen künftig beim Einkauf leichter zu
erkennen sein. So gibt es bereits seit dem 1. Januar 2002 nicht mehr fünf
Haltungskategorien, sondern nur noch die drei eindeutigen Kategorien Käfig-,
Boden- und Freilandhaltung. Ab 2004 muss die Haltungsform auf jeder Packung
angegeben werden, zum Beispiel 'Eier aus Käfighaltung'. Zusätzlich muss jedes Ei
mit einem Erzeugercode versehen werden, auf dem die Haltungsform, das
Herkunftsland und die Nummer des Erzeugerbetriebes verzeichnet sind. Bereits ab
2002 kann außerdem jeder, der Eier verarbeitet, die Haltungsform der Legehennen
auf seinen Eiprodukten angeben und mit tiergerechter Eiererzeugung werben. Eine
Kampagne zur Verbraucheraufklärung über die Haltungsanforderungen für Legehennen
in Deutschland sowie über die Kennzeichnung von Eiern soll in Kürze starten.

Der Ausstieg aus der Käfigbatteriehaltung von Legehennen wird von der
Bundesregierung außerdem durch neue Maßnahmen der Investitionsförderung
erleichtert. 2002 gelten bereits die verbesserten Fördergrundsätze der
Investitionsförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe 'Verbesserung der
Agrarstruktur und Küstenschutz'. Zusätzlich wird ein neues Bundesprogramm zur
Förderung tiergerechter Legehennenhaltungssysteme Betrieben einen Anreiz bieten,
bereits vor 2007 auf Boden-, Volieren- oder Freilandhaltung umzustellen.
(unsere Meldung)

Auch die Forschung zur Verbesserung dieser Haltungsformen wird verstärkt
gefördert. 'Weniger als die Hälfte der Eier aus alternativen Haltungsformen
stammen bis jetzt aus Deutschland. Hier gibt es genügend Potenzial für die
Landwirte. Ich ermuntere sie, ihre Produktion frühzeitig umzustellen und unsere
Förderangebote anzunehmen,' so Künast.

DBV und ZDG befürchten dramatische Marktverschiebungen

'Dieser nationale Alleingang entbehrt jeglicher wissenschaftlich begründeten
Notwendigkeit. Zudem bleiben neue Entwicklungen in der Kleingruppenhaltung, wie
sie die EU-Richtlinie vorsieht, in der nationalen Verordnung unberücksichtigt. Die
Leidtragenden werden eindeutig der Verbraucher und die deutschen Hennenhalter
sein', beurteilen der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Zentralverband
der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) die Konsequenzen der nun rechtskräftigen
Verordnung.

Nach Auffassung von DBV und ZDG steht der rein politisch und ideologisch
motivierte deutsche Weg eindeutig im Widerspruch zum Wunsch der Verbraucher, Eier
aus streng kontrollierter, regionaler Erzeugung zu kaufen. DBV und ZDG appellieren
an Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast, sich nicht weiterhin einer
Sachdiskussion zu verschließen, um doch noch die dramatischen Konsequenzen für
Verbraucher und Geflügelwirtschaft abzuwenden. Der populistische Spruch 'Freiheit
für die Hühner' werde zum Bumerang für den Verbraucherschutz.

Es bleibe eine politische Wunschvorstellung, die kostenintensivere Boden- und
Freilandhaltung von Legehennen mit großen Herausforderungen bezüglich
Produktqualität, Tiergesundheit, Umweltschutz und Arbeitsplatzbedingungen in
Deutschland in dem gewünschten Maße auszubauen. Schon heute bestehe europaweit ein
Überangebot von Eiern aus diesen Haltungsformen. Zudem seien die mit der Boden-
und Freilandhaltung verbundenen Probleme wie höhere Mortalität und stärkerer
Arzneimittelaufwand zur Gesunderhaltung der Tiere ungelöst.

Nach einhelliger Auffassung von Marktexperten und Wissenschaftlern werden durch
die neuen Vorschriften zur Hennenhaltung die Strukturen in der Geflügelwirtschaft
nachteilig verändert. Bäuerliche Familienbetriebe werden es nicht schaffen, bei
den zu kurz bemessenen Übergangsfristen genügend Geld für die Umstellung ihrer
Betriebe aufzubringen und somit aus der Erzeugung ausscheiden. Die Erzeugung wird
in Länder mit niedrigeren Tierschutzstandards verlagert; in ganz Europa und in den
Beitrittsländern Osteuropas wird bereits heute massiv in herkömmliche
Käfighaltungsanlagen zur Erzeugung von Eiern für den deutschen Markt investiert.

DBV und ZDG fordern daher eine Reform der jetzt in Kraft tretenden
Hennenhaltungsverordnung mit folgenden Eckpunkten:

- Die Kleingruppenhaltung' als entscheidende Weiterentwicklung ist zuzulassen, um
den Anforderungen sowohl des Tierschutzes als auch den weiter zunehmenden
Forderungen des Verbraucherschutzes hinsichtlich Produktqualität (z. B.
verschärfte Grenzwerte von Dioxin in Eiern) gerecht zu werden.

- Flankierende Maßnahmen für die umstellungsbereiten Legehennenhalter sind
umgehend erforderlich, d. h. Aufstockung der Mittel zur gewünschten Neuausrichtung
der Legehennenhaltung und vereinfachte Genehmigungsverfahren.

- Ausgleich der Vermögensverluste, die auf ca. 2,5 Milliarden Euro beziffert
werden, für die Betriebe, die ganz oder teilweise aufhören müssen.

- Mehr Verbrauchertransparenz durch eine sofortige Kennzeichnung aller Eier mit
Herkunftsland und Haltungsform.

Die deutsche Eierwirtschaft kündigte an, alle Rechtsmittel gegen die
Hennenhaltungsverordnung einlegen.

Links zum Thema Geflügel.

 


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