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@grar.de Aktuell - 26.02.2002

Die Zukunft der Grünen Gentechnik - Ein- oder Ausstieg?

Sonnleitner: EU, Bund und Länder müssen für Klarheit sorgen


Berlin (agrar.de) - 'Einstieg oder Ausstieg', so heißt das Thema des
Perspektiv-Forums des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zur 'Zukunft der
Grünen Gentechnik', das heute und morgen in Berlin stattfindet.

Auf deutschen Feldern werden bislang keine gentechnisch veränderten Pflanzen
angebaut. Doch weltweit ist die 'Grüne Gentechnik' Realität. Heute werden auf der
Erde mehr als 50 Millionen Hektar mit gentechnisch veränderten Pflanzen bebaut.
Ihre Produkte gelangen durch Importe auf den europäischen und deutschen Markt.
Enzyme und Hefen werden in der Lebensmitteltechnologie mit großem Erfolg
eingesetzt. In der deutschen und europäischen Öffentlichkeit wird die 'Grüne
Gentechnik', anders als die 'Rote Gentechnik' in der Humanmedizin, strikt
abgelehnt. Mit seinem Perspektiv-Forum führt der DBV Kritiker wie Befürworter der
'Grünen Gentechnik' zum Dialog zusammen. Vertreter der Pflanzenzüchtung, der
Politik, der Wissenschaft, der Wirtschaft und der landwirtschaftlichen Praxis
sowie der Umwelt- und Verbraucherverbände beteiligen sich an diesem
Perspektiv-Forum.

'Die Bevölkerung in Deutschland und Europa ist bisher nicht vom Nutzen der 'Grünen
Gentechnik' überzeugt. Jüngste Umfragen zeigen, dass 70 Prozent der befragten
EU-Bürger gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnen. Fast 95 Prozent verlangen
zwischen gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln und unveränderten Produkten
wählen zu können', skizzierte DBV-Präsident Gerd Sonnleitner das öffentliche
Meinungsbild. Der Bauernverband gehe weder euphorisch, wie manche
Saatgutunternehmen, noch kategorisch ablehnend, wie die
Umweltorganisationen, an die 'Grüne Gentechnik' heran. Die Chancen, die in dieser
Technik steckten, dürften nicht von vornherein durch eine überzogene
Risikodiskussion zugeschüttet werden. 'Wir Bauern müssen die Chancen der Bio- und
Gentechnik im Auge behalten, schon aus Wettbewerbsgründen. Aber für uns ist das
Verbrauchervertrauen genauso wichtig. Wir erzeugen nur das, was Akzeptanz beim
Kunden findet.'

Ob es bei einer dauerhaften Ablehnung der Bevölkerung bleibt, hänge entscheidend
auch von der 'Grünen Gentechnik' selbst ab und ihrer Weiterentwicklung. Es müssten
unmittelbar und erkennbare Vorteile für die Verbraucher und Umwelt durch die
gentechnische Züchtungsarbeit erreicht werden und nicht nur Nutzen für die Land-
und Ernährungswirtschaft, forderte Sonnleitner. Die Möglichkeiten reichten von
vitaminreichen Reis- und Getreidesorten bis hin zur besseren Ausnutzung der
Stickstoffbindung durch Knöllchenbakterien.

Politische Handlungsfelder zur Auflösung der wenig hilfreichen Stagnation sieht
Sonnleitner vor allem in der Gesetzgebung. Die Kennzeichnung und
Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln müsse
auf europäischer und nationaler Ebene geregelt werden. EU-Kommission und
Bundesregierung seien gefordert, unverzüglich gesetzlich zu klären, ob nur
diejenigen Produkte zu kennzeichnen sind, die gentechnisch veränderte Bestandteile
enthalten, oder ob der gesamte Produktionsprozess offenzulegen ist, unabhängig
davon, ob gentechnisch veränderte Stoffe nachzuweisen sind oder nicht, betonte
Sonnleitner auch vor Journalisten. Letzteres sei in der Alltagspraxis nicht
umsetzbar.

Die europäische Freisetzungs-Richtlinie für gentechnisch veränderte Pflanzen muss
bis zum 17. Oktober national umgesetzt werden. Sonnleitner äußerte Zweifel, ob
dies in dieser Legislaturperiode noch möglich ist. Auf jeden Fall müssten von der
Bundesregierung entsprechende Vorarbeiten geleistet werden, um dem neu gewählten
Bundestag eine Einhaltung des Termins zu ermöglichen. Für den Anbau gentechnisch
veränderter Pflanzensorten sei eine klare Regelung durch den Gesetzgeber
notwendig, damit es nicht zu streitigen Diskussionen und Haftungsfragen komme.
Auch hier sei die Haltung des DBV klar', erklärte Sonnleitner. 'Wir wollen die
Wahlfreiheit des Landwirts und des Verbrauchers. Das setzt zum Beispiel Regelungen
für den Abstand der Felder voraus, um Vermischungen vorzubeugen. Während in
Amerika faktisch der gesamte Ölsaatenanbau, aber auch der Mais- und Baumwollanbau
in 'gentechnischer Mischkultur' angebaut werde, finde in Europa die Erzeugung
gentechnisch veränderter landwirtschaftliche Produkte gegenwärtig gar nicht mehr
statt, selbst im wissenschaftlichen Versuch nicht. Die Umsetzung der
EU-Systemrichtlinie über eine Novelle des deutschen Gentechnikgesetzes sei
kurzfristig machbar und unproblematisch. Dies betreffe den Umgang der 'Grünen
Gentechnik' bei Zuchtunternehmen und Gentechnikfirmen.

Der Deutsche Bundestag müsse auch über die Umsetzung der EU-Biopatentrichtlinie
entscheiden. Sonnleitner lehnt Patente auf Pflanzen und Tiere kategorisch ab. Die
europäische Richtlinie sei deshalb fehlerhaft. Das nationale und europäische
Sortenschutzrecht sichert dank Patentschutz Innovation in der Züchtung und der
Landwirtschaft ohne überflüssige Hürden eines bei lebender Materie völlig
unpassenden Patentschutzes.

Information: Deutscher Bauernverband (DBV), Godesberger Allee 142-148,
53175 Bonn, Tel.: 0228-81980, Fax: 0228-8198205, E-Mail.

Links zum Thema Biotechnologie.

 


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