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@grar.de Aktuell - 24.01.2002

Deutsche Zuckerwirtschaft stellt ihr Positionspapier vor

Freiwilliger Gentechnikverzicht bis 2004


Bonn (agrar.de) - Auf die nachhaltige Wirtschaftsweise und schonende Nutzung der
heimischen Ressourcen bei der Rüben- und Zuckererzeugung am Standort Europa hat
der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ), Klaus
Wittenberg, hingewiesen. Anlass war die Vorstellung des Positionspapiers der
deutschen Zuckerwirtschaft im Rahmen eines Parlamentarischen Abends der
Wirtschaftsverbände Zucker in Berlin. Dabei machte Wittenberg deutlich, dass ohne
Außenschutz, Mindestpreisgarantie und Quotenregelung die Erfordernisse von
Ökologie, Verbraucherschutz, EU-Osterweiterung und die Erfüllung der
WTO-Verpflichtungen nicht umsetzbar seien. Mit der Zuckermarktordnung verfüge die
Europäische Union über ein bewährtes Instrument, das auch dem sozialen und
ökologischen Grundverständnis der Gemeinschaft Rechnung trage.

Die deutsche Zuckerwirtschaft bekennt sich in ihrem Grundsatzpapier klar zu ihrer
Verantwortung, zu Umwelt- und Verbraucherschutz und zu ihrer stabilisierenden
Rolle auf dem Weltmarkt

Das Grundsatzpapier befasst sich insbesondere mit dem Beitrag der Rüben- und
Zuckererzeugung zur Nachhaltigkeit, Ökologie, Verbraucherschutz, EU-Erweiterung,
WTO, Entwicklungsländer und Welthandel.

Nachhaltige und umweltschonende Rüben- und Zuckererzeugung

Der Zuckerrübenanbau in Europa trägt zu einer vielfältigen Bodenbewirtschaftung im
Ackerbau bei und lockert intensive Getreidefruchtfolgen auf. Die Rübenproduk-tion
ist durch einen außerordentlich sorgfältigen Umgang mit der Natur und mit den
eingesetzten Produktionsmitteln gekennzeichnet. Gemeinsam investieren
Landwirtschaft und Industrie in eine umweltgerechte und umweltschonende
Produktionstechnik im Rübenanbau und der Zuckergewinnung. Den hohen Erwartungen an
Produktqualität und Produktion können die europäischen Rübenanbauer und
Zuckerproduzenten dank intensiver Forschung und Entwicklung, modernen
Qualitätsmanagements und hochentwickelter Technik Rechnung tragen.

Alle Nebenerzeugnisse der Zuckergewinnung wie Zuckerrübenschnitzel und Melasse
werden weiter verwertet. Zuckerrübenschnitzel sind ein wichtiges einheimisches und
rein pflanzliches Futtermittel. Melasse ist ein gefragter Rohstoff für die
Herstellung von Hefe und anderen Produkten.

Qualität für den Verbraucher

Die seit 1968 bestehende Zuckermarktordnung trägt zur Stärkung des hohen Niveaus
der Europäischen Union im Verbraucherschutz bei. Sie garantiert dem Verbraucher
die Versorgung mit Zucker und sichert eine große Produktvielfalt von hoher
Qualität. Gemessen an der Kaufkraft entsprechen die Zuckerpreise in der EU dem
Durchschnitt der Zuckerpreise in industrialisierten Ländern. In der Bundesrepublik
Deutschland sind die Zuckerpreise in den vergangenen zwei Jahrzehnten real um mehr
als 50 Prozent gesunken.

Die deutsche Zuckerwirtschaft hat sich sehr früh dazu verpflichtet, bis
einschließlich 2004 sicherzustellen, dass in Deutschland kein Zucker aus
gentechnisch modifiziertem Saatgut erzeugt wird. In der gesamten Kette der Rüben-
und Zuckererzeuger besteht Konsens darüber, dass gentechnisch veränderte Rüben
erst dann zum Einsatz kommen, wenn der Verbraucher dies verlangt bzw. akzeptiert.

Nutzung der heimischen Ressourcen

Die europäische Rüben- und Zuckererzeugung ist in erster Linie auf den heimischen
Bedarf ausgerichtet. Der Zuckerrübenanbau erfolgt hier im Gegensatz zu ande-ren
wichtigen Erzeugerländern im Rahmen einer bäuerlichen Landwirtschaft. Die
Zuckerrübe wird in Deutschland in mehr als 55.000 und in der EU in mehr als
300.000 landwirtschaftlichen Betrieben angebaut. Die Erzeugung von Zuckerrüben und
Zucker am Standort Europa stellt sicher, dass die zur Versorgung des
Gemeinschaftsbedarfs benötigten 13 Mio. t Zucker nicht über lange Strecken
transportiert werden müssen, sondern vor Ort produziert werden. Der europäische
Zucker zählt damit auch für die Weiterverarbeiter zu den 'Rohstoffen', die nicht
nur umweltgerecht produziert, sondern auch unter dem Aspekt der Vermeidung
unnötiger Transportwege (Stichwort 'Foodmiles') verbrauchernah erzeugt werden.

Positive Effekte für Drittländer

Mit der AKP-Regelung (seit 1974) und der LDC-Regelung (seit 2001) verfügen
zahlreiche Entwicklungs- und Schwellenländer über eine Einfuhrgarantie in die
Europäische Union. Aus diesen Ländern werden jährlich mehr als 1,6 Mio. t Zucker
zu den garantierten europäischen Preisen in die EU eingeführt. Damit hat die
Zuckermarktordnung auch für diese Ländergruppen eine existentielle Bedeutung.
Aufgrund der LDC-Initiative werden diese Mengen in den kommenden Jahren noch
erheblich steigen.

Mit dem Beschluss zur Fortsetzung der Quotenregelung erklärt die EU ihren
eindeutigen Willen, den Anteil des EU-Zuckers am Weltmarkt auf ein bestimmtes Maß
zu begrenzen. Die Netto-Exporte der EU sind seit vielen Jahren, sieht man von den
Ernteschwankungen ab, stabil geblieben. Der EU-Anteil an den weltweiten Ausfuhren
hat sich in den vergangenen 10 Jahren von 22 auf 17 Prozent reduziert und liegt
bei wenig mehr als 3 Mio. t (Nettoexporte). Im gleichen Zeitraum hat Brasilien
seine Ausfuhren mehr als verzehnfacht.

Damit ist die Rolle der Europäischen Union auf dem Weltmarkt klar definiert.
Während die großen Zuckerproduzenten Australien und Brasilien, deren Anbau durch
Monokulturen und Plantagenwirtschaft gekennzeichnet ist, in erster Linie für den
Export produzieren, handelt es sich bei der Rüben- und Zuckererzeugung in Europa
um eine Produktion überwiegend für die Versorgung des heimischen Marktes. Dies
kommt auch beim Selbstversorgungsgrad zum Ausdruck, der in Australien 360 Prozent,
in Brasilien 210 Prozent und in der Europäischen Union weniger als 130 Prozent
beträgt.

Notwendiges Instrument für die Beitrittsländer

Die künftigen Mitgliedstaaten in Mittel- und Osteuropa brauchen verlässliche
Rahmenbedingungen, wie sie die Zuckermarktordnung bietet. Nur sie ist Garant für
die erforderlichen Investitionen in die Zuckerindustrie dieser Ländern und sie
vermeidet durch ihre Haushaltsneutralität Ausgleichszahlungen für den Bereich des
Zuckerrübenanbaus. Mit ihrer Übertragung wird ferner die reibungslose Einbeziehung
der Zuckerwirtschaft in den MOEL in die WTO-Verpflichtungen sichergestellt. Das
Niveau der Zuckerpreise in den MOEL ist unter Berücksichtigung der
Kaufkraftrelationen dem der EU bereits heute durchaus vergleichbar.

Europäische Standards verlangen europäische Maßstäbe

Die deutschen Zuckerrübenanbauer und Zuckerhersteller befürworten nachdrücklich
das hohe Niveau der Europäischen Union im Sozialbereich sowie im Umwelt- und
Verbraucherschutz. Dieses hohe Niveau macht aber für eine heimische Erzeugung
einen entsprechenden Außenschutz notwendig - schließlich ist Zucker ein weltweit
produziertes und gehandeltes Produkt, das in der Europäischen Union nicht zum
Spotmarkt-Preis hergestellt werden kann.

Obwohl die Zuckerrübe dem Zuckerrohr in vielfacher Hinsicht deutlich überlegen
ist, dies gilt insbesondere hinsichtlich ihrer Leistung an Biomasse, ihrer
Umweltverträglichkeit und ihres relativ geringen Wasserbedarfs, verfügen die
europäischen Erzeuger nicht über die gleichen Produktionsvoraussetzungen wie die
Produzenten in den großen Zuckerrohr anbauenden Ländern. Die dortige Produktion
ist durch niedrige Sozial- und Umweltkosten, durch Monokulturen und durch negative
Folgen für die Umwelt gekennzeichnet. Dies sind Produktionsvoraussetzungen, mit
denen die europäischen Erzeuger nicht verglichen werden dürfen.

Die europäische Rüben- und Zuckererzeugung kann deshalb nur dann langfristig
gesichert werden, wenn die ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen in der EU
und die multifunktionale Rolle der heimischen Landwirtschaft angemessen
berücksichtigt werden, wie dies im Rahmen der Zuckermarktordnung der Fall ist.

Links zum Thema Zuckerrüben.

 


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