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@grar.de Aktuell - 23.01.2002

EU-Kommission verabschiedet Regelung für die Umwelthaftung zur Vermeidung und Behebung von Umweltschäden


Brüssel (agrar.de) - Die Europäische Kommission hat heute einen Vorschlag
für eine Richtlinie über Umwelthaftung zur Vermeidung von Umweltschäden und zur
Sanierung der Umwelt angenommen. Von dieser Richtlinie würden Wasserverschmutzung,
Schäden in Bezug auf die biologische Vielfalt, und Bodenverschmutzung, die eine
schwerwiegende Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellt, erfasst werden.
Betreiber, die bestimmte gefährliche oder potenziell gefährliche Tätigkeiten
durchführen und damit Umweltschäden verursachen, würden für die Behebung des
entstandenen Schadens haften oder für die entsprechenden Sanierungsmaßnahmen
zahlen.

Alle Betreiber, die durch Fehler oder aus Nachlässigkeit Schaden in Bezug auf die
biologische Vielfalt verursachen, wären ebenfalls verpflichtet, den Schaden zu
beheben. Die Umweltkommissarin Margot Wallström äußerte sich wie folgt: 'Das
Konzept, dass der Verursacher zahlen muss, ist ein Eckpfeiler der EU-Politik. Die
Kommission sendet mit ihrem heutigen Vorschlag eine klare Botschaft aus: die Zeit
ist gekommen, dass die EU das Verursacherprinzip in die Praxis umsetzt. 'Die
Mitgliedstaaten müssen in der Lage sein, Umweltschäden in Angriff zu nehmen und
sich in Bezug auf Fragen, wer verantwortlich ist, welcher Schaden erfasst ist und
wer die Kosten zu tragen hat, auf gemeinsame Regeln stützen können. Die heute von
der Kommission vorgeschlagene Regelung wird ein starker Anreiz sein, zu vermeiden,
dass solche Schäden überhaupt entstehen.'

Die Kommissarin erklärte ferner: 'Wir sind alle betroffen, wenn es um den
Umweltschutz und die Schadensvermeidung geht. Die Bürger, die Industrie und die
NRO haben daher schon lange auf diesen wichtigen Vorschlag gewartet und verbinden
mit ihm große wenn auch unterschiedliche - Erwartungen. Heute hat die Kommission
den ersten konkreten Schritt in Richtung auf die Einführung einer umfassenden
Umwelthaftungsregelung auf europäischer Ebene getan.'

Hintergrund

Die Entscheidung der Kommission, diesen Vorschlag anzunehmen, spiegelt ihre
Verpflichtung wider, derzeitige unhaltbare Trends zu bekämpfen: den
fortschreitenden Verlust der biologischen Vielfalt in ganz Europa und die
zunehmende Verschmutzung von Wasser und Boden.

Der Vorschlag schafft einen auf der Umwelthaftung basierenden Rahmen, um
sicherzustellen, dass Umweltschäden in Zukunft behoben oder vermieden werden. Der
Vorschlag hat keine rückgreifende Wirkung.

Umweltschäden umfassen Schäden in Bezug auf die biologische Vielfalt, die durch
gemeinschaftliche und einzelstaatliche Rechtsvorschriften geschützt ist, sowie
Gewässer, die durch die Rahmenrichtlinie (2000/60/EG) geregelt sind, und ferner
Bodenverschmutzung, die eine schwerwiegende Gefahr für die menschliche Gesundheit
darstellt.

Die öffentlichen Behörden werden bei der vorgeschlagenen Haftungsregelung eine
wichtige Rolle spielen. Ihre Aufgabe wird es sein, zu gewährleisten, dass für
Umweltschäden verantwortliche Betreiber die notwendigen Sanierungsmaßnahmen selbst
durchführen oder diese finanzieren.

Öffentliche Interessengruppen, wie Nichtregierungsorganisationen, können nach
dieser Regelung die öffentlichen Behörden auffordern, wenn nötig, tätig zu werden
und deren Entscheidungen gerichtlich anfechten, sofern diese Entscheidungen
rechtswidrig sind.

Schadensvermeidung

In Bezug auf die Schadensvermeidung sieht der Vorschlag im Falle von Betreibern,
die eine Situation verursacht haben, die zu einem Umweltschaden führen könnte,
vor, dass vorbeugende Maßnahmen zu treffen sind, um zu vermeiden, dass diese
Situation zu einem Schaden führt. Wenn zum Beispiel bei einem industriellen
Verfahren eine Störung auftritt, wodurch sich eine Explosion ereignen könnte, weil
in einigen Rohren ein Überdruck entstanden ist, sind Maßnahmen zu ergreifen, um
den Druck zu regulieren und eine mögliche Explosion zu vermeiden.

Sanierung

Wenn dennoch ein Umweltschaden entsteht, müssen die Mitgliedstaaten nach dem
Vorschlag sicherstellen, dass der Umweltschaden behoben wird. Dies beinhaltet,
dass der Schweregrad und der Umfang des Schadens zu beurteilen und die
geeignetsten Sanierungsmaßnahmen festzulegen sind, möglichst gemeinsam mit dem
nach dem Vorschlag für den Schaden haftbaren Betreiber dem Betreiber, der durch
seine Tätigkeit den Schaden verursacht hat.

Die zuständige Behörde kann von dem Betreiber fordern, dass er die notwendigen
Vorbeuge- oder Sanierungsmaßnahmen ergreift, die dann direkt von dem Betreiber
finanziert werden. Wahlweise kann die zuständige Behörde die betreffenden
Maßnahmen selbst durchführen oder von einer dritten Partei durchführen lassen.
Eine Kombination beider Konzepte ist auch möglich.

Wenn die Sanierung von der zuständigen Behörde oder für diese von einer dritten
Partei durchgeführt wird, und ein oder mehrere Betreiber nach dem Vorschlag für
den Schaden haftbar sind, muss die zuständige Behörde gemäß dem Verursacherprinzip
die Ausgaben der Sanierung von den haftenden Betreibern eintreiben. Dieselbe
Regelung gilt für vorbeugende Maßnahmen.

Geltungsbereich der Richtlinie

Die Betreiber, die nach der Richtlinie für die Vermeidung und Behebung der
Umweltschäden in finanzieller Hinsicht potenziell haftbar sind, sind Betreiber,
die die in Anhang I aufgelisteten gefährlichen oder potenziell gefährlichen
Tätigkeiten durchführen. Dabei handelt es sich um Tätigkeiten, bei denen
Schwermetalle in Gewässer oder in die Luft freigesetzt werden, Anlagen, die
gefährliche Chemikalien produzieren, Deponien und Verbrennungsanlagen.

Betreiber, die Tätigkeiten durchführen, die nicht von Anhang I erfasst sind,
können nach der Richtlinie ebenfalls im Hinblick auf Maßnahmen zur Vermeidung oder
Behebung von Schäden in Bezug auf die biologische Vielfalt finanziell haftbar
sein, jedoch nur wenn ihnen Nachlässigkeit nachzuweisen ist. Dieser erweiterte
Schutz geht darauf zurück, dass Schäden in Bezug auf die biologische Vielfalt an
sich durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften kaum abgedeckt sind, und wenn, dann
ist keineswegs gewährleistet, dass die geschädigte biologische Vielfalt auch
tatsächlich saniert wird.

Schließlich umfasst der Vorschlag Bestimmungen über grenzüberschreitende Schäden,
die Deckungsvorsorge, die Beziehung zu einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und
die Überprüfung der Regelung.

Aufforderung zu Maßnahmen

Qualifizierte Rechtspersonen (öffentliche Interessengruppen, wie NRO) sowie
Personen mit einem eindeutigen Interesse, d.h. die einen Schaden erlitten haben,
können die zuständigen Behörden auffordern, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und
Maßnahmen bzw. das Unterlassen von Maßnahmen seitens der zuständigen Behörden
anfechten. Dies bietet der Öffentlichkeit die Möglichkeit, die den zuständigen
Behörden übertragene Aufgabe als Treuhänder der Umwelt zu überwachen und zu
beeinflussen.

Ausnahmen

In dem Vorschlag sind verschiedene Ausnahmen und Rechtfertigungen enthalten, die
durch die Notwendigkeit begründet sind, Rechtssicherheit und Innovationsschutz zu
gewährleisten. Beispielsweise begründen genehmigte Emissionen keine Haftbarkeit.
Tätigkeiten und Emissionen, die nach dem Stand der wissenschaftlichen und
technischen Erkenntnisse zum Zeitpunkt ihrer Durchführung oder ihres Auftretens
als sicher für die Umwelt gelten, werden von dem Vorschlag auch nicht erfasst. In
gewissen Fällen jedoch werden sich nachlässige Betreiber nicht auf die
Ausnahmeregelungen stützen können

Die Zahlungsunfähigkeit von Betreibern ist einer der Faktoren, die die Eintreibung
der Ausgaben gemäß dem Verursacherprinzip durch die zuständigen Behörden behindern
können, doch können die diesbezüglichen Auswirkungen durch angemessene finanzielle
Versicherung eines potenziellen Schadens begrenzt werden. Nach dem Vorschlag steht
es den Mitgliedstaaten frei, angemessene Vorkehrungen bezüglich der
Deckungsvorsorge zu treffen.

Nächste Schritte

Dieser Vorschlag wird dem Umweltrat auf seiner Tagung im März 4. 2002 vorgelegt.
Damit beginnt das Gesetzgebungsverfahren, das mit dem gemeinsamen Erlass der neuen
Richtlinie durch das Europäische Parlament und den Ministerrat endet. Dieses
sogenannte Mitentscheidungsverfahren dauert in der Regel zwei bis drei Jahre. Nach
dem endgültigen Erlass der Richtlinie werden die Mitgliedstaaten die Richtlinie
innerhalb von zwei Jahren in innerstaatliches Recht umsetzen müssen."

Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für
Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik)

 


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