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@grar.de Aktuell - 19.12.2001

Gegendarstellung zum 'Erfahrungsbericht' von J. Donhauser

Berechtigte Ohrfeige für den Ökolandbau oder Einzelfall mit Hintergrund?


Hohenkammer/Rheine (agrar.de) - Zu unserer Meldung vom 21.11.2001
(Erfahrungsbericht: Aus Tierschutzgründen nicht mehr Ökobauer) erreichte
uns folgende Gegendarstellung:

'Herr Donhauser hat in seinem 'Erfahrungsbericht' - wie schon in zahlreichen
Leserbriefen an Fachzeitschriften - einmal mehr zu einem Rundumschlag gegen die
Schweineerzeugung nach den Kriterien des ökologischen Landbaus ausgeholt.

Vorneweg: Natürlich sind auch im ökologischen Landbau weder Euphorie noch
Blauäugigkeit gefragt, sondern realistische Abwägung von Chancen und Risiken. Um
die Kritik von Herrn Donhauser einordnen zu können, müsste, was an dieser Stelle
nicht möglich ist, seine ganze, umfangreiche Vorgeschichte dargestellt werden.
Wenn Herr Donhauser schreibt, er habe sich vor allem aus Tierschutzgründen von der
ökologischen Schweinehaltung verabschiedet stellt dies die Tatsachen auf den Kopf.
Wegen schwerer Richtlinienverstöße wurde ihm nach lediglich zweijährigen
Gehversuchen im ökologischen Landbau schon im Juni 1999 ein Öko-Vermarktungsverbot
erteilt:

- In verschiedenen Rationen waren unerlaubte Futtermittelbestandteile nachgewiesen
worden.

- Lagerbestände wurden bei der Betriebskontrolle verheimlicht.

- Auch nach der Vermarktungsperre wurden mehreren Mästern Ferkel ohne gültiges
Zertifikat als Bio-Ferkel angeboten.

Der Öko-Erzeugervertrag des Betriebs wurde gekündigt und dieser mit hoher
Geldstrafe belegt.

Zu den fachlichen Darstellungen:

Zweifellos stellen die Vorgaben der ökologischen Tierhaltung hohe Anforderungen an
Haltungssystem und Managementfähigkeiten der Betriebsleiter. Wie in allen anderen
Spezialisierungsrichtungen gibt es Betriebe, die innerhalb ihrer Rahmenbedingungen
erfolgreich und solche, die weniger erfolgreich wirtschaften.

1. Ist eine Verpilzung von Öko-Getreide (und Stroh) unvermeidbar?

Abgesehen von der besonderen Sorgfaltspflicht eines Öko-Betriebsleiters wird auch
jeder verantwortungsbewusste Ferkelerzeuger auf die Qualität seiner eingesetzten
Futtermittel und Einstreumaterialien im Bewusstsein möglicher Folgen besonderen
Wert legen. Die beschriebenen Symptome sind im wesentlichen den Pilzgiften
Ergotamin/Ergocryptin (abgestorbene Ohren oder Schwänze,
Milchmangel),Trichothecene (Milcharmut, Infektabwehr) und Ochratoxin A (Störungen
der Infektabwehr) zuzuordnen. Im Lager wird von den genannten Toxinen lediglich
das Ochratoxin A (durch Schimmelpilze aus der Aspergillus-Gruppe) gebildet.

Untersuchungsergebnisse ergaben unabhängig von der Wirtschaftsweise eine Belastung
von mehr als 10 Prozent der Getreidepartien. Lagerproblemen wird, unabhängig von
der Wirschaftsweise durch sorgfältige Vorreinigung und Nachtrocknung vorgebeugt.
Als häufigste Ursache einer Lagerverpilzung wird nach zu feuchter Einlagerung die
Bildung von Kondenswasser im Silo genannt (Stein, 1994). Falls die geschilderten
Probleme mit Pilztoxinen allgemein vorhanden wären, müssten auch andere
Öko-Ferkelerzeuger laufend damit zu tun haben, dies ist nachweislich nicht der
Fall und durch Untersuchungsergebnisse abgesichert.

Ergotamin/Ergocryptin sind die Auslöser einer Mutterkornvergiftung! Der Befall mit
Mutterkorn hängt nach einer Langzeituntersuchung in Bayern von der eingesetzten
Getreideart, dem Erntejahr und dem betroffenen Wirtschaftsgebiet ab
(Richter,1998). Mutterkornbefall ist damit ebenfalls unabhängig von der
Wirtschaftsweise. Trichothecene (z.B. DON, NIV) sind Fusarientoxine, d.h. sie
befallen das Getreide schon auf dem Feld, wenn die entsprechenden
Lebensbedingungen vorhanden sind. In Untersuchungen der Bayerischen Landesanstalt
für Bodenkultur und Pflanzenbau (LBP) wurden als wichtigste Kriterien für den
Befall mit Fusarium ermittelt: Vorfrucht Mais, Minimalbodenbearbeitung und
bestimmte Pflanzenschutzmittel (Obst u.a., 1999). Alle drei Faktoren besitzen im
ökologischen Landbau kaum oder keine Bedeutung. Die Ergebnisse mehrjähriger
Untersuchungen aus verschiedenen Bundesländern sind eindeutig: Bei Öko-Getreide
besteht gegenüber Vergleichsproben eine deutlich geringere Belastung mit
Fusariumtoxinen!

Im übrigen muss nachgefragt werden dürfen, ob bei sichtbarem Pilzmycel in den
Stroh-Großpacken von einer sorgfältigen Nachtrocknung, Bergung und Lagerung
gesprochen werden darf.

2. Sind Öko-Mastschweine systembedingt stärker verwurmt?

Grundsätzlich gilt natürlich: Bei eingestreuten Haltungssystemen ist die Gefahr
eines persistierenden Spulwurmgeschehens stärker ausgeprägt. Die Organbefunde an
Schlachtschweinen zeigen nach Auskunft des Schweinegesundheitsdienstes vor allem
aber regionale Unterschiede. So wurden bestimmten Regionen über alle
Haltungssysteme bei über 60 Prozent der Lebern ein erhöhter Befall
('Milkspotting') festgestellt. In allen Betriebsweisen sind einzelner
Schlachtchargen mit über 80 Prozent belastet. Bei konsequenter Förderung von
Hygieneprogrammen durch die Schlachthöfe können die Probleme auf einen Befall bis
max. 15 Prozent reduziert werden. In 1999 erbrachte eine umfangreiche
Kotprobenuntersuchung von Ökobetrieben in Zusammenarbeit mit dem TGD Grub im
Rahmen einer Ersterhebung eine Befallsrate von lediglich 14,6 Prozent.

3. Öko-Schweinemarkt: Fakten statt Sensationen!

Dass ungeregelte Märkte mit Schwankungen rechnen müssen, ist nichts Neues und
trifft für alle Produktbereiche zu. Gerade den Schweineerzeugern ist dies nur
allzu geläufig. Richtig ist, dass auch der Ökoschweinemarkt im Jahr 1999 von der
allgemeinen Absatz- und Preismisere im Schweinebereich beeinflusst wurde. Durch
den damals allgemeinen Verfall der Schweinepreise klaffte der Preisabstand
zwischen herkömmlichen und Ökoschweinen soweit auseinander, daß auch die Zahl der
vermarkteten Öko-Tiere deutlich zurückging. So wie auch der konventionelle
Schweinemarkt sich zuletzt gut entwickelte, hat sich der Markt für
Öko-Schweinefleisch seither nicht nur erholt, sondern in den letzten beiden Jahren
eine kleine Ralley erlebt. Wegen der guten Marktentwicklung gibt es seit mehr als
zwei Jahren eine deutliche Knappheit an Öko-Ferkeln und -Schlachtschweinen. Bei
Auslastung der Erzeugungskapazitäten werden die angedienten Öko-Schlachtschweine
nachhaltig mit gutem Erfolg vermarktet. Bei Ferkelpreisen von durchschnittlich 165
DM für ein 28 kg Ferkel, und Öko-Futtergetreidepreisen von 47 - 50 DM liegen die
Deckungsbeiträge bei über 70 DM je Mastschwein. Ökoschweine werden gesucht.
Erzeugergemeinschaften wie die Marktgesellschaft der Naturland Betriebe Süd-Ost
mbH, Hohenkammer bieten süddeutschen Ökolandwirten langfristige Abnahmeverträge
für Ökoferkel siehe auch top agrar 07/2001) und gute Absatzperspektiven für
Ökomastschweine.

Wer sich selbst über Ökoschweineerzeugung und deren praktische Umsetzung eine
Meinung bilden möchte kann gerne ein Infopaket anfordern bzw. sich bei folgenden
Öko-Schweinemastberatern informieren.

In Süddeutschland bei: Herrn Ewald Pieringer, Tel.: 08161/21-167, Fax -145 und
Herrn Jürgen Herrle, Tel.: 0831/52060-86 Fax -93. In Nord und Westdeutschland bei
Frau Anette Alpers Tel.: 02527/9302-32, Fax -20. Gerne werden auch Kontakte zu
erfahrenen Ökoerzeugern vermittelt.'

Jens Binder, Erzeugerring für naturgemäßen Landbau, Eichethof, 85411
Hohenkammer

Links zum Thema Schweine,
Links zum Thema Bio-Landbau.

 


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