Aktuelle Meldungen  -  Nachricht suchen  -   kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

@grar.de Aktuell - 17.12.2001

Reaktionen zum Waldbericht


Berlin (agrar.de) - Der heute von Bundesministerin Renate Künast vorgelegte
Waldschadensbericht zeigt, dass die Bäume im Wald durch negative
Umweltfaktoren weiter stark belastet werden. Der Wald leidet besonders unter den
direkten und indirekten Folgen der Luftverschmutzung. 64 Prozent der deutschen
Waldfläche sind sichtbar geschädigt. Zweiundzwanzig Prozent weisen schwere Schäden
auf. Nur 36 Prozent der Waldfläche scheinen gesund. Besonders erschreckend ist die
Zunahme der Schäden bei Fichten um 3 Prozent auf 69 Prozent. Bei der Kiefer
liegen die sichtbaren Schäden bei 60 Prozent. Da der größte Teil der Kiefern auf
kalk- und nährstoffarmen Böden steht, ist hier jedoch keine Entwarnung möglich.
Kalkarmut begünstigt die Versauerung der Böden und die Nährstoffauswaschung durch
Sickerwasser. Weit überhöhte Stickstoffeinträge und ein zunehmend unausgewogenes
Nährstoffangebot bedrohen deshalb auch in Zukunft die Kiefernwälder. Der
bundesweite Waldschadensbericht wie auch zahlreiche Länderberichte bestätigen,
dass die Belastungen der Waldböden durch Säure- und Stickstoffeinträge weiter zu
hoch sind. Als einen der Hauptverursacher sieht der BUND die
konventionelle Landwirtschaft.

Der BUND begrüßt, dass die Ministerin ihre begonnene Agrarwende mit der Beendigung
der Waldvergiftung koppeln will. Dies ist auch ein wichtiger Beitrag zum Schutz
von Trinkwasser und Menschen. Der BUND begrüßt zudem, dass der neue Waldbericht
die Schäden nicht länger verharmlost. Zum ersten Mal werden geschädigte Bäume in
Schadstufe 'Null' als 'ohne sichtbare Schäden' eingestuft. Dadurch wird die
bisherige Praxis beendet, unter der Stufe 'Null' Bäume als 'vollkommen gesund' zu
bewerten. Dr. Helmut Klein, BUND-Waldexperte: 'Der Trend zu einer neuen
Waldpolitik hat eingesetzt. Die Schäden werden nicht länger verharmlost. Wir
hoffen, dass sich Waldbesitzer und forstliche Vereinigungen dem aufkommenden
frischen Wind aus dem Künast-Ministerium nicht verweigern. Dass nützt langfristig
dem Wald und damit den Menschen und der Umwelt.' Der BUND bedauert, dass der
Waldschadensbericht für Tannen seit Jahren keine Angaben mehr enthält. Dies sollte
dringend geändert werden. Tannen spielen für die Funktion der Schutzwälder in
Mittelgebirgen und besonders in den Alpen eine zentrale Rolle.

Der Zustand dieser Baumart entscheidet über die Bewohnbarkeit dieser Region und
die Sicherheit des transalpinen Verkehrs. Mindestens 70 Prozent aller Tannen sind
sichtbar geschädigt. Die Schäden haben insbesondere bei den über 60-jährigen
Tannen dramatisch zugenommen. Geschätzt sind zirka 40 Prozent aller Tannen und
etwa die Hälfte aller alten Tannen schwer geschädigt. Zu erwarten war eine Abnahme
der Kronenverlichtungen bei Buchen, da der extrem hohe Wert 2000 durch sehr starke
Samenbildung verursacht worden war. Bei Buchen weisen seit neun Jahren nur noch
etwa ein Viertel keine Schäden auf. Bei der Eiche setzte sich ein leichter Trend
zur Besserung fort. Der Anteil von 79 Prozent sichtbar erkrankter und 33 Prozent
schwer kranker Bäume bleibt jedoch viel zu hoch. Der Waldzustand im Gebiet der
neuen Bundesländer war bis etwa 1992 deutlich schlechter als in den alten
Bundesländern. Mit sinkender Luftverschmutzung setzte dort eine Erholung ein, die
1996 jedoch abbrach. Die Minderung des Schwefeldioxidausstoßes wird heute durch
die zunehmende Belastung mit Autoabgasen und den daraus entstehenden Sommersmog
wieder zunichte gemacht. Die registrierte Differenz zwischen Ost (67 Prozent
geschädigt) und West (63 Prozent geschädigt) bei den Baumschäden ist vermutlich
auf unterschiedliche Baumarten zurückzuführen. Der BUND fordert, in Zukunft auch
durch Immissionsschäden entstandene Kahlflächen in die Analyse aufzunehmen. Es
dürfe nicht sein, dass abgestorbene Waldflächen bei der Bewertung der Waldschäden
keine Rolle spielen.


Für die Waldschutzorganisation ROBIN WOOD ist die Massentierproduktion
einer der Hauptschuldigen am Waldsterben. Stickstoffemissionen, die den Wäldern in
Mitteleuropa am stärksten zusetzen, stammten zur Hälfte aus der
landwirtschaftlichen Tierproduktion. Diese Tatsache sei von der Bundesregierung
bisher vertuscht worden. Aber auch die für die Wälder zuständige
Verbraucherschutzministerin Künast habe den Zusammenhang zwischen
Massentierhaltung und Waldsterben bislang nicht in den Vordergrund gerückt. Dabei
wäre dies ein weiteres starkes Argument für die dringende Ökologisierung der
Landwirtschaft.

Nachdem der Schwefelausstoß in den letzten beiden Jahrzehnten deutlich reduziert
wurde, sind die Stickstoffemissionen zum Hauptfaktor geworden, der das
Waldökosystem an den Rand des Kollapses bringt. Etwa 1,6 Millionen Tonnen
Stickoxide - vor allem aus dem Verkehrsbereich - und 0,6 Millionen Tonnen der
Stickstoffverbindung Ammoniak - fast ausschließlich aus der landwirtschaftlichen
Tierhaltung - werden jährlich in die Luft emittiert. Doch diese Art der
Mengenangaben lassen den Anteil der Viehwirtschaft an den Schadstoffemissionen
gering erscheinen. Tatsächlich aber trägt die Landwirtschaft mit 48 Prozent sehr
viel mehr Stickstoff in die Atmosphäre als der Verkehrsbereich mit knapp 32
Prozent. Dies realitätsnähere Bild ergibt sich, wenn nur der eigentlich
schadauslösende Stickstoffanteil der Verbindungen Ammoniak und Stickoxid in die
Berechnungen einfließt. Aber diese Darstellung ist im Landwirtschaftsministerium
bislang nicht gewollt gewesen. ROBIN WOOD fordert die Ministerin Künast auf, die
mittlerweile stagnierende Ökologisierung der Landwirtschaft auch mit dem Argument
'Waldsterben' vorwärts zu bringen.

'Doch auch wenn es längst an der Zeit ist, die fatale Rolle der Landwirtschaft
beim Waldsterben zu verdeutlichen, der Verkehrsbereich ist damit keineswegs aus
der Schusslinie', so Rudolf Fenner, Waldreferent bei ROBIN WOOD. 'Denn neben den
Stickstoffemissionen sind die Abgase aus dem Straßenverkehr auch noch
hauptverantwortlich für die allsommerlich hohen Ozonwerte, die ebenfalls den
Baumkronen stark zusetzen. Ganz zu schweigen von dem hohen verkehrsbedingten
Kohlendioxidausstoß, der der Klimakatastrophe erheblichen Vorschub leistet.'


'Es bleibt dabei, dass der sogenannte Waldzustandsbericht ein Dokument des
fortgesetzten Versagens in der Luftreinhaltepolitik der Bundesregierung ist',
kritisierte Hubert Weinzierl, Präsidenten des Deutschen Naturschutzrings
(DNR). In Wirklichkeit handele es sich um einen Krankenbericht, der ein
deprimierendes Bild über die teilweise dramatischen Schäden in Deutschlands Wälder
und vor allem in den Waldböden dokumentiere, sagte Weinzierl.

Deshalb sieht der DNR jetzt an erster Stelle die Minister Müller (Wirtschaft) und
Bodewig (Verkehr) in der Pflicht, die notwendigen Konsequenzen aus dem Bericht zu
ziehen. Weinzierl forderte die verantwortlichen Politiker zu einem radikalen
Kurswechsel in der Verkehrspolitik und zu einer forcierten Energiesparpolitik auf.
Er erinnerte die Bundesregierung an ihre Zusage, den Ausstoß klimaschädlicher Gase
um 25 Prozent zu reduzieren. 'Der neue
Waldbericht mit zwei Drittel Schadensfläche belegt, wie weit Deutschland von
diesem Ziel noch entfernt ist', so Weinzierl.

Links zum Thema Waldbericht.

 


zurück zur Übersicht  zum Seitenbeginn   

zur @grar.de Homepage

    
 

© Copyright 1997-2007 @grar.de, Rheine, http://www.agrar.de