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@grar.de Aktuell - 13.11.2001

Bundesgerichtshof: Pressemeldung zum Sortenschutz-Urteil


Karlsruhe (agrar.de) - Der unter anderem für das Sortenschutzrecht zuständige X.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat zu den Voraussetzungen des in § 10
a Abs. 6 Sortenschutzgesetz (SortG) geregelten Auskunftsanspruchs von
Sortenschutzinhabern gegenüber Landwirten und zur Frage der Prozeßführungsbefugnis
einer mit der Wahrnehmung von Sortenschutzrechten von Pflanzenzüchtern betrauten
GmbH Stellung genommen.

Die Klägerin ist eine GmbH, die die Rechte einer Vielzahl von Sortenschutzinhabern
und Nutzungsberechtigten von Sortenschutzrechten wahrnimmt. Ihre Gesellschafter
sind verschiedene Züchter und seit dem 19. April 2000 auch der Bundesverband
Deutscher Pflanzenzüchter e.V. (BDP). Bis auf drei Züchter sind alle
Pflanzenzüchter, deren Sortenschutzrechte noch Gegenstand des Berufungsverfahrens
waren, Mitglieder im BDP. Die Sortenschutzinhaber, deren Sortenschutzrechte im
Rechtsstreit geltend gemacht werden, haben die Klägerin jeweils u.a. ermächtigt,
im eigenen Namen die dem Züchter gegenüber den Landwirten und sonstigen Dritten
zustehenden Auskunftsrechte wahrzunehmen. Die Klägerin hat von dem Beklagten, der
als Landwirt tätig ist, verlangt, ihr Auskunft darüber zu erteilen, ob und in
welchem Umfang er hinsichtlich im einzelnen aufgeführter Sorten in der
Vegetationsperiode 1997/98 Nachbau betrieben habe. Nachbau ist nach der
gesetzlichen Regelung (§ 10 a Abs. 2 SortG) die Verwendung von Erntegut als
Vermehrungsmaterial, das durch den Anbau von Vermehrungsmaterial geschützter
Sorten im eigenen Betrieb gewonnen wurde. Gemäß § 10 a Abs. 6 SortG sind
Landwirte, die von der Möglichkeit des Nachbaus Gebrauch machen, sowie von ihnen
beauftragte Aufbereiter gegenüber den Sortenschutzinhabern zur Auskunft über den
Umfang des Nachbaus verpflichtet.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, nicht nur für die von ihr betreuten
EU-Sorten, sondern auch für die nationalen Sorten Auskunft über den Nachbau und
dessen Umfang verlangen zu können, ohne dazu einen konkreten Nachbau der
betroffenen Sorte aufzeigen zu müssen. Der Beklagte ist demgegenüber der Meinung,
daß jedenfalls für das nationale Sortenschutzrecht ein tatsächlich durchgeführter
Nachbau Voraussetzung für die Auskunftspflicht sei.

Das Landgericht hat dem Auskunftsbegehren für die EU-Sorten stattgegeben, die
Auskunftsansprüche hinsichtlich der nationalen Sorten dagegen verneint. Die gegen
die teilweise Klageabweisung gerichtete Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Hinsichtlich der drei Unternehmen, die weder Gesellschafter der Klägerin noch
Mitglieder des BDP sind, hat der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen einer
gewillkürten Prozeßstandschaft und damit die Zulässigkeit der Klage verneint, da
die Klägerin kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung von
Ansprüchen von Nichtmitgliedern habe. Im übrigen wäre die Anerkennung eines
schutzwürdigen Interesses der Klägerin, Rechte von Nichtmitgliedern im eigenen
Namen geltend zu machen, auch mit den Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes
(RBerG) nicht zu vereinbaren, die Genossenschaften und berufsständischen
Vereinigungen entsprechende Tätigkeiten nur für ihre Mitglieder erlauben (Art. 1
§§ 3 Nr. 7, 7 RBerG).

In der Sache hat der Bundesgerichtshof die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts
bestätigt, daß das deutsche Sortenschutzgesetz die Auskunftspflicht des Landwirts
entsprechend den bei Verletzungen gewerblicher Schutzrechte üblichen Regelungen an
die Benutzungshandlung des tatsächlichen Nachbaus bindet. Nach Auffassung des
Bundesgerichtshofes kann ein weitergehender Auskunftsanspruch weder aus
gemeinschaftsrechtlichen Regelungen noch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben
(§ 242 BGB) hergeleitet werden. Ein allgemeiner Auskunftsanspruch läßt sich auch
nicht aus anderen Fallgestaltungen folgern, in denen die Rechtsprechung dem
Auskunftsberechtigten einen umfassenden Auskunftsanspruch zugesprochen hat. Da das
Berufungsgericht nicht feststellt, daß der Beklagte von der Möglichkeit zum
Nachbau tatsächlich Gebrauch gemacht hat, ist es rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis
gelangt, daß der Klägerin kein Auskunftsanspruch nach § 10 a Abs. 6 SortG zusteht.

Urteil vom 13. November 2001 - X ZR 134/00

Karlsruhe, den 13. November 2001

Links zum Thema Sortenschutz und Nachbau.

 


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