Aktuelle Meldungen  -  Nachricht suchen  -   kostenloses Abo  -   Nachricht weiterempfehlen

 

@grar.de Aktuell - 20.09.2001

WTO: Sonnleitner fordert weltweit verbindliche Standards


Hamburg (agrar.de) - In der heutigen Ausgabe der Tageszeitung 'Die Welt' äußert
sich der Präsident des Deutschen und Bayerischen und Bauernverbands, Gerd
Sonnleitner, mit folgendem Kommentar zur bevorstehenden WTO-Konferenz:

Frei und fair

Vom 9. bis 13. November findet die Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation
(WTO) im arabischen Emirat Katar statt. Die 142 Mitgliedstaaten der WTO
werden dort entscheiden, ob eine neue umfassende Welthandelsrunde eröffnet wird.
Die Worte 'Welthandel' und 'Globalisierung' prägen in jüngster Zeit Schlagzeilen
in den Medien und öffentlichen Diskussionen. Welche Chancen und Risiken verbergen
sich hinter diesen Begriffen?

Die Welt rückt näher zusammen. Bedeuteten räumliche Distanzen früher schwer
überwindbare Hindernisse bei der Übermittlung von Waren oder Informationen, so
scheint New York heute nur einen Mausklick entfernt zu sein. In den
Lebensmittelmärkten profitiert der Verbraucher von einem saisonunabhängigen
Angebot an Nahrungsmitteln aus aller Welt. Gerade exportorientierte Branchen sind
auf ausländische Märkte angewiesen. Auch die Agrar- und Ernährungswirtschaft nutzt
ihre dortigen Marktchancen.

Aber dies ist nur die eine Seite der Medaille. Globalisierung und Freihandel
bescheren uns kein Schlaraffenland der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Kehrseite
der Medaille zeigt sich im Sozial- und Umweltdumping, im zunehmenden Einfluss
internationaler Finanzmärkte auf die heimische Wirtschaft sowie in der wachsenden
Marktmacht internationaler Großkonzerne. Zum Beispiel im Lebensmitteleinzelhandel
setzen die fünf größten Konzerne über drei Viertel aller Lebensmittel in
Deutschland um.

Deshalb dürfen die WTO-Verhandlungen sich nicht nur auf Handelsvereinbarungen
beschränken. Weltweit verbindliche Verbraucherschutz-, Tierschutz-, Hygiene-,
Umwelt- und Sozialstandards sind zwingende Voraussetzung, um
Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Solange es jedoch keine einheitlichen
internationalen Regeln gibt, muss es den einzelnen Ländern gestattet sein, sich
gegen Importe zu schützen, die unter wesentlich geringeren Standards und damit
kostengünstiger produziert wurden. Freihandel darf nicht gleichbedeutend sein mit
Schutzlosigkeit, sondern muss faire Rahmenbedingungen bieten.

Auch für die Erhaltung der bayerischen Landwirtschaft sind faire Handelsregeln von
Bedeutung. Hier kann für Bauernfamilien und Verbraucher viel auf dem Spiel stehen:
die Verfügbarkeit heimischer Nahrungsmittel, die attraktive Kulturlandschaft
Bayerns und nicht zuletzt Arbeitsplätze in der Agrar- und Ernährungswirtschaft.

Die Aufgaben und Leistungen der Landwirtschaft in Europa sind vielfältig und
beschränken sich nicht nur auf die Erzeugung qualitativ hochwertiger
Nahrungsmittel. Vor allem der Erhalt und die Pflege der Kulturlandschaft liegen in
den Händen der Bäuerinnen und Bauern. Darüber hinaus betätigen sich Land-wirte
beispielsweise als Energiewirte, indem sie nachwachsende Rohstoffe anbauen oder
mit Biogasanlagen eigenständig Energie erzeugen. Auch auf dem Sektor der
Dienstleistungen sind Landwirte unter anderem mit dem Angebot 'Urlaub auf dem
Bauernhof' erfolgreich aktiv.

Die EU-Delegation muss in Katar selbstbewusst und geschlossen dafür eintreten,
dass dieses europäische Modell einer nachhaltigen und multifunktionalen
bäuerlichen Landwirtschaft in den internationalen Vereinbarungen fest verankert
wird. Denn Nachhaltigkeit im Sinne einer Balance zwischen ökonomischen,
ökologischen und sozialen Erfordernissen ist der einzige Weg, damit die künftigen
Generationen die gleichen Chancen und Möglichkeiten erhalten wie die jetzige und
die vorigen Generationen.

Alles oder Nichts beim Welthandel, das ist für die anstehenden Beratungen nicht
die Frage. Denn kein Land kann sich gegen die fortschreitende Globalisierung
abschotten. Aber nur offene und faire Verhandlungen werden zu Ergebnissen führen,
die für alle Beteiligten im wahrsten Sinne des Wortes ein guter Handel sind.

Links zum Thema Politik.

 


zurück zur Übersicht  zum Seitenbeginn   

zur @grar.de Homepage

    
 

© Copyright 1997-2007 @grar.de, Rheine, http://www.agrar.de