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@grar.de Aktuell - 17.08.2001

BDP: Brandenburger Raps-Saatgut enthält keine GVO-Bestandteile

Fachlich unsinnige Anordnung belastet die Landwirtschaft


Bonn (agrar.de) - Am Mittwochnachmittag hat das Brandenburgische
Landwirtschaftsministerium eine Anordnung erlassen, die aus fachlicher
Betrachtungsweise nur als völlig unsinnig bezeichnet werden kann', kommentiert Dr.
Ferdinand Schmitz, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter
(BDP), die Anordnung, Sommerrapsbestände kurz vor der Ernte
niederzuhäckseln. Vorausgegangen waren eine Reihe von Unklarheiten und
Halbwahrheiten im Zusammenhang mit dem Verdacht gentechnischer Veränderungen in
Handelssaatgut der Sommerrapssorte Dakini, die zunächst vom Überwachungslabor des
Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt in Halle festgestellt worden waren.

Das die Sorte Dakini vertreibende Saatgutunternehmen hat daraufhin die beiden
neutralen Forschungsinstitute AgroGene (Moissy/Frankreich) und GeneScan in
Freiburg mit einer Nachanalyse beauftragt. Diese haben nun unabhängig voneinander
bestätigt, dass in keiner der vorliegenden Dakini-Stichproben gentechnisch
veränderte Organismen (GVO) im Saatgut nachgewiesen werden konnte.

'Obwohl mit den verantwortlichen Behörden vereinbart worden war, zunächst noch die
Ergebnisse der Nachanalyse abzuwarten, erließ das Ministerium eine Anordnung, das
Rapserntegut unverzüglich zu vernichten. Dieses unverhältnismäßige und
verantwortungslose Vorgehen stößt auf unser völliges Unverständnis' erklärt Dr.
Schmitz weiter. Nicht nur das mit Falschmeldungen zunächst in der Öffentlichkeit
ein Skandal iniziiert wurde – es waren anstelle der anfänglich betroffenen Fläche
von 1.000 ha lediglich 100 ha – sondern auch die fragliche Untersuchungsmethode –
mit dem angeblich gefundenen Genkonstrukt wurde zu keinem Zeitpunkt gearbeitet –
lassen die staatliche Vorgehensweise insgesamt sehr zweifelhaft erscheinen.

'Über die Folgeschäden der Anordnung hat sich niemand im Potsdamer
Landwirtschaftministerium ernsthafte Gedanken gemacht. Den Sommerraps wenige Tage
vor der Ente, zu häckseln und oberflächlich in den Boden einzuarbeiten bedeutet,
dass der gesamte Ertrag von bis zu 25 dt/ha auf den Flächen verbleibt. Dieses aus
pflanzenbaulicher Sicht unsinnige und ungeeignete Vorgehen hat zur Folge, dass ein
enormes Samenpotenzial für unabsehbare Zeit im oder auf dem Boden verbleibt und
keinesfalls zügig vollständig auskeimen kann', beschreibt der BDP-Geschäftsführer
die vom Ministerium veranlasste Situation.

Folglich können die betroffenen Landwirte durch den jahrelangen Durchwuchs ihre
Flächen nicht ordnungsgemäß bewirtschaften. 'Sie müssen neben Ertragsausfall und
zusätzlichen Arbeitsaufwand auch für die weiteren wirtschaftlichen Folgekosten
aufkommen. Wäre nicht eine Ernte der Flächen mit anschließender separater Lagerung
des Erntegutes und even-tueller gefahrlosen Verwertung die zweckmäßigere Lösung
gewesen?', stellt Dr. Schmitz fest.

In diesen Fall sollte jetzt auch der Brandenburgische Landwirtschaftsminister
Wolfgang Birthler eingeschaltet werden. Denn der Fall entspricht vielen anderen
und wird auch nur einer von vielen weiteren sein, denn seit Jahren fordern die
deutschen Pflanzenzüchter vernünftige und praktikable Toleranzwerte für die
gentechnischer Verunreinigung im Saatgut. Bei der anhaltenden politischen
Diskussion fehlt nicht nur, wie das Beispiel in Brandenburg zeigt, das
landwirtschaftliche Verständnis für die Saatgutproduktion, sondern auch der
politische Mut, gesetzliche Lücken zu schließen. 'Nur weil es fälschlicherweise
auf nationaler Ebene keine Rechtgrundlage für Schwellenwerte gesehen wird, leitet
die Politik daraus eine Nulltoleranz für GVO-Bestandteile in konventionellem
Saatgut ab', sagt Dr. Schmitz.

Dies spiegelt deutlich das politisches Versagen und Versäumnis der Bundesregierung
wider, dem nun die Bundesländer Tribut zollen müssen. Die Bundesländer sollten den
Druck auf Berlin und Brüssel erhöhen, sinnvolle gesetzliche Regelungen zu treffen.
'Politische Moratorien wie sie zurzeit angewandt werden, dokumentieren lediglich
die politische Handlungsunfähigkeit', erklärt Dr. Schmitz. Da Saatgut kein
technisches, sondern ein natürliches Produkt sei, das in einem offenen Ökosystem
produziert werde und Pollen nun einmal fliege, lassen sich trotz zahlreicher
qualitätssichernder Maßnahmen und größter Sorgfalt auf Seiten der Pflanzenzüchter
beispielsweise durch Pollenflug unerwünschte und unbeabsichtigte Verunreinigungen
nicht hundertprozentig verhindern.

Der jetzt vom Ministerium eingeschlagene Weg sei ein falsches Signal für die
Landwirtschaft und lasse letztlich die Landwirte mit den entstehenden Kosten sowie
dem wirtschaftlichen Schaden alleine stehen. Dies könne in dieser Art und Weise
nicht länger hingenommen werden. 'Wir fordern daher wiederholt die politisch
Verantwortlichen auf, sich für eine rasche gesetzliche Schwellenwert-Regelung
einzusetzen', mahnt Dr. Schmitz abschließend.

Information: Tassilo Frhr. v. Leoprechting, Bundesverband Deutscher
Pflanzenzüchter e.V., Kaufmannstraße 71-73, 53115 Bonn, Tel.: 0228-98581-10, Fax:
0228-98581-19

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