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@grar.de Aktuell - 10.04.2001

Umweltbundesamt für strenge Maßstäbe und Sicherheitsauflagen bei Freisetzungen


Berlin (agrar.de) - Das sogenannte Gene-Farming weckt viele Hoffnungen:
Gentechnisch veränderte Pflanzen sollen kostengünstig Pharmazeutika produzieren,
zum Beispiel Impfstoffe. In anderen Ländern werden solche Pflanzen schon seit 1991
in Freilandversuchen getestet - in Deutschland noch nicht. Bislang weiß man nur
wenig darüber, wie Gene-Farming auf die Umwelt wirkt. Gene-Farming ist eine
Rechnung mit vielen Unbekannten. Vorsorglich sollten deshalb strenge Maßstäbe für
Gene-Farming-Freilandversuche gelten. Für den Anbau im Freiland sollte es klare
Vorgaben geben, um Auskreuzungen der gentechnisch veränderten Pflanzen mit
natürlichen Arten zu verhindern. Notwendig ist auch ein begleitendes
Beobachtungsprogramm, um potenzielle Risiken rechtzeitig erkennen zu können.

Im Auftrag des Umweltbundesamtes hat Andre de Kathen von der Biotec-Consult aus
Neustadt bei Hannover das Wissen über den Entwicklungsstand gentechnisch
veränderter Pflanzen, die Pharmazeutika oder Diagnostika produzieren, sowie die
möglichen Risiken für Mensch und Umwelt zusammengetragen. Die Studie 'Gene-
Farming: Stand der Wissenschaft, mögliche Risiken und Management-Strategien'
zeigt, dass bei den bisherigen Gene-Farming-Freisetzungen hauptsächlich
Nutzpflanzen eingesetzt werden, wie zum Beispiel Kartoffeln, Mais oder Tabak.
Hergestellt werden vorrangig Impfstoffe gegen Viren, die für Mensch und Tier
schädlich sind sowie Antikörper zu diagnostischen und immuntherapeutischen
Zwecken. Circa 90% der Forschung machen private Unternehmen. Bei ungefähr 75
Prozent der im Freiland getesteten Pflanzen sind die sicherheitsrelevanten
Informationen als vertraulich gekennzeichnet und damit nicht öffentlich
zugänglich.

Obwohl bereits seit 1991 gentechnisch veränderte Pflanzen, die diese Art von
Produkten herstellen, im Freiland getestet werden, gibt es nur wenige
Informationen. Das hat zwei Gründe: erstens die zurückhaltende Informationspolitik
der forschenden Unternehmen und zweites, dass es noch keine lizensierten oder
kommerzialisierten Produkte auf dem Markt gibt. Insbesondere fehlen experimentelle
Daten zu möglichen spezifischen Umweltwirkungen.

Man weiß nur wenig über die spezifischen Wirkungen der
Pharmazeutika-produzierenden Pflanzen im Freiland. Ebenso wenig Daten gibt es zu
den Umweltwirkungen des Anbaus herkömmlicher Medizinalpflanzen. Diese könnte man
eventuell als Vergleich für eine Bewertung heranziehen. Da überwiegend
Nutzpflanzen verwendet werden, mit denen man keine Erfahrungen bei der Verwendung
als Pharmazeutikaproduzent hat, fehlen Informationen zum spezifischen,
möglicherweise veränderten Verhalten dieser Pflanzen im Freiland. Neben der
eigentlichen Wirkung des pharmazeutischen Produktes auf die Umwelt, aus der zum
Beispiel ein Risiko für die Insekten, die die Pflanze besuchen, resultieren kann,
oder die Möglichkeit der unkontrollierten Weitergabe der Erbinformation über den
Pollen an Kreuzungspartner, können auch eine veränderte Proteinstruktur,
modifizierte und kryptische Funktionen, indirekte Wirkungen und Re- und
Neukombination der Erbinformation zu Problemen führen.

Um die potenziellen Risiken zu minimieren, schlägt der Autor der Studie eine Reihe
von Maßnahmen vor: die Wahl geeigneter Pflanzenarten, Produktionssysteme und
landwirtschaftlicher Verfahren sowie spezifischer Anbauflächen und -zeiten. Die
Zugänge zu den Feldern müssen kontrollierbar sein und die Abstände zu
Kreuzungspartnern so groß, dass eine Auskreuzung verhindert wird. Die Verhinderung
einer Auskreuzung kann auch bei den Pflanzen selbst ansetzen, zum Beispiel durch
Verwendung von männlich sterilen Pflanzen, die keine Pollen produzieren. Wichtig
ist eine kontinuierliche Kontrolle des Anbaus im Freiland, auch nach der Ernte, um
mögliche Wirkungen feststellen zu können.

Die Studie 'Gene-Farming: Stand der Wissenschaft, mögliche Risiken und
Management-Strategien' ist in der Reihe UBA-Texte als der Nr. 15/2001 erschienen,
umfasst 108 Seiten und kostet 15 ,- DM. Die Studie enthält eine umfassende
englischsprachige Zusammenfassung. Sie kann bei der Firma Werbung und Vertrieb,
Ahornstraße 1-2, 10787 Berlin gegen Einsendung eines Verrechnungsschecks bezogen
werden. Eine neunseitige Kurzfassung der Studie (nur Papierform) gibt es bei der
Pressestelle des Umweltbundesamtes. Sie kann per Fax unter 030/8903-2798 oder per
E-Mail bestellt werden.

Links zum Thema Biotechnologie.

 


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