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@grar.de Aktuell - 31.01.2001

Wissenschaftler im Streit um Neuorientierung der Agrarpolitik


Kassel (agrar.de) - 64 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich
in einer Stellungnahme für eine Neuorientierung der Agrarpolitik
ausgesprochen. Sie sehen in der einseitigen Ausrichtung der Landwirtschaft
auf den Weltmarkt einen wesentlichen Fehler der bisherigen Agrarpolitik. Es
sei Aufgabe der Politik, eine Differenzierung der Märkte zu unterstützen:
z.B. die Vermarktung von regionalen Erzeugnissen oder Qualitätsprodukten.
Dann könne eine Landwirtschaft entstehen, wie sie von der Mehrheit der
Bevölkerung gewünscht werde.

Mit den heutigen Preisen für Lebensmittel könnten die Kosten für eine
umweltschonende, artgerechte und qualitätsorientierte Erzeugung nicht
gedeckt werden. Wesentlich höhere Verbraucherpreise seien mittelfristig
jedoch nicht zu erwarten. Daher seien staatliche Subventionen notwendig.
Diese Zahlungen müssten jedoch - im Gegensatz zum bisherigen System - an
soziale, ökologische und regionalpolitische Kriterien gekoppelt werden.
Agrarpolitik bedeute jedoch weitaus mehr als das Verteilen von Subventionen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind daher der Überzeugung,
dass eine Wende in der Landwirtschaft auch über Veränderungen in vielen
anderen Bereichen erfolgen muss: von A wie Ausbildung bis Z wie Züchtung.

Es gehe nicht ausschließlich um das Erreichen eines bestimmten Prozentsatzes
von Öko-Betrieben. Eine Neuorientierung der Agrarpolitik müsse vor den von
der BSE-Krise verunsicherten Bäuerin-nen und Bauern deutlich machen, dass es
einer neuen Politik darauf ankomme, ihre Betriebe zu erhalten und den Zwang
zum ‘Wachsen oder Weichen’ zu reduzieren.

In Bezug auf die vielzitierte 'industrielle Landwirtschaft' weisen die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Stellungnahme darauf hin,
dass die Landwirtschaftsbetriebe nur noch ein kleines Rädchen innerhalb
einer umfassenden Agrarwirtschaft sind. Eine Wende in der Agrarpolitik müsse
daher nicht allein Einfluss auf die Produktionsformen der Höfe, sondern auf
die gesamte Agrar- und Ernährungswirtschaft nehmen.

Mit ihrer Stellungnahme reagieren die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler auf eine am 16. Januar veröffentlichte 'Erklärung von
Agrarökonomen' (unsere Meldung. Sie werfen den Agrarökonomen vor,
dass es in deren hermetischen Welt des ökonomischen Gebots keinen Platz gebe
für Strategien, die auf gesellschaftlichen Wertentscheidungen beruhen und
Ziele anstreben wie Ernährungssouveränität, Erhaltung der Kulturlandschaft
oder artgerechte Tierhaltung. Einflussreiche Agrarökonomen hätten das
ökonomische Prinzip vom 'Wachsen oder Weichen' zum Regulativ erklärt und
damit zu der gegenwärtigen Sackgasse beigetragen.

Information: Kasseler Institut für ländliche Entwicklung, Prof. Dr. Onno
Poppinga, Dr. Götz Schmidt, Dipl. Ing. Frieder Thomas, Tel.:
0561-804-3206, -3560, Fax: 0561-804-3180, E-Mail

 


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