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@grar.de Aktuell - 17.01.2001

EP zur Nitratrichtlinie


Straßburg (agrar.de) - In einer Entschließung empfiehlt das Europäische
Parlament, dass die bestehenden Vorschriften der Richtlinie 91/676/EWG
zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus
landwirtschaftlichen Quellen
zunächst durchgeführt werden sollen, bevor
die Richtlinie überarbeitet wird. Das EP stellt fest, dass das Ziel der
Richtlinie bisher nicht erreicht wurde. Die Kommission wird deshalb
aufgefordert, die ihr zu Verfügung stehenden Mittel anzuwenden, um die
Durchführung der Richtlinie zu gewährleisten. Dies soll auch angemessene
Geldbußen einschließen. Um die Vertragsverletzungsverfahren zu
beschleunigen, so das Parlament, sollte die Frist für die Einreichung von
Klagen vor dem EuGH auf sechs Monate oder weniger verringert werden.

Die Mitgliedstaaten sollen umgehend konkrete Schritte zur Umsetzung der
Richtlinie einleiten, weil die Gewässer oft viele Jahre brauchen, um wieder
einen guten Zustand zu erreichen und um bestehende Wettbewerbsverzerrungen
zu minimieren.

Die Kommission wird aufgefordert, Leitlinien für Probenahmen in Gewässern
einzuführen, damit die Daten der Mitgliedstaaten und damit ihre
Anstrengungen besser verglichen werden können. Außerdem soll die Kommission
Vorschläge für Instrumente zur Entnahme von Stichproben und zur Evaluierung
verschiedener Emissionsquellen vorlegen. Das Parlament verlangt ferner, dass
die Kommission einen eindeutigen Termin für die vollständige Durchführung
der Richtlinie festlegen soll.

Sowohl Maßnahmen in der Landwirtschaft als auch zur Bewertung von
Nitratverunreinigungen aus anderen landwirtschaftlichen Quellen werden
gefordert. Bei der Umsetzung der 1999 beschlossenen Reform der Gemeinsamen
Agrarpolitik soll die Kommission auf die Umsetzung der Umweltschutzziele
achten und dem EP im Laufe des Jahres 2001 darüber berichten. Auch die
Auswirkungen von Phosphat auf die Eutrophierung soll die Kommission
untersuchen. Anhand der Erfahrungen der Länder, die die Richtlinie
erfolgreich umsetzen, soll die Kommission einen Maßnahmenkatalog erarbeiten.

Hintergrundinformationen

Zuviel Nitrat in Gewässern ist aus verschiedenen Gründen unerwünscht. Es
überdüngt Binnengewässer und die Meere und führt so zu Veränderungen der
ökologischen Gleichgewichte bis hin zum sogenannten 'Umkippen' von
Gewässern, wenn durch zu viel Pflanzenwachstum aller Sauerstoff im Wasser
aufgebraucht wird und die Organismen absterben. Außerdem dringt das Nitrat
auch ins Grundwasser und damit irgendwann ins Trinkwasser vor. Dort gilt ein
Grenzwert, der auch von der WHO empfohlen wird, von 50 mg/l. Dies geschieht
vor allem zum Schutz von Neugeborenen, die bis zu 200 Tage nach der Geburt
ein anderes Hämoglobin besitzen als ältere Kinder und Erwachsene. Dieses
fetale Hämoglobin kann durch Nitrit, das sich im Körper aus Nitrat bildet,
blockiert werden, so dass kein Sauerstoff transportiert werden kann und die
Neugeborenen ersticken (Blue Baby Syndrom oder Neugeborenen-Blausucht). Auch
für Erwachsene ist Nitrit nicht ungefährlich, bilden sich doch aus Nitrit
und Eiweißen krebserregende Nitrosamine.

In der EU gibt es seit 1975 einen Grenzwert für die Nitratkonzentration im
Trinkwasser. Doch es wurde rasch klar, dass das Trinkwasser nur geschützt
werden kann, wenn weniger Nitrat ins Grund- und Oberflächenwasser
eingebracht wird. Deshalb wurde 1991 die Richtlinie zum Schutz der Gewässer
durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen erlassen. Als Schwellenwert
für ein Eingreifen werden 50 mg/l Nitrat festgelegt. Flächen, die in solche
Gewässer entwässern, sollten von den Mitgliedstaaten bis Ende 1993 als
Nitrat gefährdete Gebiete (NGG) ausgewiesen werden. Die EU-Länder konnten
auch ihr gesamtes Gebiet ausweisen, für diese Option haben sich unter
anderem Deutschland, Österreich und Luxemburg entschieden. Im Anschluss
mussten die Mitgliedstaaten Aktionsprogramme für die NGG aufstellen. Ein
erstes sollte von 1995 bis 1999, ein zweites von 1999 bis 2003 laufen. Zu
den Aktionsprogrammen gehören folgende Maßnahmen:
- Bereitstellung von Lagerbehältern für Dung während der Zeit, in der das
Ausbringen verboten ist.
- Ausbringung von Düngemitteln nur entsprechend dem voraussichtlichen
Bedarf.
- Senkung der Düngermenge je Hektar von 210 kg Stickstoff auf 170 kg
Stickstoff ab Ende 2002.
- Aufstellung und Anwendung von Regeln der guten fachlichen Praxis in der
Landwirtschaft.
- Überwachung der Nitratkonzentrationen der Gewässer
- Berichterstattung am Ende jedes Aktionsprogramms an die Kommission.

Bis heute hat die Kommission gegen die meisten Mitgliedstaaten
Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet; die löbliche Ausnahme bilden nur
Dänemark und Schweden. Dabei verfügt die Kommission über folgende
Instrumente: Aufforderungsschreiben, mit Gründen versehene Stellungnahme
sowie Klage vor dem EuGH.

Luxemburg: Die Kommission hat am 20. April 2000 Klage eingereicht, weil
ihrer Auffassung nach der Inhalt der Aktionsprogramme und ihre Überwachung
nicht den Anforderungen der Richtlinie genügen. Außerdem hat Luxemburg im
Juli 1998 eine mit Gründen versehene Stellungnahme erhalten, die zusätzlich
zu den Aktionsprogrammen kritisch anmerkt, dass in den Regeln der guten
fachlichen Praxis die Lagereinrichtungen nicht behandelt sind.

Österreich: Am 13.1.2000 wurde eine mit Gründen versehene Stellungnahme
übermittelt, weil die Rechtsvorschriften, die die Grundlage der Richtlinie
bilden, als zu vage angesehen werden. Die Verabschiedung der Aktionspläne
wird aber als zufriedenstellend bezeichnet.

Deutschland: Im Juli 1999 wurde Deutschland vor dem EuGH verklagt wegen
unzureichender Vorschriften über das maximale Fassungsvermögen von
Lagerbehältern und des Fehlens korrekter Werte für die Anwendung von
Düngern. Die Kommission bestätigt jedoch, dass Deutschland eines der wenigen
Länder ist, das über vollständig ausgearbeitete Aktionsprogramme verfügt.

Weitere Informationen: Judith Ecker, (Straßburg) Tel.: (33) 3 881 74076,
(Brüssel) Tel.: (32-2) 28 42629, E-Mail

 


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