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@grar.de Aktuell - 14.11.2000

1999 war ein Minus-Jahr für die Landtechnik-Industrie

Jahresbericht 2000 veröffentlicht


Frankfurt (LH) - Das Jahr 1999 war ein deutlich schlechteres Jahr für die
deutsche Landtechnik-Industrie als erwartet. Der Umsatz der deutschen
Landtechnik-Industrie, bezogen auf den Produktionsstandort Deutschland, ging
um 11 Prozent auf 6,73 Mrd. DM zurück. Damit endete eine fünf Jahre dauernde
Wachstumsphase zu Ende, die vor allem in einem wachsendem Export begründet
war.

Nach dem Jahresbericht 2000 der Landtechnik-Industrie im Verband deutscher
Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) zeigte sich zwar schon zu Beginn
des vergangenen Jahres ein merklich vorsichtigeres Kaufverhalten der
Landwirte im Vergleich zum erfreulichen Vorjahr, die zum Jahresende hin
erhoffte Belebung der Nachfrage blieb aber aus.

Am stärksten war der Einbruch bei den Landmaschinen-Verkäufen im Inland.
Während die Traktoren-Hersteller das Umsatzniveau im Inland mit 1,00 Mrd. DM
halten konnten, setzten die Landmaschinen-Hersteller mit 1,55 Mrd. DM 17
Prozent weniger um. Im Export war die Entwicklung beider Maschinengruppen
mit -11 Prozent bei Landmaschinen und -10 Prozent bei Traktoren hingegen
ähnlich schlecht.

Die Beschäftigtenzahl in der Landtechnik-Industrie in Deutschland ging 1999,
laut Statistischem Bundesamt, um 15 Prozent auf rund 24.000 Personen zurück.

Bei den Traktoren war die Nachfrage über das Jahr hinweg stabil auf einem
hohen Niveau. Die Zulassungszahlen für neue Traktoren stiegen sogar erneut
leicht gegenüber dem Vorjahr auf 28.047 Stück. Erstaunlicherweise kauften
die süddeutschen Landwirte nochmals mehr Traktoren als im Vorjahr. Generell
lässt sich erkennen, dass die Traktorennachfrage in den Gebieten mit
überwiegend Grünlandbetrieben stärker war, als an typischen
Ackerbaustandorten.

Der Traktorenmarkt zerfällt in der Größenbetrachtung in drei Bereiche: In
einem Leistungssegment bis 29 kW steigen die Zulassungen kontinuierlich seit
Jahren an. Es handelt sich um Kompakttraktoren, deren Haupteinsatz nicht in
der typischen Landwirtschaft, sondern im Garten- und
Landschaftspflegebereich oder kommunalen Einsatz liegt. Ähnliche
Entwicklungen gibt es in den westeuropäischen Ländern und extrem ausgeprägt
in den USA. Das Segment der landwirtschaftlichen Traktoren im
Leistungsbereich zwischen 30 und 100 kW ist dagegen deutlich in der
Stückzahl rückläufig. Im oberen Leistungssegment, oberhalb von 100 kW,
stiegen die Zulassungen letztes Jahr um 8 Prozent.

Die Landmaschinen-Nachfrage in Deutschland verlief 1999 weit weniger
erfreulich. Der Rückgang von nominal fast 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr
darf allerdings nicht überbewertet werden, da das Jahr 1998 unerwartet hohe
Umsätze und Steigerungsraten brachte. Im Vergleich zu früheren Jahren zeigt
sich, dass der Umsatz in 1999 mit 1,55 Mrd. DM nicht aus dem Rahmen der
Umsatzentwicklung der 90er Jahre herausfällt.

Die Nachfragesituation war vor allem geprägt durch die katastrophale
Einkommenssituation der Schweinehalter. Da diese entweder selbst noch
Ackerbau betreiben oder als Kunden für Futtergetreide auftreten, schlug
deren schlechte Situation auch auf die Nachfrage nach Geräten und Maschinen
für den Ackerbau durch. Von den Geräten zur Bodenbearbeitung über
Sämaschinen, Düngerstreuer, Pflanzenschutzgeräte bis hin zu Mähdreschern: Im
Vergleich zum guten Vorjahr ging der wertmäßige Umsatz von Technik für den
Ackerbau um mehr als 10 Prozent zurück, die Verkaufsstückzahlen in der Regel
noch stärker. Einzige Ausnahme waren Maschinen und Geräte für
Kartoffelanbauer. Die Kartoffelpreise befanden sich auf einem zyklischen
Höchststand und bescherten den Anbauern Rekordeinkommen, die diese auch zum
Kauf von Technik nutzten. Da die Bedeutung des Kartoffelanbaus im Vergleich
zu anderen Ackerfrüchten aber begrenzt ist, wirkte sich dies auf die
Gesamtnachfrage nur in geringem Umfang positiv aus.

Die Milchpreise erreichten 1999 nicht mehr das hohe Niveau des Vorjahres,
entsprechend zurückhaltend investierten die Futterbaubetriebe, knapp 60
Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland . Bei den
Futtererntemaschinen war der Rückgang moderat, weiter deutlich hingegen der
Rückgang bei der Technik im Stall. Die schlechte Nachfragesituation bei
Melkmaschinen und Fütterungstechnik hielt an und verstärkte sich sogar noch.

Die deutschen Landtechnik-Exporte nach Westeuropa blieben in etwa auf
Vorjahreshöhe. Da die Exporte in andere Regionen gefallen sind, hat sich die
Bedeutung der westeuropäischen Märkte aber weiter verstärkt: 73 Prozent der
ins Ausland gelieferten deutschen Landtechnik verblieb in Westeuropa. Die
europäischen Traktoren-Zulassungen zeigen einen Stückzahl-Rückgang von 2
Prozent von 176.000 auf 172.000 Traktoren.

Für den größten nationalen Markt Westeuropas, Frankreich, wird bei
Landmaschinen ein Wachstum von 3 Prozent gemeldet. Bei den Traktoren sind
die Zulassungszahlen um 9 Prozent gestiegen, da der Zuwachs vor allem in den
kleineren Leistungsklassen stattfand, liegt der Umsatzzuwachs darunter. Für
die deutsche Industrie ist Frankreich unverändert der bedeutendste
Ausfuhrmarkt. Es gelang hier am Marktanstieg zu partizipieren und die
Exporte um 6 Prozent zu steigern. Mit Lieferungen in Höhe von 1,45 Mrd. DM
gehen 25 Prozent der gesamten deutschen Exporte nach Frankreich.

Der italienische Markt zeigt eine ähnliche Entwicklung, die Steigerungsrate
der Nachfrage war mit 10 Prozent aber stärker. Der deutliche Zuwachs ist
nicht zuletzt auf ein inzwischen ausgelaufenes staatliches Förderprogramm
zur Verschrottung alter Landtechnik zurückzuführen. Auch nach Italien gelang
es der deutschen Landtechnik-Industrie 7 Prozent mehr zu liefern. Das
Volumen von 360 Mio. DM ist aber gemessen am italienischen Markt eher
bescheiden und beschränkt sich im Wesentlichen auf Norditalien.

In Großbritannien sind die Folgen des BSE-Skandals zwar weitgehend
bewältigt, die extrem schlechten Verkaufszahlen für Landtechnik bleiben aber
weiter deutlich unter Vor-BSE-Zeiten. Die niedrigen Einkünfte der britischen
Landwirte, die vor allem auf den hohen Pfund-Kurs zurückzuführen sind,
ermöglichten nur vorsichtige Investitionen. Die Steigerung der
Landtechnik-Käufe um 8 Prozent in 1999 ist auf der Basis des enorm niedrigen
Niveaus eher bescheiden. Die deutsche Landtechnik-Industrie konnte hier mit
fast 20 Prozent Exportsteigerung deutlich zulegen und profitierte ihrerseits
von der günstigen Wechselkursrelation.

In der gesamteuropäischen Betrachtung zeigt sich, dass, wie in Deutschland,
die Märkte für Ackerbau-Technik am stärksten zurückgegangen sind. Die
Mähdrescherverkäufe sind nach drei außerordentlich guten Saisonjahren um
über 10 Prozent geschrumpft, bei den Pflügen lagen die negativen
Veränderungsraten nahe bei 15 Prozent. Positiv hingegen die Entwicklung des
vergangen Jahres bei Ballenpressen und Mähwerken.

Die Lieferungen an deutscher Landtechnik nach Mittel- und Osteuropa haben
sich 1999 gegenüber dem Vorjahr fast halbiert. Die Exporte nach Polen gingen
um ein Drittel zurück, die Lieferungen nach Tschechien um 19 Prozent. Auch
der ungarische Markt, dem schon einmal eine stabile Struktur nachgesagt
worden war, brach mit 29 Prozent ein. Neben dem direkten negativen Effekt
eines geringeren Neumaschinen-Verkaufs in diese Länder spürte die deutsche
Industrie aber auch den indirekten Effekt der ebenfalls stark geschrumpften
Gebrauchtmaschinen-Exporte.

Die Geschäfte mit den USA waren geprägt durch die schlechte wirtschaftliche
Situation der US-Farmer. Die durch ungünstige Weltmarktpreis-Entwicklungen
sehr geringen Einkommen ließen den Farmern wenig Spielraum für
Investitionen. So halbierte sich der Mähdrescherabsatz fast innerhalb eines
Jahres. Bei den Traktoren gab es zwar eine Steigerung der Verkaufszahlen um
3 Prozent, die aber allein auf den Absatzsteigerungen von Traktoren unter 40
PS beruht. In Kanada kam es zu einer vergleichbaren Entwicklung. So
schrumpften die deutschen Exporte nach Nordamerika um 11 Prozent.

Als unerwartet heftiger Sondereffekt, der die Landtechnik-Nachfrage 2000
nachhaltig beeinflusst, charakterisiert der Jahresbericht die Einführung der
Börsen für den Handel von Milchquoten. Bis April, also vor Einführung der
obligatorischen Börsen, hätten die zukunftsorientierten Milchviehbetriebe in
großem Umfang Milchquoten gekauft. Damit sei ein Großteil des für
Investitionen verfügbaren Kapitals dieser Betriebe bereits ausgegeben. Für
Landtechnik bleibe in 2000 daher nicht mehr viel übrig. Generell sei zwar zu
erwarten, dass die Betriebe mit zusätzlichen Milchproduktionsrechten auch
wieder in Technik, vor allen in Melktechnik, investieren werden,
wahrscheinlich werde diese Entwicklung aber erst im Jahr 2001 einsetzen.

Der Strukturwandel, bei dem die kleineren landwirtschaftlichen Betriebe
mangels Perspektive aufhören und die freiwerdenden Flächen von den
verbleibenden Betrieben zur Vergrößerung genutzt werden, hat in den letzten
Jahren zugenommen. Letztes Jahre reduzierte sich die Zahl der
landwirtschaftlichen Betriebe, also potenzieller Landtechnik-Kunden, um 5
Prozent. Für das Jahr 2000 dürfte eine Rate in gleicher Größenordnung
realistisch sein.

Auf der Angebotseite wird der Landtechnik-Markt, vor allen durch einen sehr
hohen Bestand an Gebrauchtmaschinen beim Handel, negativ beeinflusst. Die
Händler sind beim Neumaschinengeschäft zurückhaltender geworden, müssen sie
doch in aller Regel mindestens eine gebrauchte Maschine beim
Neumaschinenverkauf in Zahlung nehmen. Da der Export von Gebrauchtmaschinen
nach Osteuropa stockt, gibt es insbesondere für gebrauchte Großmaschinen
wenig Absatzmöglichkeiten. Eine weitere Erhöhung ihres
Gebrauchtmaschinenbestands ist für viele Händler nicht finanzierbar.

Für das Jahr 2000 wird ein weiterer Umsatzrückgang zwischen 5 und 8 Prozent
prognostiziert, verbunden mit der Erwartung einer etwas günstigeren
Konjunktur in 2001.

 


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