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@grar.de Aktuell - 01.08.2000

Gentechnik: Wohin mit dem Grenzwert?


Berlin (agrar.de) - Eine neue, heftige Diskussion um die
Kennzeichnungsschwelle gentechnisch veränderter Lebensmittel hat eine Studie
der Stiftung Warentest ausgelöst. Sie kommt zu dem Schluss, dass
gentechnisch veränderte Lebensmittel häufiger in deutschen Supermarktregalen
liegen, als die Verbraucher ahnen. Die Stiftung testete 82 Soja- und
Mais-haltige Lebensmittel aus Supermarktregalen und stieß in 31 Fällen auf
eingeschleustes Erbgut. Auch Lebensmittel aus Bioläden seien betroffen und
kein Produkte war nach Angaben von Stiftung Warentest entsprechend
gekennzeichnet.

Als Reaktion auf die Studie hat Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz
Funke (SPD) eine vollständige Kennzeichnungspflicht für gentechnisch
veränderte Produkte gefordert, der nordrhein-westfälische
Umwelt-Staatssekretär Thomas Griese will 'eine umfassende Kennzeichnung
nicht nur der Endprodukte, sondern auch der Vor-, Zwischen- und
Zusatzprodukte, die gentechnisch verändert wurden'.

Der Umweltminister Schleswig-Holsteins, Klaus Müller (Grüne), fordert, den
Schwellenwert der Kennzeichnungspflicht zu senken. Während die Stiftung
Warentest eine Verschärfung der Kennzeichnungspflicht durch die Absenkung
der Kennzeichnungsschwelle von derzeit einem auf ein halbes Prozent
Gen-Anteil will, hat der BUND eine Schwelle von 0,1 Prozent fordert, wie sie
jüngst auch in Australien und Neuseeland beschlossen wurde. Die aktuelle
EU-Verordnung vom April 2000 sieht eine sogenannte 1 Prozent-Regelung vor.

Probleme sehen BUND wie auch der Bioland-Verband bei der Frage, was
überhaupt als 'gentechnikfrei' zu bezeichnen ist. Der einzelne Bauer könne
oft gar nicht mehr sicher sagen, ob seine Ware wirklich keine manipulierten
Erbinformationen enthalte. Beide Verbände fordern deshalb, ein Siegel 'Ohne
Gentechnik' zu definieren. Der Produzent müsse nachweisen, dass er an keiner
Stelle, vom Saatgut bis zur Verarbeitung, Gentechnik eingesetzt hat.

Befürworter verweisen auf intensive Prüfungen

Für Dieter Wißler von der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie
(DIB) sind die von der Stiftung Warentest gefundenen Gen-Spuren kein Anlass
zur Sorge. 'Wir wünschen uns eine große Zahl entsprechend gekennzeichneter
Produkte in den Supermärkten, damit der Verbraucher eine echte
Wahlmöglichkeit hat und sich mit der Grünen Gentechnik im Alltag konkret
auseinander setzen kann', sagte der DIB-Vorsitzende.

Klaus-Dieter Jany, Leiters des Molekularbiologischen Zentrums der
Bundesforschungsanstalt für Ernährung, sagte den Stuttgarter Nachrichten, er
halte gentechnisch veränderte Lebensmittel für unbedenklich. Bei Gen-Food
bestünden die gleichen Langzeitrisiken, wie bei anderen Lebensmittel, im
Gegensatz zu anderen Nahrungsmittel würden gentechnisch veränderte
Zusatzstoffe aber besser geprüft. Nach Janys Einschätzung kommen bereits
zwischen 50 und 70 Prozent aller verarbeiteten Lebensmittel mit der
Gentechnik in Berührung. Er hält eine 'allumfassende lückenlose
Kennzeichnung' für schwierig und fordert stattdessen eine informative
Kennzeichnung der Produkte.

Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, schreibt in einer Pressemeldung zum Thema
Gen-Mais: 'Wie die amerikanische Umweltbehörde (EPA) und die europäische
Kommission längst festgestellt haben, gehören diese Sorten zu den meist
untersuchten und am vollständigsten überprüften Pflanzen überhaupt.' Deshalb
sei es jetzt an der Zeit, dass solche Mais- und Rapssorten auch in
Deutschland angebaut werden können. Wobei - im Konsens mit den
Biotechnologie-Unternehmen - eine wissenschaftliche Begleitung des
kommerziellen Anbaus in den folgenden drei Jahren vereinbart werden könne.

 


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